Schlaf Nicht, Wenn Es Dunkel Wird
Beamte, schob sich die Sonnenbrille wieder auf die Nase und trat einen Schritt zurück.
»Ich bin Krankenschwester. Wenn ich irgendwie behilflich sein kann …«
Doch der Polizist hatte kein Interesse an meinem Hilfsangebot. »Darum hat man sich bereits gekümmert«, beschied er mich knapp. »Bitte fahren Sie zügig weiter.«
Danach dünnte der Verkehr aus, und ab dem Hollywood Boulevard floss er wieder im gewohnten Tempo. Ich beschleunigte, wechselte so oft wie möglich die Spur und versuchte, K.C. zu entwischen, doch er klebte hartnäckig an meiner Stoßstange. Beinahe hätte ich die Abfahrt in Miami Shores genommen, um ihn loszuwerden, entschied mich jedoch dagegen. Ich kannte die Gegend kaum, und wenn ich K.C. abschütteln wollte, sollte ich das lieber irgendwo tun, wo ich mich nicht selbst verfahren würde.
Er war immer noch hinter mir, als ich auf U.S. 1 Richtung Süden wechselte. Irgendwo zwischen Coconut Grove und Coral Gables, wo Josh lebte, war er dann plötzlich verschwunden. Nicht wegen irgendwelcher cleveren Manöver meinerseits. Im Gegenteil – in einem Moment war er noch hinter mir, im nächsten Moment war er weg.
An jeder Ampel blickte ich in den Rückspiegel. Ich sah eine Frau in einem schwarzen Accord, die angeregt in ihr Handy plapperte, eine Frau in einem cremefarbenen Minivan, die versuchte, eine Rasselbande aufsässiger Kinder auf der Rückbank in Schach zu halten, und einen Mann in einem grünen BMW, der in der Nase bohrte.
Doch K.C. und sein brauner Impala waren nirgends zu sehen. Was keineswegs bedeutet, dass er nicht mehr da ist, dachte ich, wandte mich auf meinem Sitz hin und her und musterte die Umgebung auf jedes auch nur ansatzweise verdächtige Indiz. Typ und Farbe von K.C.’s Auto legten nahe, dass es ein Mietwagen war, und ich fragte mich erneut, wie er in Alisons Plan passte.
Eine Hupe riss mich ins Hier und Jetzt zurück. Die Ampel war auf Grün gesprungen, und man drängte mich vorwärts. Ich fuhr weiter auf der U.S. 1 Richtung Norden, blickte immer wieder in den Rückspiegel und sah mich an jeder roten Ampel in alle Richtungen um, doch meine Bemühungen waren offenbar erfolgreich gewesen. »Ich hab ihn abgeschüttelt«, erklärte ich triumphierend und blickte zur Seite, wo ein gut gekleideter Mann mittleren Alters sich den Zeigefinger in die Nase rammte. »Wunderbar«, sagte ich, als ich die Stadt Coral Gables erreichte und an dem imposanten, geometrisch gestalteten Shopping-Center namens Paseos im Herzen des gediegenen Vororts von Miami vorbeifuhr. Den berühmten Miracle-Mile-Distrikt mied ich bewusst und hielt mich auf der Suche nach dem Sunset Place stattdessen erst links, dann rechts und noch einmal rechts. Doch nachdem
ich mehrmals falsch abgebogen war, landete ich wieder am Ausgangspunkt und hätte beinahe einen Herzinfarkt erlitten, als hinter mir ein brauner Impala bremste. Doch ein Blick auf den über das Steuer gebeugten, runzeligen, grauhaarigen Mann ließ meinen Herzschlag rasch wieder auf Normalfrequenz sinken. Ich lachte über meinen Verfolgungswahn und fuhr kopfschüttelnd weiter.
Irgendwann landete ich tatsächlich in der richtigen Straße, allerdings am falschen Ende. Der Sunset Place war typisch für viele Straßen in dieser Gegend, eine von Palmen gesäumte Avenue mit Bungalows im spanischen Stil in allen Farben des Regenbogens. Josh und seine Kinder wohnten in der Nummer 1044, einem gepflegten weißen Haus mit einem braun gedeckten Schrägdach, einem wunderschönen Vorgarten, in dem weißes und korallenrotes Springkraut sowie eine Reihe von anderen Blumen wucherten, deren Blüten ich zwar erkannte, deren Namen ich mir aber nie merken konnte.
Ich parkte direkt gegenüber von seinem Haus und blieb dann mehrere Minuten lang sitzen, um zu überlegen, was ich als Nächstes tun sollte. Wie war ich ohne Plan nur so weit gekommen? Was machte ich hier an einem Freitagmittag kurz nach eins uneingeladen und unangemeldet vor seiner Haustür?
Mein Magen rumorte, als ich die Wagentür öffnete und ausstieg. Schwarze Regenwolken ballten sich bedrohlich wie Blutergüsse an einem ansonsten blauen Himmel zusammen. Ich überlegte, ob ich erst irgendwo etwas zu Mittag essen sollte, bevor ich Josh traf, entschied jedoch, noch zu warten. Vielleicht würde er ein Mittagessen in seinem Lieblingscafé in der Nähe vorschlagen.
Vielleicht ist er aber gar nicht alleine, dachte ich plötzlich und blieb mitten auf der Straße stehen. Die Schule fing erst am Montag wieder an,
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