Schlag auf Schlag
zum Helden hoch gejubelt. Curtis kannte die Wahrheit. Wenn der Senator meinen Jungen in die Finger gekriegt hätte,...« Sie beendete den Satz nicht.
Myron nickte. Das hatte er sich auch schon gedacht. Tote reden nicht. »Also war Curtis die letzten fünf Jahre abgetaucht?«, fragte er.
»So kann man es wohl nennen«, sagte Deanna. »Er ist herumgezogen und hat sich über Wasser gehalten, so gut er konnte. Wenn ich etwas übrig hatte, habe ich ihm Geld geschickt, aber ich habe ihm gesagt, er soll nie wieder nach Philadelphia kommen. Wir haben Termine ausgemacht, zu denen wir uns gegenseitig von Telefonzellen aus angerufen haben und so was. Er ist allein aufgewachsen. Er hat auf der Straße gelebt, hatte aber gelernt, sich gut auszudrücken, sodass er ein paar anständige Jobs bekommen hat. Drei Jahre hat er in einem Tennisclub bei Boston gearbeitet. Da hat er andauernd gespielt, manchmal sogar als Sparringpartner für Geld. Ich habe so viel zusammengespart, dass er davon eine Gesichtsoperation bezahlen konnte. Eigentlich nur ein paar Kleinigkeiten, für den Fall, dass er einem Bekannten über den Weg läuft. Sie haben ja auch schon gesagt, dass er viel kräftiger geworden war. Er war drei Zentimeter gewachsen und fast fünfzehn Kilo schwerer geworden. Außerdem hat er ständig seine Sonnenbrille getragen, obwohl ich das immer ein bisschen übertrieben fand. Ich war sicher, dass ihn keiner erkennt. Jetzt nicht mehr. Es war zu lange her. Schlimmstenfalls würde jemand die Ähnlichkeit mit einem toten Jungen auffallen, den er früher einmal gekannt hatte. Schließlich waren fünf Jahre vergangen. Wir dachten, er wäre sicher.«
»Und da kam auch Ihr Geld her«, sagte Myron. »Es war kein Schweigegeld. Es stammt aus Duanes Profiverträgen. Er hat Ihnen das Haus gekauft.«
Sie nickte.
»Als ich Sie nachts gemeinsam im Hotel gesehen habe, dachte ich sofort, dass Sie was mit einander hätten. In Wirklichkeit war es der Besuch des Sohnes bei seiner Mutter. Die Umarmung, die ich gesehen habe, als er aus dem Zimmer kam - das war nicht die Umarmung eines Liebespaars, sondern der Abschied einer Mutter von ihrem geliebten Sohn. Duane ist auch nicht fremdgegangen. Er hat nur so getan. Wanda hatte die ganze Zeit Recht, Er liebt sie. Er hat sie nicht betrogen. Weder mit Ihnen noch mit Valerie Simpson.«
Wieder nickte sie. »Er liebt Wanda, Die beiden passen gut zusammen.«
»Alles lief prächtig, bis Valerie Duane in meinem Büro begegnet ist«, fuhr Myron fort. »Er hat die Sonnenbrille nicht aufgehabt. Sie hat ihn aus der Nähe gesehen, und wie schon gesagt, das Gesicht des Mannes, den man für den Mörder seines Verlobten hält, vergisst man nicht. Sie hat ihn erkannt, Sie hat seine Karte aus meiner Rolodex-Kartei geklaut und ihn angerufen. Und was ist dann passiert, Deanna? Hat sie gedroht, Duanes wahre Identität zu verraten?«
»Ein paar Details fehlen noch«, sagte Deanna. »Ich möchte das klarstellen. Darf ich?«
Myron nickte.
»Curtis hat damals nicht gewusst, dass ich Errol töten werde«, sagte sie. »ich habe ihm gesagt, er soll sich im Keller verstecken. Da unten war ein abgeriegelter Tunnel. Ich wusste, dass er dort eine Zeit lang sicher sein würde. Zu Errol habe ich gesagt, dass er bei mir bleiben soll, damit ich seinen Brustkorb behandeln kann. Als Curtis weg war, habe ich Errol erschossen.«
»Hat Curtis je die Wahrheit erfahren?«
»Er ist später darauf gekommen. Aber damals hat er es nicht gewusst. Er hatte nichts damit zu tun.«
»Und was ist mit Valerie? Wollte sie auspacken?«
»Ja.«
Ihre Blicke trafen sich.
»Also haben Sie sie umgebracht«, sagte Myron.
Deanna schwieg einen Moment. Sie starrte ihre Hände an, als suche sie dort etwas. »Sie war für vernünftige Argumente nicht zugänglich«, sagte sie leise. »Duane hatte mir erzählt, dass Valerie ihn angerufen hat. Er hat versucht, sie zu überzeugen, dass er der Falsche ist, aber sie hat nicht zugehört. Also habe ich sie im Hotel abgefangen. Ich habe auch nochmal versucht, sie zu überzeugen. Ich habe ihr gesagt, dass Duane unschuldig ist, aber sie hat immer nur diesen Unsinn erzählt, dass sie nichts mehr verschweigen will, dass sie schon viel zu viele Geheimnisse in sich trägt und das jetzt alles an die Öffentlichkeit muss.« Deanna Yeller schloss die Augen und schüttelte den Kopf. »Sie hat mir keine Wahl gelassen. Ich habe vor ihrem Hotel gewartet. Ich habe sie herauskommen sehen. Sie ist nach Flushing Meadows gefahren, und
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