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Schlachthof 5

Schlachthof 5

Titel: Schlachthof 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Vonnegut
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wie wir ausgefochten würde. Wir hatten vergessen, daß Kriege von Kindern ausgefochten werden. Als ich diese frisch rasierten Gesichter sah, war das ein Schock. ›Du lieber Himmel‹, sagte ich mir, ›es ist der reinste Kinderkreuzzug.‹ «
    Der Oberst fragte den alten Derby, wie er in Gefangenschaft geraten sei, und Derby erzählte eine Geschichte, wie er mit hundert anderen in Panik versetzten Soldaten in einem Gehölz gesteckt hatte. Fünf Tage hatte die Schlacht gedauert. Die hundert Mann waren von Panzern in das Wäldchen getrieben worden.

    Derby schilderte das unvorstellbare künstliche Gewitter, das Erdbewohner manchmal für andere Erdbewohner entfesselten, wenn sie nicht wollen, daß diese anderen die Erde länger bewohnen. Granaten platzten in den Baumwipfeln mit schrecklichem Getöse, sagte er, und ließen einen Hagel von Messern, Nadeln und Rasierklingen niedergehen. Kleine Bleiklumpen in Kupfermänteln schwirrten kreuz und quer beim Explodieren der Granaten durch das Gehölz — weit schneller als die Schallgeschwindigkeit.
    Eine Menge Menschen wurde verwundet oder getötet. So geht das.
     
    Dann hörte das Granatfeuer auf, und ein unsichtbarer Deutscher mit einem Lautsprecher forderte die Amerikaner auf, sie sollten ihre Waffen niederlegen und mit auf dem Kopf verschränkten Händen aus dem Wald herauskommen — sonst würde das Granatfeuer wieder aufgenommen. Es würde nicht eher aufhören, als bis jedermann dort drin tot war.
    Die Amerikaner legten daher ihre Waffen nieder und kamen mit auf dem Kopf verschränkten Händen aus dem Gehölz heraus, denn sie wollten weiterleben, wenn möglich.
     
    Billy reiste zeitlich wieder zu dem Krankenhaus für ehemalige Kriegsteilnehmer zurück. Die Decke hatte er über den Kopf gezogen. Außerhalb der Decke war es still. »Ist meine Mutter fort? « wollte Billy wissen. »Ja. «
    Billy lugte unter seiner Decke hervor. Seine Verlobte war jetzt da, sie saß auf dem Besucherstuhl. Sie hieß Valencia Merble. Valencia war die Tochter des Besitzers der Iliumer Schule für Optik. Sie war reich.  Sie war so dick wie ein Faß, weil sie nicht anders konnte, als ständig zu essen. Sie aß auch jetzt. Sie aß eine Drei-Musketiere-Schokoladenstange. Sie trug trifokale Augengläser in einem Harlekingestell, und das Gestell war mit Bergkristallen geschmückt. Das Glitzern der Kristalle fand sein Gegenstück in dem Glitzern des Brillanten ihres Verlobungsringes. Der Brillant war mit achtzehnhundert Dollar versichert.
     
    Billy hatte diesen Brillanten in Deutschland gefunden.  Er war eine Kriegsbeute.
    Billy wollte die häßliche Valencia nicht heiraten.  Sie gehörte zu den Symptomen seiner Krankheit. Er wußte, daß er den Verstand verlieren würde, als er sich ihr einen Heiratsantrag machen hörte und sie bat, den Brillantring von ihm anzunehmen und seine Lebensgefährtin zu werden.

    Billy sagte »Hallo « zu ihr, und sie fragte ihn, ob er etwas von der Schokoladenstange haben wolle, und er erwiderte: »Danke, nein. «
    Sie erkundigte sich nach seinem Befinden, und er sagte: »Es geht viel besser, danke. « Sie sagte, jedermann in der Optikschule bedauere, daß er krank sei, und hoffe, er werde bald wieder wohlauf sein, und Billy sagte: »Wenn du sie siehst, sag ihnen ›Hallo‹. «
    Sie versprach, das sie das tun würde.
    Sie fragte ihn, ob es etwas gebe, was sie ihm von draußen mitbringen könnte, und er sagte: »Nein, ich habe wohl so ziemlich alles, was ich brauche. «
    »Wie steht's mit Büchern? « fragte Valencia.
    »Ich habe eine der größten Privatbibliotheken der Welt gerade neben mir « , sagte Billy und meinte damit Eliot Rosewaters Sammlung von utopischen Romanen.
    Rosewater lag lesend in dem Bett nebenan, und Billy zog ihn ins Gespräch und wollte wissen, was er diesmal las.
    Daher sagte es ihm Rosewater. Es war Das Evangelium von dem äußeren Weltraum von Kilgore Trout.
    Es handelte von einem Besucher aus dem äußeren Raum, der, nebenbei bemerkt, viel Ähnlichkeit mit einem Tralfamadorianer hatte. Der Besucher aus dem äußeren Raum studierte aufmerksam das Christentum, um nach Möglichkeit in Erfahrung zu bringen, warum es die Christen so leicht fänden, grausam zu sein. Er kam zu dem Schluß, daß zumindest zum Teil das Erzählen schlüpfriger Geschichten im Neuen Testament schuld daran war. Er nahm an, daß es die Absicht der Evangelien war, die Leute unter anderem zu lehren, daß sie barmherzig sogar zu den Niedrigsten der Niedrigen waren.
    Aber

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