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Schlachthof 5

Schlachthof 5

Titel: Schlachthof 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Vonnegut
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«
    »Er wird sagen: ›Hallo, Mami‹ und wird lächeln.
    Er wird sagen: ›Donnerwetter, es ist schön, dich zu sehen, Mami. Wie ist es dir ergangen?‹ «
    »Dieser Tag könnte heute sein. «
    »Ich bete jede Nacht. «
    »Das zu tun ist eine gute Sache. «
    »Die Leute wären überrascht, wenn sie wüßten, wieviel auf dieser Welt dem Gebet zu verdanken ist. «
    »Sie haben nie ein wahreres Wort gesprochen, meine Liebe. «
    »Kommt Ihre Mutter oft, um Sie zu besuchen? «
    »Meine Mutter ist tot « , sagte Rosewater. So geht das.
    »Verzeihung! «
    »Wenigstens hatte sie ein glückliches Leben, solange es währte. «
    »Das ist jedenfalls ein Trost. «
    »Ja. «
    »Billys Vater ist tot, wissen Sie « , sagte Billys Mutter. So geht das.
    »Ein Junge braucht einen Vater. «

    Und weiter und weiter ging dieses Duett zwischen der dummen betenden Dame und dem großen unaufrichtigen Mann, der so voll liebevoller Echos war.
    »Er war Primus seiner Klasse, als das passierte « , sagte Billys Mutter.
    »Vielleicht hat er zu anstrengend gearbeitet « , meinte Rosewater. Er hielt ein Buch in der Hand, das er lesen wollte, aber er war viel zu höflich, um zu lesen und gleichzeitig zu reden, so leicht es auch war, Billys Mutter befriedigende Antworten zu geben. Das Buch war Wahnsinnige in der vierten Dimension von Kilgore Trout. Es ging darin um Leute, deren Geisteskrankheiten nicht behandelt werden konnten, weil ihre Ursachen sämtlich in der vierten Dimension lagen und die dreidimensionalen, erdgebundenen Ärzte diese Ursachen überhaupt nicht erkennen oder sie sich nicht einmal vorstellen konnten.

    Eine Sache, die Trout sagte und die Rosewater sehr beeindruckte, war, daß es tatsächlich Vampire, Werwölfe, Kobolde, Engel und so weiter gab, aber daß sie in der vierten Dimension waren. Das war nach Trouts Worten auch William Blake, Rosewaters Lieblingsdichter. Dasselbe galt für Himmel und Hölle.
    »Er ist mit einem steinreichen Mädchen verlobt « , sagte Billys Mutter.
    »Das ist gut « , erwiderte Rosewater. »Geld kann manchmal äußerst beruhigend sein. «
    »Das kann es wirklich. «
    »Bestimmt kann es das. «
    »Es ist nicht sehr lustig, wenn man jeden Pfennig umdrehen muß. «
    »Es ist nett, ein wenig Platz zum Schnaufen zu haben. «
    »Ihrem Vater gehört die Schule für Optik, die Billy besucht hat. Es besitzt auch sechs Büros in unserem Teil des Staates. Er hat sein eigenes Flugzeug und einen Sommer sitz am Lake George. «
    »Das ist ein schöner See. «
    Billy schlief unter seiner Decke ein. Als er wieder aufwachte, fand er sich erneut an sein Bett im Lazarett des Gefangenenlagers angeschnallt. Vorsichtig öffnete er ein Auge und sah den armen, alten Edgar Derby bei Kerzenlicht das Buch Das rote Siegel lesen.

    Er schloß dieses eine Auge, sah in seiner Erinnerung der Zukunft den armen, alten Edgar Derby vor einem Exekutionskommando in den Ruinen von Dresden. Dieses Kommando bestand nur aus vier Männern. Billy hatte gehört, daß gewöhnlich einem Mann in jedem Exekutionskommando ein mit einer Platzpatrone geladenes Gewehr gegeben wurde. Billy glaubte nicht, daß bei einem so kleinen Trupp und in einem so alten Krieg eine Platzpatrone zur Verfügung gestellt würde.
    Nun kam der ranghöchste Engländer ins Lazarett, um nach Billy zu sehen. Er war ein Oberst der Infanterie, der in Dünkirchen in Gefangenschaft geraten war. Er war es, der Billy Morphium gegeben hatte. Es gab keinen wirklichen Arzt in dem Gefangenenlager, daher mußte er die Behandlung übernehmen. »Wie geht es dem Patienten? « fragte er Derby.
    »Er ist tot für die Welt. «
    »Aber nicht wirklich tot. «
    »Nein. «
    »Wie schön — nichts zu fühlen, und es doch voll und ganz als Verdienst angerechnet zu bekommen, daß man am Leben ist. «
    Derby nahm jetzt eine klägliche Habachtstellung ein.
    »Nein, nein ... bitte ... bleiben Sie wie bisher. Mit nur zwei Mann für jeden Offizier können wir, glaube ich, ohne das übliche Getue zwischen Offizieren und Mannschaften auskommen. «
    Derby blieb stehen. »Sie scheinen älter zu sein als die übrigen « , meinte der Oberst.

    Derby sagte ihm, daß er vierundvierzig sei—mithin zwei Jahre älter als der Oberst. Der Oberst sagte, die anderen Amerikaner hätten sich jetzt alle rasiert, und Billy und Derby seien die einzigen zwei, die noch Barte hätten. Und er setzte hinzu: »Wissen Sie — wir mußten uns den Krieg hier vorstellen, und wir haben uns vorgestellt, daß er von älteren Männern

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