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Schlaflos - Insomnia

Titel: Schlaflos - Insomnia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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beraubte.
    Natürlich muss er noch anderswo hin und andere Taten vollbringen - wenn man ein übernatürlicher Psychopath wie er ist, hat man zweifellos jeden Tag alle Hände voll zu tun -, aber es muss ihm schwerfallen, sich lange von hier fernzuhalten, so beschäftigt er auch sein mag. Und wie fühlt er sich dabei? Wie bei einem tollen Fick an einem Sommernachmittag, genau so.
    Lois zupfte ihn von hinten am Ärmel, und er drehte sich zu ihr um. Sie lächelte immer noch, aber durch den fiebrigen Ausdruck in ihren Augen sah das Lächeln verdächtig wie ein Schrei aus. Hinter ihr schlenderten Connie Chung und Rosenberg zu dem Gebäude zurück.
    »Du musst mich hier wegbringen«, flüsterte Lois. »Ich kann es nicht mehr ertragen. Mir ist, als würde ich den Verstand verlieren.«
    [»Okay - kein Problem.«]
    »Ich kann dich nicht hören, Ralph - und ich glaube, ich kann die Sonne durch dich hindurchscheinen sehen. Mein Gott, das kann ich tatsächlich! «
    [»Oh … warte …«]
    Er konzentrierte sich und spürte, wie die Welt um ihn herum einen leichten Ruck machte. Die Farben verblassten; Lois’ Aura schien wieder in ihrer Haut zu verschwinden.
    »Besser?«

    »Nun, auf jeden Fall solider .«
    Er lächelte kurz. »Gut. Komm mit.«
    Er nahm sie am Ellbogen und führte sie zu der Stelle zurück, wo Joe Wyzer sie abgesetzt hatte. In dieselbe Richtung führten auch die blutigen Spuren.
    »Hast du gefunden, wonach du gesucht hast?«
    »Ja.«
    Ihre Miene erhellte sich umgehend. »Das ist großartig! Ich habe gesehen, wie du emporgestiegen bist, weißt du - es war ziemlich seltsam, so als ob du dich vor meinen Augen in eine sepiafarbene Fotografie verwandelst. Und dann … als ich dachte, ich könnte die Sonne durch dich hindurchscheinen sehen … das war sehr sonderbar .« Sie sah ihn streng an.
    »Schlimm, hm?«
    »Nein … nicht gerade schlimm . Nur sonderbar. Diese Käfer dagegen … die waren schlimm. - Igitt!«
    »Ich weiß, was du meinst. Aber ich glaube, die sind alle da hinten.«
    »Vielleicht, aber wir haben das Schlimmste noch lange nicht überstanden, oder?«
    »Ja - es ist ein weiter Weg zurück ins Paradies, hätte Carol gesagt.«
    »Bleib nur bei mir, Ralph Roberts, und verirre dich nicht.«
    »Ralph Roberts? Nie gehört. Norton ist mein Name.«
    Und das, stellt er glücklich fest, brachte sie zum Lachen.

Kapitel 24

1
    Sie gingen langsam über den asphaltierten Parkplatz, der mit einem Gitter gelber mit Sprühfarbe aufgetragener Linien versehen war. Ralph wusste, heute Abend würden die meisten Plätze besetzt sein. Kommt, seht, hört zu, werdet gesehen … und, am Allerwichtigsten, zeigt eurer Stadt und den Fernsehzuschauern im ganzen Land, dass ihr euch nicht von den Charlie Pickerings dieser Welt einschüchtern lasst. Die Anzahl der Wenigen, die aus Angst der Veranstaltung fernblieben, würde durch die von morbider Neugier Angelockten mehr als wettgemacht werden.
    Sie näherten sich der Rennbahn und damit zugleich auch dem Rand des Leichentuchs. Es war dort dicker, und Ralph konnte langsame, wuselnde Bewegungen erkennen, als bestünde das Leichentuch aus winzigen Fetzen verkohlter Substanz. Es wirkte ein wenig wie die Luft über einem offenen Kohleofen, die vor Hitze und verbrannten Papierfetzen flimmerte.
    Und er konnte zwei Geräusche hören, die einander überlagerten. Das obere war ein silbernes Seufzen. Der Wind könnte so ein Geräusch hervorbringen, dachte Ralph, wenn er zu weinen lernte. Es war ein unheimliches Geräusch, aber das darunterliegende war regelrecht unangenehm - ein schlabberndes Kaugeräusch, als würde ganz
in der Nähe ein riesiger Mund gewaltige Mengen breiiger Speisen in sich hineinschaufeln.
    Als sie sich der dunklen, von Teilchen gesprenkelten Haut des Leichentuchs näherten, blieb Lois stehen und sah mit ängstlichen, um Verzeihung heischenden Augen zu Ralph auf. Mit der Stimme eines kleinen Mädchens sagte sie: »Ich glaube nicht, dass ich da durchgehen kann.« Sie machte eine Pause, rang mit sich und brachte schließlich auch den Rest heraus: »Weißt du, es lebt. Das ganze Ding. Es sieht sie« - Lois zeigte mit dem Daumen über die Schulter auf die Leute auf dem Parkplatz und die Nachrichtenteams in der Nähe des Gebäudes -, »und das ist schlimm, aber es sieht auch uns , und das ist schlimmer … weil es weiß, dass wir es auch sehen können. Gesehen zu werden gefällt ihm nicht. Gefühlt zu werden vielleicht, aber nicht, gesehen zu werden.«
    Jetzt schien das

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