Schlamm, Schweiß und Tränen
schließlich wusste, dass der Hafen nicht so ganz ohne war,
spürte ich instinktiv, dass der Versuch, durch den tiefen Schlamm
und Schlick zu waten, doch eine ziemlich bescheuerte Idee war.
Aber andererseits machte das bestimmt auch eine Menge Spaß.
Also, den Hafen bei Ebbe zu Fuß zu durchqueren, wäre schon eine
beachtliche Leistung, zumal der Schlamm dort zu der absolut zähesten, tiefsten und glitschigsten Matschpampe gehört, die es gibt, denn
sobald man einen Fuß hineinsetzt, steckt man knöcheltief in diesem
Modder fest. Kurz gesagt: Dies war ein ausgesprochen dämlicher
Plan, der von Anfang an zum Scheitern verurteilt war.
Wir waren gerade einmal neun Meter vom Ufer entfernt, als mir
schwante, dass dies eine echt bescheuerte Idee war, doch dummerweise bin ich einfach weitermarschiert. Und als wir ungefähr ein Drittel
der Wegstrecke zurückgelegt hatten, steckten wir fest - im Ernst, wir
steckten wirklich komplett im Schlick fest.
Ich steckte bis zur Brust in dieser schwarzen, stinkenden, glitschigen, lehmigen und schlammigen Pampe.
Bereits auf dieser kurzen Wegstrecke hatten wir uns kräftemäßig
so extrem verausgabt, dass wir relativ schnell nicht nur völlig erledigt
und komplett bewegungsunfähig waren, sondern uns auch in allergrößter Gefahr befanden.
Jedes Mal, wenn wir versuchten uns zu bewegen, sanken wir noch
tiefer in den Schlick ein und ich spürte, wie eine panische Angst in
mir aufstieg - jenes fürchterliche Gefühl, das einen befällt, wenn man
merkt, dass man einer Situation hilflos ausgeliefert ist.
Doch Gott sei Dank passierten zwei Dinge: Zum einen habe ich
durch Ausprobieren herausgefunden, dass ich ganz, ganz langsam vorankommen konnte, wenn ich nicht gegen den Schlick ankämpfte,
sondern stattdessen versuchte, mich auf dieser schlammigen Oberfläche quasi „schwimmend" fortzubewegen. Na ja, zumindest war das
annähernd so etwas wie Fortbewegung. Also haben wir beide uns
dann ganz langsam umgedreht und sind im wahrsten Sinne des Wortes Zentimeter für Zentimeter in Richtung Ufer gerobbt.
Zum anderen hatte uns jemand vom Ufer aus gesehen und das
Rettungsboot angefordert. In diesem Augenblick wusste ich, dass wir
gehörig in der Klemme saßen - ganz gleich, ob wir nun das Ufer erreichten oder nicht.
Bis das Rettungsboot schließlich am Ort des Geschehens eintraf,
hatten wir schon das Ufer erreicht - wir sahen aus wie Monster aus
der Tiefe und haben uns schleunigst verdünnisiert.
Meine Mutter bekam unweigerlich mit, was passiert war, auch was
die Sache mit dem Rettungsboot anging, das ausgelaufen war, um
uns zu retten. Ich wurde - mit Recht - dazu verdonnert, hinunterzugehen zur Rettungsstation und mich dort beim Bootsführer persönlich zu entschuldigen und mich außerdem als Wiedergutmachung
dazu bereitzuerklären, für die Crew die Reinigungsarbeiten zu übernehmen.
Das war ein sehr lehrreiches Abenteuer und ich habe meine Lektion gelernt: Kenne Deine Grenzen, lass Dich nicht auf Abenteuer ein,
ohne einen vernünftigen Notfallplan zu haben und lass Dich nicht
von anderen zu etwas anstiften, wenn Dein Instinkt Dir sagt, dass es
eine bescheuerte Idee ist.
Auch wenn ich hin und wieder für so manche Katastrophe verantwortlich war, habe ich jedoch von Kindesbeinen an gespürt, dass es
mich immer sehr stark hinauszog in die freie Natur. Meine Mutter
war nie wirklich davon angetan, wenn mein Vater und ich zu unseren
gemeinsamen Streifzügen aufbrachen. Das war auch der Grund, warum wir bedauerlicherweise immer seltener zu gemeinsamen VaterSohn-Abenteuern aufbrachen, je älter ich wurde.
Nebenbei bemerkt: Als junger Mann gelang es mir nur noch ein
einziges Mal, zusammen mit meinem Vater eine etwas anspruchsvollere Bergwanderung zu machen; das war ungefähr ein Jahr oder so,
nachdem ich die SAS Selection - das harte Auswahlverfahren für die
Aufnahme in den Special Air Service (SAS), eine Spezialeinheit der
britischen Armee - bestanden hatte. Ich schlug vor, dass wir eine
Wanderung im Brecon Beacons Nationalpark im Südosten von Wales
machen und dort den einen oder anderen Gipfel dieser Bergkette besteigen. Denn in den Brecon Beacons - sie sind das bevorzugte
Übungsgelände für die SAS Selection - hatte ich sehr viele meiner
Ausdauermärsche mit Marschgepäck und Orientierungsprüfungen
absolviert.
Ich arrangierte, dass mein Vater von Feldwebel Taff- er war mein
Zugführer - am Bahnhof in Merthyr Tydfil abgeholt wurde.
,Wie werde
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