Schlachthof 5
Künste, eine Friedenslagune. Appartementhochhäuser sollten hier in Kürze entstehen.
Das war, was Billy Pilgrim betraf, schön und gut.
Der Wortführer bei der Versammlung im Lion's Club war ein Major von der Marineinfanterie. Er sagte, den Amerikanern bleibe keine andere Wahl, als in Vietnam zu kämpfen bis zum Sieg oder bis die Kommunisten erkannten, daß sie ihre Lebensweise nicht einfach schwachen Ländern auf zwingen konnten. Der Major war auf zwei Dienstreisen dort gewesen. Er erzählte von vielen schrecklichen und vielen wundervollen Dingen, die er gesehen hatte. Er war für vermehrte Bombenangriffe. Man sollte Nordvietnam zurück ins Steinzeitalter bombardieren, wenn es sich weigerte, Vernunft anzunehmen.
Billy fühlte sich nicht bewogen, gegen die Bombenangriffe auf Nordvietnam zu protestieren, ihn schauderten nicht die scheußlichen Dinge, die er selbst durch einen Bombenangriff hatte anrichten sehen. Er aß einfach zu Mittag im Lion's Club, dessen früherer Präsident er nun war.
Billy hatte ein gerahmtes Gebet an der Wand seines Büros hängen. Es drückte seine Methode aus, durchzuhalten, obwohl er nicht begeistert vom Leben war. Eine Menge Patienten, die das Gebet an Billys Wand sahen, versicherten ihm, daß es auch ihnen geholfen habe, durchzuhalten. Es lautete:
Gott gebe mir die gelassene Gemütsruhe,
die Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann,
den Mut, die Dinge zu ändern, die ich ändern kann,
und immer die Weisheit, den Unterschied zu erkennen.
Unter den Dingen, die Billy Pilgrim nicht ändern konnte, waren die Vergangenheit, die Gegenwart und, die Zukunft.
Nun wurde er dem Marineinfanteriemajor vorgestellt. Der Betreffende, der die Vorstellung besorgte, sagte dem Major, daß Billy ein ehemaliger Kriegsteilnehmer sei und einen Sohn habe, der Sergeant bei den »Green Berets « gewesen war — in Vietnam.
Der Major sagte Billy, die »Green Berets « leisteten Großes, und er sollte stolz auf seinen Sohn sein.
»Das bin ich auch. Das bin ich bestimmt « , beteuerte Billy Pilgrim.
Er ging nach Hause zu einem Nickerchen nach dem Essen. Der Arzt hatte ihm verordnet, jeden Tag ein Schläfchen zu machen. Der Arzt hoffte, daß das die Beschwerden lindern würde, die Billy hatte: Immer wieder fand Billy Pilgrim sich ohne ersichtlichen Grund weinen. Niemand hatte Billy jemals dabei ertappt. Nur der Arzt wußte davon. Billy weinte äußerst leise und nicht sehr tränennaß.
Billy besaß in Ilium ein schönes Haus im Stil Georgs IV. Er war reich wie ein Krösus — etwas, was er nie, nicht in einer Million Jahren erwartet hatte. Fünf andere Optiker arbeiteten für ihn in der Verkaufsstelle am Marktplatz, und er steckte einen Reingewinn von über sechzigtausend Dollar im Jahr ein. Außerdem gehörten ihm ein Fünftel von dem neuen Ferienhotel an der Überlandstraße 54 und die Hälfte von drei Tastee-Freeze-Ständen. Tastee-Freeze war eine Art von gefrorenem Pudding aus Milch und Eiern. Es war genau so köstlich wie Eis, nur daß es weicher und nicht so scheußlich kalt war.
Billys Haus war leer. Seine Tochter Barbara stand kurz vor der Heirat, und sie und seine Frau waren in die Innenstadt gegangen, um Muster für ihre Glaswaren und das Tafelsilber auszuwählen. Ein Zettel, der ihn davon unterrichtete, lag auf dem Küchentisch. Es gab keine Dienstboten im Haus. Die Leute waren einfach nicht mehr an Stellungen im Haushalt interessiert. Auch kein Hund war da.
Es hatte einen Hund namens Spot gegeben, aber er war gestorben. So geht das. Billy hatte Spot sehr gern gehabt, und Spot hatte ihn gern gemocht.
Billy ging die mit einem Läufer belegte Treppe hinauf und in sein und seiner Frau Schlafzimmer. Der Raum hatte eine geblümte Tapete. Es gab darin ein Doppelbett mit einem Radiowecker auf dem Tisch daneben. Gleichfalls auf dem Tisch waren eine Regulierungsvorrichtung für die elektrisch heizbare Bettdecke und ein Schalter, um einen sanften Vibrator einzuschalten, der mit der Matratzenfederung verbunden war. Die Handelsbezeichnung des Vibrators war »Magische Finger « . Auch der Vibrator war eine Idee des Arztes.
Billy legte seine Trifokalbrille, seinen Mantel, seinen Schal und seine Schuhe ab, schloß die Jalousien, dann die Vorhänge und legte sich auf die Bettdecke. Aber der Schlaf wollte sich nicht einstellen. Statt dessen kamen ihm Tränen. Sie rannen ihm über die Wangen. Billy schaltete die »Magischen Finger « an, und er wurde weinend in
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