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Schlamm, Schweiß und Tränen

Schlamm, Schweiß und Tränen

Titel: Schlamm, Schweiß und Tränen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bear Grylls
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Faszinierendes, ja Magisches: Dieser
Traum hat uns nicht nur zusammengeschweißt, er hat auch eine innige
Vertrautheit entstehen lassen und uns großen Spaß gemacht. Und deshalb vermisse ich diese gemeinsamen Stunden sehr - auch heute noch.
Wie schön wäre es, wenn ich nur ein einziges Mal noch die Gelegenheit
hätte, mit meinem Vater von gemeinsamen Abenteuern zu träumen.
    Ich glaube, das ist auch der Grund dafür, warum es mich so emotional berührt, wenn ich heute mit meinen eigenen Jungs Wandertouren oder Kletterausflüge unternehme. Die Berge sind ein Ort, an dem sehr
enge zwischenmenschliche Bindungen entstehen. Deshalb üben sie
auch eine so große Anziehungskraft auf mich aus.

    Aber wir sind nicht nur geklettert. Mein Vater und ich sind auch
oft zum Pferdehof im Ort marschiert, wo wir uns für einen Zehner
ein Pferd gemietet haben und dann am Strand entlanggaloppiert und
über die Wellenbrecher gesprungen sind.
    Jedes Mal, wenn ich vom Pferd gefallen und im nassen Sand gelandet bin und kurz davor war, in Tränen auszubrechen, hat mein Vater mir immer applaudiert und gesagt, dass ich mich langsam, aber
sicher zu einem respektablen Reiter entwickeln würde. In anderen
Worten: Ein guter Reiter wird man nur dann, wenn man etliche Male
vom Pferd gefallen ist und sich sofort wieder in den Sattel schwingt.
    Kurz gesagt, ein Patentrezept fürs Leben: Man muss immer wieder aufstehen und weitermachen.

     

Einmal waren Wir in Dartmoor, einer sehr urwüchsigen Hügellandschaft im Südwesten Englands, die zu jeder Jahreszeit
eine Reise wert it. Wir wohnten in einem kleinen Gasthof und sind
jeden Tag gewandert und ausgeritten.
    Es war mitten im Winter, die Landschaft war schneebedeckt und
ich kann mich noch gut daran erinnern, wie eisig kalt es jeden Tag war.
    Die Haut in meinem Gesicht (ich hatte ja noch ein zartes Milchgesicht) fühlte sich an, als würde sie regelrecht festfrieren. Ich konnte
meine Nasenspitze überhaupt nicht mehr spüren. Das war für jemanden mit einer großen Nase, wie ich sie (selbst im Alter von elf) hatte,
schon ein ziemlich beängstigendes und bis dahin unbekanntes physikalisches Phänomen.
    Ich fing an zu heulen, denn das funktionierte im Allgemeinen immer, um meinem Vater zu signalisieren, dass die Situation ernst war
und seine Aufmerksamkeit erforderte. Doch er sagte einfach nur:
„Mummel Dich eben besser ein und beiß die Zähne zusammen. Wir
sind auf einer richtigen Expedition, und das ist jetzt der falsche Zeitpunkt zum Jammern. Der Schmerz geht schon vorüber."
    Also hörte ich auf zu quengeln und er hatte recht; danach war ich
richtig stolz darauf, dass ich mich auf meine eigene kindliche Art
durchgebissen hatte.

    Augenblicke wie diese haben mich in dem Glauben bestärkt, dass
ich durchhalten kann - insbesondere (und das war noch weitaus
wichtiger), wenn ich fror und mich hundeelend fühlte.
    Mein Vater hat mich zwar nie zu irgendetwas gezwungen, aber er
hat schon eine ganze Menge von mir erwartet, wenn ich an diesen
Abenteuern teilhaben wollte. In dem Maße, wie mein Selbstvertrauen
wuchs, wuchs auch mein Wunsch, meine Grenzen auszuloten und
jedes Mal ein kleines bisschen mehr zu wagen.
    Wir haben auch sehr viele Tage miteinander verbracht, an denen
wir mit dem Boot unterwegs waren. Mein Vater hat meiner Mutter
schon ganz am Anfang ihrer Ehe mit seinen - wie sie es nannte -
„waghalsigen Fahrmanövern" den Spaß am Boot fahren gründlich
verdorben. Ich dagegen liebte diese „waghalsigen" Manöver und sehnte mich förmlich danach, dass das Wetter stürmisch und die Wellen
hoch waren.
    Ich hatte mir in den Kopf gesetzt, eines Tages mein eigenes Rennboot zu besitzen, damit herumzurasen und am Motor herumzuschrauben. Ein echtes Rennboot stand jedoch ganz offenkundig nicht
zur Debatte, stattdessen durfte ich mit meinem Vater zusammen eins
bauen. Es war ein richtig cooles kleines, etwa 2,50 Meter langes Ruderboot aus Holz, das einen 1,5 PS starken Außenbordmotor hatte.
    Das Boot war zwar kaum schnell genug, um den bei Flut anrollenden Wellen davonzufahren, aber für mich war es einfach perfekt. Wir
haben ein behelfsmäßiges Steuersystem zusammengebastelt, indem
wir ein Steuertau mit einem Steuerrad verbunden und in die Sitzbank
geschraubt haben - und schon war ich unterwegs.
    Ich bin dann immer losgefahren, um mich in einer kleinen Bucht,
nur wenige Meilen an der Küste entlang, mit Mama und Papa zu treffen - ich kam mit dem Boot, sie kamen

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