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Schlaf Nicht, Wenn Es Dunkel Wird

Titel: Schlaf Nicht, Wenn Es Dunkel Wird Kostenlos Bücher Online Lesen
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sodass seine Kinder möglicherweise zu Hause waren. Was sollte ich zu ihnen sagen? Hi, ich bin’s,
eure Tante Terry, die für einen längeren Besuch gekommen ist ?
    Und wenn er gar nicht da war? Ich kehrte auf den Bürgersteig zurück. Sein Wagen stand nicht in der Einfahrt, es war also durchaus nicht unwahrscheinlich, dass er, auch wenn er gerade erst aus dem Urlaub heimgekehrt war, bereits Kundentermine hatte. Oder er war in Delray und besuchte seine Mutter, fiel mir entsetzt ein. Schließlich war heute Freitag. Besuchte er seine Mutter nicht immer freitags? Natürlich war er in Delray! Ich war ein Idiot gewesen, den weiten Weg zu fahren, wo ich lediglich zur Arbeit hätte gehen müssen wie immer. Was war bloß mit mir los? Was um alles in der Welt hatte ich gedacht?
    Und dann ging die holzgetäfelte Haustür von Joshs Haus auf, und er stand in einem kurzärmeligen Hemd und verwaschenen Jeans braun gebrannt und unerträglich attraktiv auf der Schwelle. Er blickte die Straße hinauf und hinunter, musterte die zunehmend bedrohlich wirkenden Wolken und wollte gerade wieder ins Haus gehen, als sein Blick auf die andere Straßenseite schweifte. »Terry?«, sagte er sichtlich überrascht, als er mich sah, und überquerte mit raschen, langen Schritten die Straße. »Du bist es!«
    »Hallo, Josh.«
    »Ist irgendwas mit meiner Mutter? Geht es ihr gut? Was ist los?« Die Worte purzelten aus seinem Mund wie eine Reihe von Dominosteinen.
    »Mit deiner Mutter ist gar nichts. Es geht ihr gut.«
    »Ich habe noch vor einer Stunde mit ihr gesprochen«, fuhr er fort, als hätte ich gar nichts gesagt.
    »Josh, deiner Mutter geht es gut.«
    Seine Schultern entspannten sich, obwohl er immer noch nervös die Augen zusammenkniff. »Das verstehe ich nicht. Was machst du dann hier?«
    »Ich muss mit dir reden.«

    »Über meine Mutter?«
    Was war nur mit ihm los, dachte ich. Hatte ich ihm nicht gerade erklärt, dass mein Besuch nichts mit seiner Mutter zu tun hatte? »Nein, Josh. Für eine Frau, die sowohl Krebs als auch ein Herzleiden hat, geht es deiner Mutter erstaunlich gut. Sie war in letzter Zeit ein bisschen depressiv, aber auch das ist über die Feiertage relativ normal. Sie wird sich schon wieder berappeln. Ich glaube langsam, dass sie uns alle überleben wird.«
    Er lächelte, und die Falten auf seiner Stirn glätteten sich wie ein Gummiband. »Nun, das ist jedenfalls beruhigend. Ich hatte in den vergangenen Wochen oft ein schlechtes Gewissen.«
    »Unsinn«, sagte ich im Tonfall meiner Mutter, bevor ich mir auf die Zunge beißen und einen sanfteren Ton anschlagen konnte. »Du warst gar nicht lange genug weg, um ein schlechtes Gewissen zu bekommen.« Ich legte aufmunternd eine Hand auf seinen Arm.
    Er zuckte zusammen, als hätte ich ihn mit einem Streichholz verbrannt, zog seine Hand weg und hüstelte. Er starrte zu seiner offenen Haustür. Wollte er mich hereinbitten oder die Flucht ergreifen und sich im Haus verschanzen? »Hast du Lust auf eine Tasse Kaffee?«, fragte er und überraschte mich mit einem unvermittelt warmen Lächeln.
    »Kaffee klingt gut.«
    Mittagessen klang sogar noch besser, doch das schlug er nicht vor, und nachdem ich ihm mit meinem unangemeldeten Erscheinen bereits einen Schrecken eingejagt hatte, wollte ich nun nicht allzu anmaßend klingen. Vielleicht würden wir früh zu Abend essen, dachte ich hoffnungsvoll, als er mich in den in roséfarbenem Marmor gehaltenen Flur führte.
    Von innen wirkte das Haus überraschend geräumig. Es bestand aus einem großen offenen Wohn-, Ess- und Spielbereich.
Die Küche lag genau wie die beiden kleinen Schlafzimmer nach hinten hinaus. Ich warf einen kurzen Blick in das Elternschlafzimmer auf der Vorderseite des Hauses, sah das ungemachte Bett und spürte, wie meine Knie weich wurden. »Du hast ein wunderschönes Heim«, bemerkte ich, stützte mich auf das braune Wildledersofa im Wohnzimmer und betrachtete die klaren Linien des modernen, minimalistischen Mobiliars.
    »Wie nimmst du deinen Kaffee?«
    »Schwarz«, erinnerte ich ihn und überspielte meine Enttäuschung darüber, dass er sich das nicht gemerkt hatte, mit einem Lächeln.
    »Ich bin sofort zurück. Fühl dich wie zu Hause«, sagte er und verschwand in der Küche.
    Ich ging über den weiß gefliesten Boden, der in unregelmäßigen Abständen von gedämpften Läufern unterbrochen war, durch das Zimmer. Es überraschte mich, weil ich den Josh Wylie, den ich kannte, darin gar nicht wiedererkannte. Ich kannte ihn

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