Schlaf Nicht, Wenn Es Dunkel Wird
und zerrte mich über den Strand. »Ist das nicht super, Terry?«
»Lasst uns nackt baden.« Lance streifte bereits seine Schuhe ab und zog sich das Hemd über den Kopf.
»Lieber nicht«, entgegnete Alison. »Was hast du vor,
Lance?«, fragte sie über das Rauschen des Meeres hinweg. »Möglichst viel Aufmerksamkeit zu erregen?«
»Keine gute Idee«, stimmte Lance ihr rasch zu. »Okay, alle wieder anziehen.« Er versuchte, sein Hemd wieder über den Kopf zu ziehen, verfing sich dabei jedoch in einem der Ärmel, gab auf, warf das Hemd frustriert auf den Boden und trat es mit nackten Füßen lachend in den Sand. »Ich konnte das blöde Hemd ohnehin nie leiden«, sagte er, und wir lachten, als ob er den komischsten Witz der Welt gemacht hätte.
Bis auf Alison. Sie lachte nicht.
Ich zog meine klobigen Schwesternschuhe aus und blickte auf das Meer, das sich vor mir erstreckte – kalt, dunkel und hypnotisch. Es rief nach mir, zog mich an wie ein riesiger Magnet, und ich stürzte wie besessen seinen wütenden Wellen entgegen, der Sand kalt an meinen Strümpfen, das Wasser eisig an meinen Zehen.
»Da geht’s lang, Terry!«, johlte Lance aus der Dunkelheit.
»Warte auf uns«, rief Denise, als eine Welle wie ein überdimensionierter Boxhandschuh gegen meinen Rücken schlug.
Ich blickte zum Ufer, sah mehrere verschwommene Gestalten, die ihre Hände in der Luft schwenkten wie dünne, im Wind wiegende Äste. Ich winkte zurück, stolperte über einen Stein und verlor das Gleichgewicht. Halt suchend sah ich den Strudel aus Finsternis um mich herum und fragte mich kurz, was in Gottes Namen ich tat. Hatte ich diese Nummer nicht schon einmal gebracht? War ich nicht beinahe ertrunken?
»Sei vorsichtig, Terry«, rief Alison und kämpfte sich durch die Brandung. »Du bist viel zu weit draußen. Komm zurück.«
»Frohes neues Jahr«, rief ich und plantschte mit meinen Händen im Wasser.
»Na, da ist aber jemand bekifft«, säuselte Lance und kam langsam näher.
Ich rappelte mich auf, wurde jedoch von einer weiteren Welle sofort wieder umgeworfen. Ich hatte den Geschmack von Salz im Mund und musste lachen, weil ich mich daran erinnerte, wie ich einmal aus Versehen Salz statt Zucker über meine Cornflakes geschüttet und meine Mutter dann darauf bestanden hatte, dass ich sie trotzdem aß. Eine Lektion, sagte sie, die mich lehren würde, denselben Fehler nicht noch einmal zu begehen. Doch ich machte ständig dieselben Fehler noch einmal, wie mir klar wurde, und ich lachte noch lauter.
Ich versuchte erneut aufzustehen, konnte jedoch mit den Füßen den Meeresgrund nicht mehr ertasten und wurde immer weiter von den anderen weggezogen. »Hilfe!«, rief ich, als das Wasser über meinem Kopf zusammenschlug und unsichtbare Hände im Dunkeln nach mir griffen und nach meiner Kleidung tasteten.
»Hör auf, dich zu wehren«, befahl Lance mit einer Stimme so kalt wie der Ozean. »Sonst machst du es noch schlimmer.«
Ich warf mich in Lance’ Arme und spürte seine nassen Brusthaare an meiner Wange, während sein Herzklopfen in meinem Ohr widerhallte. Ich schnappte nach Luft und ruderte wild mit den Armen, als eine weitere Welle uns trennte und über meinem Kopf brach wie ein einstürzendes Zelt. Ich schrie und schluckte Wasser, während meine Finger in der Dunkelheit nach etwas tasteten, woran sie sich klammern konnten. Ich spürte einen großen Fisch an meiner Wade und trat ihn weg.
»Was machst du denn?«, rief Lance über die wütende Brandung hinweg. »Halt still!«
»Hilfe!« Das kalte Wasser kräuselte sich um meine Beine, zerrte wie ein schweres Gewicht an meinen Füßen und zog mich nach unten. Ich spürte Lance dicht neben mir und kämpfte mich im Dunkeln in seine Richtung vor.
In diesem Moment spürte ich das Gewicht auf meinem
Kopf, das mich wieder unter Wasser drückte und dort hielt. »Nein«, schrie ich, doch kein Laut war zu hören. Ich riss unter Wasser die Augen auf und sah Lance neben mir, seine Hände irgendwo über meinem Kopf.
Versuchte er, mich zu retten oder mich umzubringen?
»Hör auf, dich zu wehren«, befahl Lance schroff.
Ich reckte verzweifelt die Arme nach der Wasseroberfläche, doch meine Kräfte ließen nach, und meine Beine waren in der engen Uniform eingezwängt. Mir war, als müsste meine Lunge jeden Moment platzen, ein Gefühl, das den genussvollen Zügen an meinem ersten Joint auf unheimliche Weise ähnelte. So fühlt es sich also an zu ertrinken, dachte ich und erinnerte mich an das
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