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Schizophrenie ist scheiße, Mama!: Vom Leben mit meiner psychisch erkrankten Tochter (German Edition)

Schizophrenie ist scheiße, Mama!: Vom Leben mit meiner psychisch erkrankten Tochter (German Edition)

Titel: Schizophrenie ist scheiße, Mama!: Vom Leben mit meiner psychisch erkrankten Tochter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janine Berg-Peer
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Mami, wir waren doch gerade da! Es ist so schrecklich«, und sie fängt an zu weinen. Einige Tage später ruft sie mich an und erzählt, dass es ihr bei der Arbeit sehr schlechtgegangen sei und dass man sie nach Hause geschickt habe. Die Betriebsärztin habe ihr freundlich geraten, sich auszuruhen. Sie könne gern wiederkommen, wenn es ihr bessergehe. Es ist wieder einmal so weit. Lena berichtet, dass ihr Bildschirm am Arbeitsplatz schwarz wird und dass dann Bilder aus Mumbai auf dem Bildschirm erscheinen. Und dass sie Angst hat, dass die Menschen, die wir in Mumbai kennengelernt haben, vielleicht auch verletzt wurden.
    Wir waren nie in Mumbai gewesen.

2008
    Wie wirkt sich Schizophrenie aus?
    Nicht nur die Krankheit ist ein Schock, auch die geringe Unterstützung für uns Angehörige und die Unfähigkeit des Systems, Menschen zu helfen, die krankheitsbedingt selbst keine Hilfe suchen, ist ein großer Schock.
    Es war ein harter Lernprozess für mich, dennoch immer wieder zu versuchen, Hilfe auch gegen den Willen Lenas zu mobilisieren.
    Die unverständlichen, zerstörerischen, feindseligen bis aggressiven Verhaltensweisen als Krankheit zu verstehen ist schwierig. Diese Verhaltensweisen würden wir bei jedem gesunden Menschen ablehnen und uns dagegen zur Wehr setzen. Bei Schizophrenie kommt es zu Störungen der Wahrnehmung, der Kognition, der Emotionen und des Verhaltens. Symptome sind Wahnvorstellungen, Halluzinationen, desorganisiertes Denken und Verhalten. Man spricht von Positivsymptomen, wenn es zu Halluzinationen, Stimmenhören oder Wahnvorstellungen wie Paranoia, Angst vor Vergiftung kommt, wenn der Kranke befürchtet, dass Botschaften aus dem Radio oder Fernsehen empfangen werden können, dass andere Menschen seine Gedanken kontrollieren, oder wenn der Patient meint, über außergewöhnliche Kräfte zu verfügen (Größenwahn). Oft sind es genau diese »verrückten« Wahrnehmungen oder die Verhaltensweisen, die Außenstehende besonders erschrecken.
    Mit Negativsymptomen bezeichnet man Verhaltensänderungen, Verlust von Energie und Motivation, Apathie oder auch Mangel an Ehrgeiz. Hinzu kommen kognitive Symptome wie Gedächtnisstörungen, die eingeschränkte Fähigkeit, einem Gedanken zu folgen, oder die Unfähigkeit, den Alltag zu bewältigen, was ein dauerhaftes normales Arbeitsleben oder das Aufrechterhalten einer Beziehung schwierig macht. Vor allem die Negativ-Symptome und die kognitiven Störungen beeinträchtigen das Leben vieler Menschen mit Schizophrenieerkrankung. Und oft sind es genau diese Verhaltensänderungen, die für Angehörige zu einer schweren Belastung werden.
    Lena ist in Krankheitsphasen voller Unruhe, kann bei keinem Thema bleiben, und ihr Blick ist unstet. In solchen Phasen darf ich sie nicht anfassen, ihre Hände zittern, sie stößt an Möbel, und dauernd fällt ihr etwas herunter. Ihr scheint es schwerzufallen, Struktur herzustellen, Gedanken und Verhalten folgerichtig zu steuern. Ihre Feindseligkeit, ihr Misstrauen und ihre Aggressivität sind Krankheitssymptome. Es hat mir geholfen zu erfahren, dass es sich bei Schizophrenie um eine neurologische Krankheit handelt und dass sie nicht Ausdruck einer dauerhaft veränderten Persönlichkeit oder eines schlechten »Charakters« ist. Es ist Lenas Krankheit, es ist nicht Lena.

Nie wieder Klinik!
    In den ersten Jahren hatte Lena meine Hilfe akzeptiert, ging zum Arzt und mit freundlicher Überredung auch ins Krankenhaus, wenn sich wieder eine Krise anbahnte. Nach unserem Indienaufenthalt werde ich zum ersten Mal mit ihrer konsequenten Weigerung konfrontiert, irgendeine Hilfe anzunehmen. Es ist erschreckend, dass ich nichts tun kann, um zu verhindern, dass sie immer weiter in die Krise hineingleitet. Von allen Seiten höre ich, dass ein Krankenhausaufenthalt dringend notwendig sei, aber Lena weigert sich vehement.
    Es geht ihr schlecht, sie kann nicht mehr arbeiten und hat Angst. Das sieht sie selbst. Aber als ich ihr vorschlage, doch einmal in einem Krankenhaus vorbeizuschauen, nur um mit den Ärzten zu reden oder vielleicht andere Tabletten verschrieben zu bekommen, reagiert sie mit Aggressivität. »Hör bloß auf«, schreit sie mich wütend an. »Hau bloß ab, das Einzige, was du willst, ist, mich wieder in die Klapse einsperren zu lassen. Das kenne ich ja bei dir. Acht Monate hast du mich in der Jugendpsychiatrie eingesperrt!« Die Zeit in der Jugendpsychiatrie liegt zehn Jahre zurück, aber jeder Hinweis darauf, dass ihre späteren

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