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Schlaf Nicht, Wenn Es Dunkel Wird

Titel: Schlaf Nicht, Wenn Es Dunkel Wird Kostenlos Bücher Online Lesen
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Lance, und ich sah, dass seine Aufmerksamkeit von zwei schwarz glänzenden Motorrädern mit verchromten Chopper-Lenkern in Beschlag genommen worden war, die gerade vorgefahren waren. »Zwei echte Schönheiten, was?«
    »Harley-Davidsons?« Ich nannte, um interessiert zu klingen, die einzige Marke, die ich kannte.
    Lance schüttelte den Kopf. »750er Yamaha Viragos«, sagte er und unterstrich den Satz mit einem Pfeifen.
    »Sie kennen sich offensichtlich gut mit Motorrädern aus.«
    »Ein wenig.« Er führte ein weiteres gegrilltes Rippchen zum Mund und nagte es säuberlich ab.
    Ich dachte an Alison, die diese Spareribs im Handumdrehen verputzt hätte. »Vielleicht sollten wir Alison anrufen und fragen, wie’s ihr geht.«
    Lance klopfte auf sein Handy, das neben seinem Teller auf dem Tisch lag. »Sie kennt meine Nummer.«
    »Wir sind schon mehr als eine Stunde unterwegs.«
    »Sie wird sich schon melden.«
    Ich rieb mir den Nacken, und ein Schweißfilm legte sich über meine Finger wie Schellack. »Hat sich Ihre Familie große Sorgen um sie gemacht?«
    Er zuckte die Achseln. »Nein. Mittlerweile wissen sie ja so ungefähr, was sie zu erwarten haben.«
    »Und das wäre?«

    »Dass Alison das macht, was Alison machen will. Widerspruch ist zwecklos. Streit ist zwecklos.«
    »Aber Sie haben sich offenbar doch genug Sorgen gemacht, um hierher zu fliegen und sie persönlich zu sehen.«
    »Ich will mich nur vergewissern, dass alles in Ordnung ist. Ich meine, sie kommt nach Florida, kennt keine Menschenseele …«
    »Sie kannte Rita Bishop«, sagte ich, als mir der Name von Alisons Freundin wieder einfiel.
    »Wen?«
    »Rita Bishop.« Ich fragte mich, ob ich den Namen richtig behalten hatte.
    Lance wirkte verwirrt, was er mit dem Verzehr eines weiteren Rippchens zu kaschieren suchte. »Ach ja, Rita. Was ist eigentlich aus ihr geworden?«
    Mir fiel auf, dass ich vergessen hatte, mich in der Personalabteilung nach ihrem Verbleib zu erkundigen. »Ich weiß nicht. Alison konnte sie nicht ausfindig machen.«
    »Typisch.« Lance atmete tief aus. »Verdammt heiß«, sagte er, als würde ihm die Temperatur in diesem Moment zum ersten Mal auffallen.
    »Ich finde es sehr nett, dass Sie sich Sorgen um Ihre Schwester machen. Ich hätte nicht gedacht, dass Sie sich so nahe stehen.«
    »Nahe genug, um mir Sorgen zu machen«, meinte er und zuckte erneut mit den Achseln, eine zunehmend vertraute Geste. »Was soll ich sagen? Vielleicht bin ich doch romantisch veranlagt.«
    Ich musste lächeln. Es gefiel mir, dass Lance sich um Alisons Wohlbefinden sorgte. »Es ist nett, dass Sie sich freinehmen konnten.«
    »Das ist kein Problem, wenn man selbstständig ist.«
    »Was machen Sie denn genau?«
    Die Frage schien Lance zu überraschen. Er hüstelte und
fuhr sich mit der Hand durchs Haar. »Systemanalytiker«, sagte er so leise, dass ich ihn kaum verstand.
    Jetzt war ich überrascht. »Wird so etwas am Brown College gelehrt?«
    »Brown?«
    »Alison hat gesagt, sie hätten dort einen Abschluss mit Auszeichnung gemacht.«
    Er lachte und hustete erneut. »Das ist lange her. Seither ist viel Bier durch meine Kehle geflossen.« Er hob seinen Krug, leerte das Glas und drehte sich nach dem Kellner um. »Wollen Sie auch noch eins?«
    Mein Bierglas war noch halb voll. »Nein danke, im Augenblick nicht.«
    »Noch ein Bier vom Fass«, rief Lance einem kahlen und überall tätowierten Keller zu, der an der gegenüberliegenden Wand lehnte. Auf seinem rechten Unterarm prangte in großen blauen Lettern das Wort FEAR, auf dem anderen NO MAN. Reizend, dachte ich und bemerkte im selben Moment einen Mann, der an einem kleinen runden Tisch in der Ecke mit seinem Bier beschäftigt war. Sein rotes Stirnband sah aus wie ein Blut getränkter Mullverband. Er strich mit langen schwieligen Fingern durch seinen dunklen, ungepflegten Bart und starrte mich an. Er wirkte auf irritierende Weise vertraut, und ich versuchte, mich zu erinnern, wann ich ihn schon einmal gesehen hatte.
    »Wie ist Ihr Hamburger?«, fragte Lance und vertrieb in die Sonne blinzelnd ein Insekt von seiner Stirn.
    »Gut.«
    »Bloß gut? Meine Spareribs waren fantastisch. Ich überlege, ob ich noch eine Portion bestellen soll.«
    Ich starrte auf seinen leeren Teller. »Ist das Ihr Ernst?«
    »Was ich in den Mund nehme, meine ich immer ernst.« Er leckte sich einen Klecks Soße von der Oberlippe.
    Flirtete er mit mir? Oder fing die Hitze an, mir auf den
Verstand zu schlagen? Du hättest einen Hut aufsetzen

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