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Schlaflos - Insomnia

Titel: Schlaflos - Insomnia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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einheitlich orange war. Gleichzeitig schrumpfte die von Helen und wurde heller, bis er sie kaum noch ansehen konnte. Helen hatte Angst davor, zurückzukehren. Gretchen wusste es und war wütend deswegen.
    Und wegen ihrer eigenen Hilflosigkeit, dachte Ralph. Das macht sie noch wütender.
    »Ich werde noch eine Weile in High Ridge bleiben«, sagte Helen. »Vielleicht bis zum Winter. Nat und ich werden schließlich wieder in die Stadt ziehen, nehme ich an, aber das Haus wird zum Verkauf angeboten. Wenn es jemand tatsächlich kauft - und da der Immobilienmarkt am Boden liegt, ist das mit einem großen Fragezeichen versehen -, geht das Geld auf ein Treuhandkonto. Dieses Konto wird dann entsprechend dem Urteil aufgeteilt. Du weißt schon - dem Scheidungsurteil.«
    Ihre Unterlippe zitterte. Ihre Aura war noch mehr geschrumpft und umgab den Körper jetzt wie eine zweite Haut. Ralph konnte winzige rote Pünktchen darin pulsieren sehen. Sie sahen aus wie Funken, die über einem Verbrennungsofen tanzten. Er streckte den Arm über den
Tisch aus, ergriff ihre Hand und drückte sie. Sie lächelte ihm dankbar zu.
    »Damit hast du mir zwei Dinge verraten«, sagte er. »Dass du die Scheidung durchziehst und dass du immer noch Angst vor ihm hast.«
    »Sie ist in den letzten zwei Jahren ihrer Ehe regelmäßig verprügelt und missbraucht worden«, sagte Gretchen. » Logisch, dass sie immer noch Angst vor ihm hat.« Sie sagte es leise, ruhig, vernünftig, aber als er ihre Aura jetzt ansah, war es, als würde er in eines der kleinen Marienglasfenster sehen, die man früher in den Türen von Kohleöfen fand.
    Er blickte auf das Baby hinunter und sah es in seiner eigenen gazeartigen, gleißenden Aura aus Hochzeitssatin. Sie war kleiner als die der Mutter, aber ansonsten identisch … wie seine grünen Augen und das kastanienfarbene Haar. Natalies Ballonschnur stieg als reines weißes Band von ihrem Kopf auf und schwebte bis unter die Decke, wo sie sich tatsächlich neben der Lampe zu einem ätherischen Knäuel krümmte. Als ein Lufthauch zum offenen Fenster beim Herd hereinwehte, sah er das weiße Band sich kräuseln und flattern. Er sah auf und stellte fest, dass die Ballonschnüre von Helen und Gretchen ebenfalls flatterten.
    Und wenn ich meine eigene sehen könnte, würde sie es auch tun, dachte er. Es ist echt - was immer der Zweiplus-zwei-gleich-vier-Teil meines Verstandes auch denken mag, die Auren sind real. Sie sind real, und ich kann sie sehen.
    Er wartete auf den unausweichlichen Widerspruch, aber diesmal erfolgte keiner.

    »Im Augenblick komme ich mir vor, als würde ich die meiste Zeit in einer emotionalen Waschmaschine verbringen«, sagte Helen. »Meine Mutter ist wütend auf mich … fehlt nur noch, dass sie mich einen Drückeberger nennt … und manchmal fühle ich mich wie ein Drückeberger … ich schäme mich …«
    »Du hast keinen Grund, dich zu schämen«, sagte Ralph. Er schaute auf, als Natalies Ballonschnur wieder in der Brise flatterte. Es war wunderschön, aber er verspürte keinen Wunsch, sie zu berühren; ein tief verwurzelter Instinkt sagte ihm, dass das gefährlich für sie beide sein könnte.
    »Ich glaube, das weiß ich«, sagte Helen, »aber Mädchen machen eine Menge Indoktrination durch. Ungefähr so: ›Hier ist deine Barbie, hier ist dein Ken, hier ist deine Hostess-Spielküche. Lerne das gut, denn wenn es ernst wird, ist das deine Aufgabe, und wenn etwas kaputtgeht, wird man dir die Schuld geben.‹ Und ich glaube, ich hätte damit leben können - wirklich. Aber niemand hat mir gesagt, dass Ken in manchen Ehen verrückt wird. Hört sich das an, als wäre ich nachsichtig gegen mich selbst?«
    »Nein. Soweit ich das beurteilen kann, hat es sich ziemlich genauso zugetragen.«
    Helen lachte - ein abgehacktes, verbittertes, schuldbewusstes Lachen. »Versuch nicht, das meiner Mutter zu erklären. Sie weigert sich zu glauben, dass Ed jemals mehr getan hat, als mir ab und zu als Ehemann einen kleinen Klaps auf den Hintern zu geben … damit ich wieder auf den rechten Weg zurückkomme, sollte ich davon abgekommen sein. Sie glaubt, den Rest habe ich mir eingebildet. Sie rückt nicht offen damit heraus und sagt es, aber
ich höre es jedes Mal in ihrer Stimme, wenn wir telefonieren.«
    »Ich glaube nicht, dass du es dir eingebildet hast«, sagte Ralph. »Ich habe dich gesehen, weißt du nicht mehr? Und ich war da, als du mich angefleht hast, nicht die Polizei zu rufen.«
    Er spürte, wie sein Oberschenkel unter

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