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Schlaflos - Insomnia

Titel: Schlaflos - Insomnia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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nur einen Nagelknipser dabeihatte.
    »Das hat Ed Deepneau Ihnen erzählt, richtig?«, fragte Ralph und grunzte, als sich das Messer unterhalb der Rippen schmerzhaft in seine Seite bohrte.

    »Sprich seinen Namen nicht aus«, flüsterte der Mann im Snoopy-Sweatshirt. »Wage es nicht, seinen Namen auszusprechen! Babydieb! Feiger Mörder! Zenturio! « Er stieß wieder mit dem Messer zu, und diesmal verspürte Ralph echte Schmerzen, als die Spitze durch die Lederjacke drang. Ralph glaubte nicht, dass er eine Schnittwunde hatte - jedenfalls noch nicht -, aber er war überzeugt, der Irre hatte bereits so viel Druck ausgeübt, dass ein hässlicher Bluterguss entstehen würde. Aber das war schon in Ordnung; er konnte sich glücklich schätzen, wenn er hierbei mit nichts weiter als einem Bluterguss davonkam.
    »Okay«, sagte er. »Ich werde seinen Namen nicht erwähnen.«
    »Sag, dass es dir leidtut!«, zischte der Mann mit dem Snoopy-Sweatshirt und stieß wieder mit dem Messer zu. Diesmal drang es durch Ralphs Hemd, und er spürte das erste warme Rinnsal Blut an der Seite. Was ist gerade unter dieser Messerspitze?, fragte er sich. Leber? Gallenblase? Was ist auf der linken Seite?
    Er konnte sich entweder nicht erinnern oder wollte es nicht. Ein Bild war ihm in den Sinn gekommen, das jeglichen geordneten Gedankengang zu verdrängen suchte - ein Hirsch, der während der Jagdzeit kopfunter am Haken eines Ladens auf dem Land hing. Glasige Augen, hängende Zunge und ein dunkler Schnitt am Bauch, wo ein Mann mit einem Messer - einem Messer wie diesem hier - ihn aufgeschlitzt, die Innereien herausgezogen und lediglich Kopf, Fleisch und Decke übrig gelassen hatte.
    »Es tut mir leid«, sagte Ralph mit einer Stimme, die nicht mehr fest klang. »Wirklich.«

    »Ja, ganz recht! Das sollte es auch, aber es tut dir nicht leid. Nie und nimmer! «
    Wieder ein Stoß. Eine grelle Lanze aus Schmerz. Neuerliche nasse Wärme, die an seiner Seite hinunterlief. Und plötzlich wurde es heller in dem Raum, als hätten sich zwei oder drei der Kamerateams, die seit Beginn der Abtreibungsdemonstrationen durch Derry zogen, hier hereingedrängt und die Flutlichter über ihren Videokameras eingeschaltet. Es gab selbstverständlich keine Kameras; das Licht war in seinem Inneren angegangen.
    Er drehte sich zu dem Mann mit dem Messer um - dem Mann, der die Klinge nun wahrhaftig in ihn bohrte - und stellte fest, dass dieser Mann von einer wabernden grünen und schwarzen Aura umgeben war, bei der Ralph an
    (Sumpffeuer)
    die trübe Phosphoreszenz denken musste, die er manchmal nach Einbruch der Dunkelheit in marschigen Wäldern gesehen hatte. Dornenranken von tiefster Schwärze waren durch sie geflochten. Er betrachtete die Aura seines Angreifers mit zunehmendem Unbehagen und spürte kaum, wie sich die Messerspitze eineinhalb Millimeter tiefer in ihn bohrte. Er merkte am Rande, dass das Blut in seinem Hemd, entlang der Linie des Gürtels, sich allmählich sammelte, aber das war alles.
    Er ist verrückt und hat wirklich vor, mich zu töten - das ist nicht nur Gerede. Er ist noch nicht ganz bereit, es zu tun, er hat sich noch nicht in die richtige Stimmung gebracht, aber fast ist er so weit. Und wenn ich wegzulaufen versuche, wenn ich mich auch nur einen Zentimeter von dem Messer entfernen will, das er in mich gebohrt hat - dann wird er es auf der Stelle tun. Ich glaube, er hofft ,
dass ich mich zu einer Bewegung entschließe … dann kann er sich einreden, dass ich selbst schuld daran bin, dass ich es nicht anders gewollt habe.
    »Du und deinesgleichen, o Mann«, sagte der Mann mit dem clownsartigen grauen Haarschopf. »Wir wissen alles über euch.«
    Ralphs Hand griff an die rechte Tasche … und ertastete ein großes Etwas darin; er konnte sich nicht erinnern, dass er es da hineingetan hatte. Nicht dass das viel zu sagen hatte; wenn man sich nicht mehr erinnern konnte, ob die letzten vier Ziffern der Telefonnummer des Kino-Centers 1317 oder 1713 waren, war alles möglich.
    »Ihr Typen, o Mann!«, sagte der Mann mit dem Clownshaar. »Omann omann oMANN! « Diesmal konnte Ralph die Schmerzen eindeutig spüren, als der Mann mit dem Messer wieder zustach; der Stich ließ ein dünnes rotes Netz über den gesamten seitlichen Brustkorb bis hinauf zum Genick entstehen. Er stieß ein leises Stöhnen aus und verkrampfte die Hand an der rechten Tasche der Jacke, wo er das Leder über den Gegenstand darin drückte.
    »Nicht schreien«, sagte der Mann mit dem Clownshaar

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