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Schlaflos - Insomnia

Titel: Schlaflos - Insomnia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Flohmarktprofi.
    Rosalie - die heute Morgen schlimmer denn je hinkte und so müde aussah, wie Ralph sich fühlte - fand etwas, was wie ein mittelgroßer Rinderknochen aussah, und hinkte mit diesem Knochen im Maul davon. Ralph sah ihr nach, bis sie nicht mehr zu sehen war, dann saß er einfach da, die Hände im Schoß gefaltet, und betrachtete die stille Nachbarschaft, wo die grellen orangefarbenen Lampen die Illusion verstärkten, dass die Harris Avenue eine Kulisse war, die nach Beendigung der Abendvorstellung, nachdem die Schauspieler nach Hause gegangen waren, einsam und verlassen zurückgeblieben war; die Lampen leuchteten wie Scheinwerfer, eine perfekte, immer kleiner werdende
Reihe, deren Perspektive wie eine surreale Halluzination wirkte.
    Ralph Roberts saß in dem Ohrensessel, wo er in letzter Zeit so viele frühe Morgenstunden verbracht hatte, und wartete darauf, dass Licht und Bewegung die leblose Welt unter ihm erfüllen würden. Schließlich betrat der erste menschliche Schauspieler - Pete, der Zeitungsjunge, der auf seinem Raleigh fuhr - die Bühne. Er radelte die Straße hinauf, warf zusammengerollte Zeitungen aus dem Beutel, den er über der Schulter hängen hatte, und traf die Veranden, die er anvisierte, mit hinreichend großer Treffsicherheit.
    Ralph beobachtete ihn eine Weile, dann stieß er ein Seufzen aus, das sich anhörte, als wäre es von ganz unten aus dem Keller gekommen, und stand auf, um sich Tee zu machen.
    »Ich kann mich nicht erinnern, dass ich jemals etwas von dieser Scheiße in meinem Horoskop gelesen habe«, sagte er hohl, dann drehte er den Wasserhahn in der Küche auf und füllte den Kessel.

5
    Der lange Donnerstagvormittag und der noch längere Donnerstagnachmittag lehrten Ralph Roberts eine wertvolle Lektion: drei oder vier Stunden Schlaf täglich nicht verächtlich abzutun, nur weil er sein ganzes Leben von der irrigen Annahme ausgegangen war, ein Anrecht auf mindestens sechs, normalerweise sieben Stunden zu haben. Außerdem diente er als grässliche Vorschau: Wenn sich sein Zustand nicht besserte, konnte er sich darauf einstellen, dass er sich bald meistens so fühlen würde. Verdammt,
immer . Er ging um zehn Uhr ins Bett und dann wieder um eins und hoffte auf ein kleines Nickerchen - ein paar Minuten Dämmerschlaf hätten ihm schon gereicht, und eine halbe Stunde wäre lebensrettend gewesen -, aber er konnte nicht einmal dösen. Er war erbärmlich müde, aber kein bisschen schläfrig.
    Gegen drei Uhr beschloss er, sich eine Packung Lipton Cup-A-Soup zu machen. Er füllte den Teekessel mit frischem Wasser, stellte ihn auf die Herdplatte und machte den Schrank über dem Tresen auf, wo er Gewürze, Würzmischungen und verschiedene Tüten mit Essen aufbewahrte, die nur Astronauten und alte Männer tatsächlich zu sich zu nehmen schienen - Pulver, die der Verbraucher nur mit heißem Wasser aufgießen musste.
    Er schob ziellos Dosen und Flaschen herum und starrte dann einfach eine Weile in den Schrank, als würde er darauf warten, dass die Dose mit den Suppentüten auf wundersame Weise in dem freien Raum auftauchte, den er geschaffen hatte. Als das nicht geschah, wiederholte er den Vorgang, aber diesmal schob er alles wieder an seinen ursprünglichen Platz zurück, bevor er wieder mit dem Ausdruck geistesabwesender Verwirrung hineinstarrte, der (was Ralph glücklicherweise nicht wusste) allmählich sein vorherrschender Gesichtsausdruck wurde.
    Als der Teekessel pfiff, stellte er ihn auf eine der hinteren Platten und sah weiter in den Schrank. Dann dämmerte ihm - sehr, sehr langsam -, dass er die letzte Packung Suppe gestern oder vorgestern aufgegossen haben musste, obwohl er sich beim besten Willen nicht daran erinnern konnte.
    »Ist das eine Überraschung?«, fragte er die Dosen und Flaschen in dem offenen Schrank. »Ich bin so müde, dass
ich mich nicht einmal an meinen eigenen Namen erinnern kann.«
    Doch, das kann ich, dachte er. Er ist Leon Redbone. Na also!
    Es war kein besonders guter Witz, trotzdem spürte er, wie ein zaghaftes Lächeln - leicht wie eine Feder - seine Lippen umspielte. Er ging ins Bad, kämmte sich das Haar und lief nach unten. Hier ist Audie Murphy auf dem Weg in feindliches Gebiet, um Vorräte zu beschaffen, dachte er. Primäres Ziel: ein Karton Lipton Cup-A-Soup Reis- und Hühnerbrühe. Sollte es sich als unmöglich erweisen, dieses Ziel zu finden und anzuvisieren, werde ich auf das sekundäre Ziel ausweichen: Nudeln und Rindfleisch. Ich weiß, es ist

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