Schlaflos in Schottland
direkt in die Augen zu sehen.
„Ich habe mich nicht deutlich genug ausgedrückt. Ich glaube durchaus, dass manche Menschen fähig sind, zu lieben, aber ich gehöre nicht zu ihnen.“
„Warum nicht?“
„Mein Blut ist nicht heiß genug für solch tiefe Gefühle.“ „Nun, Sie sind wirklich sehr ehrlich. Unglücklicherweise wollte ich schon immer nur aus Liebe heiraten. Das ist ein weiterer Grund, weshalb wir nicht zulassen dürfen, dass diese Situation sich noch weiter zuspitzt.“
Er runzelte die Stirn. „Ich bezweifle, dass Sie verstehen, wie ernst Ihre Lage ist. Was allerdings nicht überraschend ist, wenn man bedenkt, dass Sie nur Ihre Tante, Ihren Onkel und Ihre Schwester haben, die Ihnen Ratschläge geben können.“
Sie erstarrte. „Was wollen Sie damit sagen?“
„Wie gut die Absichten Ihrer Tante auch sein mögen, ich würde ihren Verstand nicht unbedingt überragend nennen.“
Triona konnte ihm nicht widersprechen. Selbst Mutter bezeichnete ihre Schwester als töricht.
„Trotz all ihrer Fehler hat meine Tante ein gutes Herz. Und was meinen Onkel und meine Schwester betrifft, würde ich sie wohl kaum als hohlköpfig bezeichnen.“
„Ihr Onkel ist ein aufgeblasener Esel, und ich kann mir nicht vorstellen, dass er sich jemals Zeit genommen hat, Ihnen irgendetwas zu erklären.“
Triona hatte ihren Onkel an diesem Vormittag nicht einmal gesehen, denn er hatte sich in seine Bibliothek zurückgezogen, um dort auf Lord Hugh zu warten. Dass er sich nicht die Mühe gemacht hatte, vorher auch nur ein einziges Wort mit ihr zu wechseln, ärgerte sie durchaus, doch sie hatte nicht vor, dies MacLean gegenüber zuzugeben. „Er hat gesagt, was gesagt werden musste“, erwiderte sie mit ruhiger Stimme.
Misstrauisch zog MacLean eine seiner Brauen hoch. „Und Ihre Schwester glänzt nicht gerade durch schickliches Verhalten, was diese ganze Angelegenheit ja überhaupt erst ausgelöst hat.“
„Normalerweise sind Caitlyns Manieren weitaus besser. Sie können sich bei Ihrem Bruder dafür bedanken, wie sie sich während der vergangenen Wochen benommen hat. Er hat mit ihr gewettet, dass sie ihn nicht zu einem Heiratsantrag bewegen könnte. “ Jetzt zog MacLean die Brauen so stark zusammen, dass sie über seiner Nasenwurzel zusammentrafen. „Das hat er tatsächlich getan?“ Es war keine Frage, sondern ein erstaunter Kommentar.
„Ich war auch sehr überrascht, als ich davon erfuhr“, betonte sie. „Ich kann mir nicht vorstellen, wie er so etwas tun konnte, da er doch sicher die möglichen Konsequenzen kannte. Indessen stellte sich meine Schwester der Herausforderung und vergaß jede Vernunft, als sie in aller Öffentlichkeit erklärte ...“
Hugh konnte genau den Moment erkennen, in dem ihr dämmerte, dass ihre Worte exakt das bestätigen würden, was er zuvor über den mangelnden Anstand ihrer Schwester gesagt hatte. Trionas Augen hinter der Brille wurden dunkler, ihre vollen Lippen kräuselten sich missbilligend.
Hugh lächelte verbissen. Zwar würde es ihm wenig Freude machen, diese Meinungsverschiedenheit für sich zu entscheiden, dennoch war es nötig, ihr die Wahrheit vor Augen zu führen. „Lassen wir für den Augenblick meinen Bruder und Ihre Schwester außen vor. Wir müssen eine Lösung für unsere Situation finden. Wenn es einen anderen Weg gäbe, aus dieser Lage herauszukommen, würde ich ihn wählen, doch es gibt keinen.“
Anstatt in der vergangenen Nacht den dringend benötigten Schlaf zu bekommen, war er bis zum Morgen wach gewesen und hatte versucht, einen Ausweg zu finden. Beim ersten Licht des Tages war die Morning Post gekommen, und mit ihr die bittere Erkenntnis, dass ihm nichts anderes übrig blieb, als zu tun, was getan werden musste.
Anschließend hatte er zwei Stunden geschlafen und war mit pochenden Kopfschmerzen aufgewacht. Der Magen hatte jede Nahrung verweigert, was die normale Reaktion seines Körpers war, wenn er wieder einmal gegen seinen Willen den Familienfluch heraufbeschworen und seine Gefühle danach mühsam unter Kontrolle gebracht hatte. Er hatte die Fähigkeit, den anschwellenden Sturm zu beherrschen, aber er musste jedes Mal dafür bezahlen. Nur bei einer einzigen Gelegenheit vor vielen Jahren hatte er versucht, dem Fluch Einhalt zu gebieten, als das Unwetter schon mit voller Stärke tobte. Das hatte ihn fast das Leben gekostet, und anschließend schwor er sich, es nie wieder zu tun.
Allerdings hatte er sich auch bereits vor Jahren geschworen, niemals zu
Weitere Kostenlose Bücher