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Schlamm, Schweiß und Tränen

Schlamm, Schweiß und Tränen

Titel: Schlamm, Schweiß und Tränen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bear Grylls
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irrsinniges
Erfolgserlebnis, wie ich mich an der Blitzschutzleitung entlang gehangelt habe und den mit Blei gedeckten kleinen Glockenturm hochgeklettert bin, dessen Silhouette hell im Mondlicht glänzte, und dann
meine Initialen BG neben das RF von Ran Fiennes ritzen konnte.
    Es waren kleine Glücksmomente wie diese, die mir das Gefühl einer eigenen Identität gaben.

    Ich war nicht mehr nur irgendein Schüler, denn sobald ich meine
Fähigkeiten voll ausschöpfte, fühlte mich ganz und gar lebendig, ganz
und gar ich selbst.
    Und in genau solchen Augenblicken wurde mir klar, dass ich einfach einen Hang zum Abenteurer hatte.
    Ich habe vermutlich damals schon erkannt, dass die Dinge, die ich
gut konnte, durchaus ein wenig unkonventionell waren, aber gleichzeitig hatte ich auch so ein eigenartiges Gefühl im Magen, das mir
sagte: Toll gemacht, Bear, weiter so.
    Mein Kumpel hat es nie über den Stacheldraht hinaus geschafft,
aber er hat unten am Kuppeldach geduldig ausgeharrt, bis ich zurück
war. Er sagte später zu mir, dass es für ihn furchtbar beängstigend
war, mich dort hinaufklettern zu sehen, weshalb mir das Ganze gleich
noch viel mehr Spaß gemacht hat.
    Auf dem Rückweg hatten wir den Garten des einen College-Hauses schon sicher hinter uns gelassen und den des angrenzenden Hauses
bereits zur Hälfte durchquert.
    Wir hockten zusammengekauert hinter einem Strauch mitten im
Garten des Housemasters - das ist der Lehrer, der für die Leitung
(und Einhaltung der Hausordnung) in einem College-Haus verantwortlich ist - und warteten darauf, dass wir unentdeckt das letzte
Stück unseres Weges zurücklegen konnten. In der Wohnung des Lehrers brannte noch Licht. Vermutlich hatte er eine Nachtschicht eingelegt, um einen Riesenstapel Arbeiten zu korrigieren, als er plötzlich
beschloss, dass es an der Zeit wäre, den Hund rauszulassen, damit der
sein Geschäft verrichten konnte. Augenblicklich hatte der Hund uns
aufgespürt und kläffte wie verrückt, bis der Lehrer, durch diesen Radau aufgeschreckt, herbeigerannt kam.
    Höchste Zeit, die Biege zu machen.
    „Lauf", flüsterte ich und wir brachen aus der Deckung hervor und
rannten, so schnell wir konnten, zum anderen Ende des Gartens.
    Unglücklicherweise jedoch war der betreffende Lehrer rein zufällig auch der Sportlehrer der Schule, der uns im Querfeldeinlauf trainierte; er war also ziemlich schnell.
    Er nahm sofort die Verfolgung auf und legte einen 50-Meter Sprint hin. Das letzte Hindernis, das wir überwinden mussten, war
eine drei Meter hohe Mauer. Wir schossen beide - vom Adrenalin getrieben - mit einem Satz in die Höhe und schwangen uns drüber. Der
Lehrer war zwar ein guter Läufer, aber kein guter Kletterer und daher
konnten wir unserer Festnahme mit knapper Not entkommen und
verschwanden blitzschnell in der Dunkelheit.

    Ich musste nur noch ein letztes Regenrohr hinaufklettern und
schon hatte ich das offene Fenster in meinem Schlafzimmer erreicht
- Mission erfolgreich ausgeführt.
    Den ganzen nächsten Tag über hatte ich ein Lächeln im Gesicht,
das einfach nicht verschwinden wollte.

     

In der Schule hatte ich mir einen neuen Spitznamen
erworben (abgesehen von „Bear", den ich - dank meiner Schwester
Lara - schon als kleines Baby hatte), und der lautete „Monkey".
    Stan brachte diesen Spitznamen auf und ich glaube, er war darauf
zurückzuführen, dass ich wie ein Affe mit großer Begeisterung Fassaden und Bäume hochkletterte. Ob man mich nun Bear oder Monkey
nannte, war mir ziemlich egal, denn meinen richtigen Namen „Edward" mochte ich sowieso nicht - er war so bieder und langweilig.
Monkey oder Bear war für mich in Ordnung - und beide Namen
sind mir bis heute erhalten geblieben.
    Während meiner Zeit in Eton habe ich regelmäßig nächtliche Exkursionen veranstaltet, und das hat sich herumgesprochen. Ich spielte
sogar mit dem Gedanken, Geld dafür zu verlangen, dass ich die Jungs
auf meine Streifzüge mitnahm.
    Ich kann mich noch an eine Begebenheit erinnern, als wir versucht haben, über das alte Kanalsystem von einem zum anderen
Ende in Eton zu gelangen. Unter einer Brücke hatte ich einen alten
Gitterrost entdeckt, von dem aus man in diese alten, nur 1,20 Meter
hohen geklinkerten Abwasserkanäle gelangte, die unter der Straße
verliefen.

    Man brauchte schon ein wenig Mumm, um sich in diese pechschwarzen Tunnel hineinzuwagen, da man ja keine Ahnung hatte, wo
zum Teufel sie überhaupt hinführten; außerdem

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