Schlaflos - Insomnia
Es war das Bild von Ed Deepneau, der mit einem Kleinflugzeug von der Küste in Richtung Derry flog und entweder Sprengstoff oder einen Tank mit Nervengas im Bug verstaut hatte.
[»Was soll ich nur mit dir anstellen, Mr. A.? Irgendwelche Vorschläge?«]
Die Antwort erfolgte auf der Stelle und unmissverständlich.
[Lass mich gehen. Das ist die Antwort. Die einzige Antwort. Ich lasse euch in Ruhe, alle beide. Ich überlasse euch dem Plan. Ihr werdet noch zehn Jahre leben, verdammt, vielleicht zwanzig, unmöglich wäre es nicht. Du und deine kleine Lady müsst euch nur zurückziehen. Geht heim. Und wenn der große Knall kommt, seht ihn euch in den Nachrichten im Fernsehen an.]
Ralph versuchte so zu klingen, als würde er ernsthaft darüber nachdenken.
[»Und du würdest uns in Ruhe lassen? Versprichst du, dass du uns in Ruhe lassen wirst?«]
[Ja!]
Atropos’ Gesicht hatte einen Ausdruck der Hoffnung angenommen, und Ralph konnte die ersten Spuren einer Aura um den kleinen Dreckskerl herum erkennen. Sie hatte dieselbe hässliche rote Farbe wie das pulsierende Leuchten, welches die Behausung erhellte.
[»Weißt du was, Mr. A.?«]
Atropos, hoffnungsvoller denn je: [Nein, was?]
Ralph streckte eine Hand aus, packte Atropos’ linkes Handgelenk und drehte es brutal herum. Atropos schrie vor Schmerzen auf. Er ließ den Griff des Skalpells los, worauf
Ralph es so mühelos an sich nehmen konnte wie ein professioneller Taschendieb eine Brieftasche.
[»Ich glaube dir.«]
2
[Gib es mir zurück! Gib es mir zurück! Gib es mir zurück! Gib es …]
In seiner Hysterie hätte Atropos vielleicht stundenlang so weitergeschrien, daher bereitete Ralph ihm auf die direkteste Art und Weise ein Ende, die er kannte. Er beugte sich nach vorn und fügte dem großen kahlen Hinterkopf, der aus dem Loch in Lois’ Unterrock herausragte, einen flachen senkrechten Schnitt zu. Keine unsichtbare Hand versuchte, ihn daran zu hindern, und seine eigene Hand bewegte sich mühelos. Blut - eine erschreckende Menge - quoll aus dem Schnitt. Die Aura um Atropos hatte das dunkle und unheilvolle Rot einer entzündeten Wunde angenommen. Er schrie wieder.
Ralph beugte sich nach vorn und flüsterte ihm freundschaftlich ins Ohr.
[»Vielleicht kann ich dich nicht töten, aber ich kann dir auf jeden Fall die Hölle heißmachen, richtig? Und dazu muss ich nicht mit psychischem Saft aufgeladen sein. Dieses kleine Schätzchen hier genügt voll und ganz.«]
Er kreuzte mit der Klinge den ersten Schnitt, den er beigebracht hatte, und schrieb ein kleines t auf Atropos’ Kopf. Atropos kreischte und schlug wie wild um sich. Zu seiner Betroffenheit stellte Ralph fest, dass ein Teil von ihm - der vergnügte Troll - einen Heidenspaß dabei hatte.
[»Wenn du willst, dass ich dich weiter aufschlitze, musst du dich nur weiter wehren. Wenn du möchtest, dass ich aufhöre, dann musst du aufhören.«]
Atropos wurde augenblicklich still.
[»Okay. Ich werde dir jetzt ein paar Fragen stellen. Ich glaube, es wäre in deinem Interesse, wenn du sie beantwortest.«]
[Frag mich ruhig! Was du willst! Nur schneid mich nicht mehr!]
[»Das ist die richtige Einstellung, Freundchen, aber ich glaube, man kann sie immer noch verbessern, du nicht? Mal sehen.«]
Ralph stieß wieder zu, und diesmal fügte er der Seite von Atropos’ Kopf einen langen Schnitt zu. Ein Hautfetzen löste sich wie schlecht angeklebte Tapete. Atropos heulte. Ralph verspürte vor lauter Ekel einen Krampf in der Magengegend und war richtig erleichtert darüber … aber als er zu Atropos sprach/dachte, gab er sich große Mühe, sich dieses Gefühl nicht anmerken zu lassen.
[»Okay, das war meine Lektion in Motivation, Doc. Wenn ich sie wiederholen muss, wirst du Krazy-Glue-Kleber brauchen, damit deine Kopfhaut bei starkem Wind nicht davonweht. Hast du verstanden?«]
[Ja! Ja!]
[»Und glaubst du mir?«]
[Ja! Dreckiger, alter Weißschopf, JA!]
[»Okay, das ist gut. Hier ist meine Frage Mr. A.: Wenn du ein Versprechen gibst, bist du dann verpflichtet, es einzuhalten?«]
Atropos antwortete zögernd, ein ermutigendes Zeichen. Ralph drückte ihm die flache Seite des Skalpells an die
Wange, um ihn anzuspornen. Er wurde mit einem weiteren Schrei und sofortiger Kooperation belohnt.
[Ja! Ja! Schneid mich nicht mehr! Bitte schneid mich nicht mehr!]
Ralph nahm das Skalpell weg. Der Umriss der Schneide brannte auf der faltenlosen Wange der kleinen Kreatur wie ein Muttermal.
[»Okay, Sonnenschein, dann hör gut zu.
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