Schlaf Nicht, Wenn Es Dunkel Wird
zwar nicht besonders gut, war aber automatisch davon ausgegangen, dass sein Geschmack eher wie meiner sein würde, mehr traditionell als trendy. Ich sagte mir, dass es das Haus war, das Josh mit seiner Ex-Frau geteilt hatte, und entschied, dass die Einrichtung wahrscheinlich eher ihrem Stil entsprach als seinem. Er ist bloß noch nicht dazu gekommen, es zu verändern, schloss ich. Vielleicht auch aus Rücksichtnahme auf seine Kinder.
Die Wände waren weiß und überwiegend kahl. Zu beiden Seiten des Esstisches hingen ein paar unscheinbare Lithografien, im Wohnzimmer ein großes abstraktes Gemälde, das offenbar eine Obstschale darstellen sollte. Ich dachte, wie gut meine Bilder in diese Räume passen würden, meine üppigen Blumen anstelle der blutleeren Obstschale, und der fantasielose Spiegel neben der Haustür würde dem Mädchen am Strand mit dem großen Hut weichen.
Warum hatte Alison mir ein derart teures Geschenk gemacht, fragte ich mich plötzlich und spürte, wie sich mein Magen wie von einem Faustschlag getroffen zusammenzog. Ich hatte mein Visier nur einen Spalt geöffnet, und Alison war in meinen Kopf geschlüpft. Geh weg, warnte ich sie. Du bist in diesem Haus nicht willkommen. Hier bin ich sicher.
Doch ich wusste aus Erfahrung, dass es verdammt schwer sein konnte, Alison wieder loszuwerden, wenn sie erst einmal einen Fuß in der Tür hatte. Schon kreisten Gedanken an sie in meinem Kopf: das erste Bild von ihr, als sie vor meiner Haustür gestanden hatte; die zauberhafte Art, mit der sie durch das kleine Haus gewirbelt war; ihr wundervolles Haar auf meinem Kissen, als sie bei mir geschlafen hatte; Ericas Kette um ihren Hals und die Kette, die ich ihr als Ersatz zu Weihnachten geschenkt hatte. Und all die Geschenke, die sie mir gemacht hatte – die Ohrringe, die Kopfvase, das Gemälde. So extravagant! Hatte sie für alles bezahlt, oder hatte Denise die Sachen einfach aus dem Fundus ihrer Tante genommen? Und welche Rolle spielte Denise überhaupt in all dem? War es möglich, dass sich die beiden Frauen schon gekannt hatten und Denise Nickson und Erica Hollander zwei Puzzleteile des Rätsels um Alison Simms waren?
Du bist ein dummes, dummes Mädchen, hörte ich meine Mutter sagen.
»Ich hoffe, der Kaffee schmeckt noch. Er steht schon den ganzen Vormittag auf der Maschine«, erklärte Josh, als er mit zwei dampfenden Bechern zurückkam und abrupt stehen blieb, als er mich sah. »Terry, was ist los? Du siehst aus, als hättest du ein Gespenst gesehen.«
Ich warf meine zitternden Hände in die Luft und öffnete den Mund, brachte jedoch kein Wort heraus. Tränen schossen mir in die Augen. Bis zu diesem Moment hatte ich gar nicht gemerkt, wie groß meine Angst wirklich war, wie lange ich meine Befürchtungen verdrängt hatte und wie verzweifelt
einsam ich gewesen war. Nun war ich müde und wollte nicht mehr tapfer, vernünftig und unabhängig sein, weil ich nichts von all dem war und nicht allein überleben konnte. Ich brauchte jemanden an meiner Seite, jemanden, der mich beschützte. Ich brauchte Josh.
Es kostete mich all meine Willenskraft, mich nicht in seine Arme zu werfen und ihm zu erzählen, was mein Herz bewegte – wie sehr ich ihn brauchte, begehrte und liebte. Ja, ich liebte ihn, erkannte ich in diesem Moment und hielt die Luft an und presste die Worte fest in mich hinein wie Rauch von einem Joint. »Halt mich fest«, flüsterte ich flehend.
Sofort spürte ich Joshs Arme um mich, seine Lippen auf meinen Haaren. »Es tut mir Leid, dass ich dich nicht angerufen habe«, sagte er.
»Du warst weg.« Ich wischte mir die Tränen aus den Augen und streckte ihm meinen Mund entgegen. »Jetzt bist du hier.«
»Jetzt bin ich hier«, wiederholte er und drückte seine Lippen auf meine, hob mich in seine Arme, trug mich ins Schlafzimmer wie Clark Gable Vivien Leigh, zerrte an meinen Kleidern und sank mit mir auf das ungemachte Bett.
Nur, dass er nichts dergleichen tat oder sagte.
Während mich meine Fantasie flink in seine Arme und in sein Bett trug, hatte er sich bereits aus meiner Umarmung gelöst und war auf Distanz gegangen.
»Bitte«, hörte ich mich verzweifelt an ihn klammern.
»Terry, hör mal …«
»Ich bin so froh, dass du wieder da bist. Ich habe dich so vermisst.«
»O Gott, Terry, ich muss mich bei dir entschuldigen.«
»Dich entschuldigen? Nein. Wofür?« Bitte sag mir, dass es nichts gibt, wofür du dich entschuldigen müsstest.
»Es ist so viel passiert«, sagte Josh und zog sich
Weitere Kostenlose Bücher