Schläft das Personal auch an Bord?
am Abend Dampf abzulassen. Natürlich mit dem einen oder anderen Getränk im Anschlag. Aber was will man von jungen Menschen Anfang zwanzig erwarten, die viele Stunden am Stück hart arbeiten? Dass sie in ihrer Freizeit Rilke lesen und sich mit den Kollegen über Heidegger unterhalten? Da muss Überdruck abgebaut, der neueste Klatsch ausgetauscht und aus tiefsten Tiefen gelacht werden. Dafür hat jeder (gute) Kapitän Verständnis. Und jeder »Hot. Man« auch.
Der »Hot. Man«, also der »Hotel Manager«, ist der oberste Chef der gesamten Hotellerie und an Land unter »Hoteldirektor« bekannt. (⇒ Mehr dazu unter »Offiziere«) Neben dem »Hot. Man« pflastern noch folgende Abkürzungen die Sprache der Crew:
In der O-Messe eines legendären Luxusliners sollen übrigens am späteren Abend immer die Gästespeisen für den nächsten Tag »testgefuttert« worden sein. Ob das stimmt oder Legende ist, weiß man nicht, denn der Zutritt zu den Crewbereichen ist Nicht-Crewmitgliedern »strengstens untersagt«. Das bedauern oftmals besonders weltreisende Passagiere, die sich nur allzu gerne ein bisschen mit der Crew verbrüdern würden. Doch wie gesagt: Das ist strengstens verboten!
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D
Das andere Schiff
Auf jedem Kreuzfahrtschiff dieser Welt gibt es ein anderes Schiff, das an Bord immer und überall anwesend ist. Weil es »edler«, »besser«, »größer«, »schöner«, »schneller«, »eleganter«, »internationaler«, »deliziöser« oder irgendwas ist! Diesen argumentatorischen »Fliegenden Holländer« wird es wohl immer geben. Auf jedem Schiff und jeder Nationalität. Denn die Existenz des »anderen Schiffs« hat bei Gesprächen einen immensen Vorteil: Man – und damit ist in diesem Fall der Sprecher gemeint – weiß mehr als der Zuhörer. Das legitimiert den Vortragenden weiterzureden und verdonnert den Zuhörer zum Lauschen. Ein weiterer Vorteil: Man kann »das andere Schiff« immer rausholen, wenn man besser aussehen will als der Gesprächspartner. Immer.
Die MS Europa ist das High-End all dieser »Fliegenden Holländer«. Denn der »Berlitz« (so etwas wie der Michelin der Kreuzfahrtbranche und mit vollem Namen »Berlitz Complete Guide to Cruising & Cruise Ships«) zeichnet die »Europa« seit Jahren als bestes Kreuzfahrtschiff der Welt mit »5 Sterne plus« aus. (Wer es genau wissen will: 2011 war es das zum zwölften Mal in Folge.)
Na gut. Aber was macht man, wenn man auf der MS Europa selbst sein sollte? Wer ist da das Geisterschiff, das alles in den Schatten stellt? Auf dieser »größten Jacht der Welt« hat man ja nun mal den für seine Argumentationskette bedeutsamen Nachteil, dass man bereits auf dem weltbesten Kreuzfahrtschiff angekommen ist. Und? Geht einem da der Text aus? I wo! Man holt einfach die »alte Europa« raus. Derer gibt es zwar schon fünfe
Anmerkung
, aber man behält natürlich für sich, welche »alte Europa« man nun meint, schließlich kann man ja nicht sagen, dass man schon 1983 auf ihr gefahren ist, weil man dann Gefahr läuft, als Uraltknacker diskriminiert zu werden. Nein, nein, keine Details. DIE alte Europa reicht völlig. Achten Sie aber darauf, dass Ihr tatsächliches Lebensalter und Ihr vorgebliches Erfahrungsalter in etwa zusammenpassen, sonst haben Sie schnell den Beinamen »Käpt’n Blaubär« weg.
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Der Duft fremder Länder
Flugzeugpassagiere platzen notgedrungen in jedes Land mitten rein. Das hat die Landung vom Himmel herab nun mal so an sich. Und der so heimgesuchteOrt schlägt meist zurück. Manchmal schon beim Ausstieg aus dem Flieger. Immer aber am Ausgang aus dem Flughafen. Und zwar mitten ins Gesicht des Ankommenden – klirrende Kälte, warmfeuchte Tropenwucht oder einfach nur Kerosin. Gut, gerade das Kerosin mag im Sinne der Pawlow’schen Konditionierung bei manchen einen gewissen Relax-Reflex auslösen und ihm signalisieren: »S’ist Urlaub!« Aber für feinsinnige Olfaktoriker ist das zu plötzlich. Zu jäh! Zu »bäh«!
Wer dagegen auf dem Wasser anreist, hat schon auf dem Meer sein Riechorgan sensibilisiert. Vielleicht hat der kontemplativ veranlagte Schiffspassagier an der Reling stehend die feuchtwarme Salzluft eingeschnüffelt, während ihm dabei Ahnungen gekommen sind, wie sich aus dieser warmen Feuchte vor Jahrmillionen das faszinierende Leben auf unserem blauen Planeten verdichten konnte. Vielleicht fiel dabei sein Blick auch noch auf die sich über dem Horizont hoch auftürmenden Wolken, deren Gestalt sich in der
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