Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Schlaflos - Insomnia

Titel: Schlaflos - Insomnia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
Vom Netzwerk:
um etwas, auf das die Hunde nicht abgerichtet sind. Ein Kanister im Gebälk - etwas Teuflisches, das Ed in der Badewanne zurechtgemixt hat. Schließlich hat er mit Chemie seinen Lebensunterhalt verdient … jedenfalls, bis er seinen Job aufgegeben hat und hauptberuflicher Psychopath geworden ist. Möglicherweise hat er vor, sie wie Ratten zu vergasen.«
    »Mein Gott, Ralph!« Sie drückt die Hand oberhalb des Busens auf die Brust und sah ihn mit großen, betroffenen Augen an.
    »Komm schon, Lois. Lass uns von diesem verdammten Dach runtergehen.«
    Diesmal kam sie bereitwillig mit. Ralph führte sie zur Dachtür … die, wie er inbrünstig hoffte, unverschlossen sein würde.
    »Zweitausend Menschen«, stöhnte sie fast, als sie die Tür erreicht hatten. Ralph verspürte Erleichterung, als sich der Türknauf unter seinen Fingern drehte, aber Lois ergriff
sein Handgelenk mit eiskalten Fingern, bevor er die Tür öffnen konnte. Sie sah zu ihm auf, verzweifelte Hoffnung stand in ihrem Gesicht. »Vielleicht haben diese kleinen Männer gelogen, Ralph - vielleicht haben sie ihre eigenen Eisen im Feuer, etwas, was wir nicht einmal im Entferntesten begreifen können, und sie haben gelogen.«
    »Ich glaube, sie können nicht lügen«, sagte er bedächtig. »Das ist das Teuflische, Lois - ich glaube, sie können es nicht. Und dann das da.« Er deutete auf das Bürgerzentrum, auf die schwarze Membran, die sie nicht sehen konnten, die aber trotzdem, wie sie beide wussten, noch da war. Lois drehte sich nicht um. Stattdessen legte sie ihre kalte Hand auf seine, zog die Dachtür auf und ging die Treppe hinunter.

2
    Ralph machte die Tür am unteren Ende der Treppe auf, sah in den Flur des sechsten Stocks, stellte fest, dass keine Menschenseele zu sehen war, und zog Lois aus dem Treppenhaus. Sie gingen gemeinsam zu den Fahrstühlen, doch dann blieben sie vor einer offenen Tür stehen, neben der an der Wand mit grellroten Buchstaben ÄRZTEZIMMER geschrieben stand. Das war das Zimmer, das sie beim Aufsteigen mit Klotho und Lachesis gesehen hatten - Drucke von Winslow Homer hingen schief an den Wänden, eine Silex-Kaffeekanne stand auf einer Kochplatte, grässliche Swedish-Modern-Möbel. Im Augenblick hielt sich niemand in dem Zimmer auf, aber der an der Wand festgeschraubte Fernseher lief trotzdem, und ihre alte Freundin Lisette Benson verlas die Frühnachrichten. Ralph musste
an den Tag denken, als er mit Lois und Bill in Lois’ Wohnzimmer gesessen, Makkaroni mit Käse gegessen und im Fernsehen Lisettes Bericht über die Demonstration gesehen hatte, bei der Puppen auf das Gebäude von Woman-Care geworfen worden waren. Das war noch keinen Monat her. Plötzlich fiel ihm ein, dass Bill McGovern nie wieder Lisette Benson sehen oder vergessen würde, die Eingangstür abzuschließen, und ein Gefühl des Verlusts, so kalt und heftig wie ein Windstoß im November, durchfuhr ihn. Er konnte es nicht richtig glauben, jedenfalls noch nicht. Wie hatte Bill so schnell und unzeremoniell sterben können? Es hätte ihm ganz und gar nicht gefallen, dachte er, und nicht nur, weil es seiner Ansicht nach schlechten Geschmack bewiesen hätte, in einem Krankenhausflur an einem Herzanfall zu sterben. Seiner Ansicht nach wäre es auch eines Schmierentheaters würdig gewesen.
    Aber er hatte gesehen, wie es geschehen war, und Lois hatte sogar gespürt, was an Bills Innerem gefressen hatte. Dabei musste Ralph an das Leichentuch denken, welches das Bürgerzentrum umgab, und was dort geschehen würde, sollte es ihnen nicht gelingen, die Rede zu verhindern. Er wollte weiter in Richtung Fahrstuhl gehen, aber Lois hielt ihn zurück. Sie betrachtete fasziniert den Fernseher.
    »… werden große Erleichterung verspüren, wenn die für heute Abend geplante Rede der feministischen Abtreibungsbefürworterin Susan Day vorüber ist«, sagte Lisette Benson, »aber die Polizisten werden nicht die Einzigen sein, die so denken. Offenbar macht sich sowohl unter Befürwortern wie Gegnern die Belastung bemerkbar, ständig am Rand einer Konfrontation zu leben. John Kirkland ist
heute Morgen live im Bürgerzentrum, und er kann Näheres berichten. John?«
    Der blasse, ernste Mann, der neben Kirkland stand, war Dan Dalton. Er trug einen Button am Hemd, auf dem ein Skalpell zu sehen war, das auf ein Baby herabstieß, welches die Beine in Fötushaltung angezogen hatte. Das Bild war von einem roten Kreis umgeben und von einer diagonalen roten Linie durchzogen. Ralph konnte ein halbes

Weitere Kostenlose Bücher