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Schläft das Personal auch an Bord?

Schläft das Personal auch an Bord?

Titel: Schläft das Personal auch an Bord? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Lukoschik
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abzufedern? Und wer legt jeden Abend noch ein maritimes »Betthupferl« aufs Kopfkissen? Eben. Die Crew ist das Herz jedes Schiffes. Punkt. Sie macht die Reise zu einer herrlichen Zeit. Ohne sie ist keine Kabine so schön sauber, wie man sie möchte. Ohne sie ist kein Essen so köstlich, wie man es gerne hätte. Und ohne sie rührt sich das Schiff nicht mal von seinem Liegeplatz, sondern wird zur Immobilie.
    Für ihre exzellente, unermüdliche und immer freundliche Arbeit sollte sie deshalb von den Gästen mit Respekt behandelt werden. Das ist für die meisten selbstverständlich. Für einige aber nicht. Es gibt Gäste, die meinen, sie hätten das Schiff durch ihre Passage gekauft, und benehmen sich wie Captain Bligh kurzvor der Meuterei auf der Bounty. Wie zum Beispiel der ehemalige Deutschlandchef eines weltweiten Unternehmens: Der saß bräsig in einem der feinen Restaurants eines teuren Luxusliners und schaute mit eindeutigen Blicken der sehr sympathischen, aufmerksamen und fleißigen jungen Frau aus dem Service hinterher. Wenig später bestellte er seinen Lunch bei ihr und sagte dann zu dieser jungen Frau – die morgens zur Frühstückszeit jedem Gast mit guter Laune in den Tag half und bis spät am Abend noch Gläser putzend in der Bar stand – in leicht anzüglichem Ton: »So wie Sie arbeiten, möchte ich mal Urlaub machen!« Ich saß am Nebentisch und mir wäre fast die Gabel aus der Hand gefallen, ob dieser bodenlosen Frechheit. Gespannt schaute ich ihr ins Gesicht und hätte mich nicht gewundert, wenn sie diesem Mann (»Herr« wäre der falsche Ausdruck) eine geknallt hätte. Doch sie schluckte nur kurz, lächelte und entschwand wieder. Ich habe ihr wenig später meinen Respekt erwiesen und ihr gesagt, dass ich ihre Contenance in dem Moment bewundert habe. Darauf sagte sie mir: »Das lernt man sehr schnell. Wen das ernsthaft stört, der steht im nächsten Hafen mit seinem Koffer am Pier.«
    Angesichts solcher »Gäste« fragt man sich, warum sie den gut motivierten, freundlichen jungen Menschen, die sich Mühe geben, ihnen eine schöne Zeit zu bereiten, als Gegenleistung das Leben schwer, die Arbeit unerfreulich und sich selbst zum Kotzbrocken machen? Es gibt keine Antwort darauf. Nur eine Reaktion – für Sie als Leser: Wann immer Sie auf einem Kreuzfahrtschiff sind, seien Sie nett zu den Crew-Mitgliedern. Sie haben es in der überwältigenden Mehrheit aller Fälle verdient. Andersherum gesehen: Sie haben auch wenig Chance, der Crew zu entkommen. Gegenseitiger Respekt ist durchaus in Ihrem eigenen Interesse und kann Ihren Aufenthalt in gar nicht mal homöopathischen Dosen versüßen.
    Gute Kapitäne sorgen sich übrigens auch immer um das Wohlergehen ihrer Crew. So lassen einige von ihnen zum Beispiel, sooft es geht, einen gemeinsamen Landausflug organisieren, damit die jungen Leute auch etwas von der Welt sehen. Direkt. Nicht durchs Bullauge.
    Wer als Gast ebenfalls etwas für das Wohlbefinden der Crew tun möchte, gibt am Ende der Reise neben dem Trinkgeld für einzelne Crew-Mitglieder einen Briefumschlag »für die Crew« ab. (⇒ Mehr dazu unter »T wie Trinkgeld«) Dieses Geld wird nämlich genau dafür eingesetzt: für Landausflüge oder Crew-Partys. Gerade Letztere sind für das Wohlergehen der Crew sehr förderlich. Am besten auf den sogenannten »Overnights«. Das sind die Nächte im Hafen, wenn das Schiff am Pier liegt. Dann heißt es nämlich für die Crew: Freiheit an Land. An Bord bleibt in Service und Reiseleitung nur die absolute Notbesetzung und die auch nur, bis der letzte Passagier zu Bett gegangen ist. Danach stürmen auch die von Bord und lassen es im Hafen krachen.
    Wer also den Crew-Mitgliedern, die noch Dienstschieben, etwas Gutes tun will, sitzt bei Overnight-Stopps NICHT bis in die Puppen an der Bordbar, sondern verschwindet – ins Bett, an Land, wohin auch immer. Hauptsache, man lässt die jungen Menschen auf und davon ziehen.
    Denn am nächsten Morgen gilt die Devise: »Wer die ganze Nacht feiert, kann morgens auch pünktlich, frisch geduscht und picobello gekleidet zur Arbeit antreten!« Wem das besonders schwerfällt, ist noch neu an Bord – und nicht im Training. Denn auch zwischen den Overnight-Stopps gibt’s jede Menge Anlässe für Partys. Da alle Crew-Mitglieder Tag für Tag hart und lange arbeiten, in kleinen Kabinen wohnen und 24 Stunden am Tag mit ihren Kollegen und ihren Arbeitsobjekten (uns Passagieren) unter einem Dach leben, lieben sie es, so oft wie möglich

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