Schlamm, Schweiß und Tränen
wir fast eine ganze Woche lang zusammen waren.)
Doch zuerst zur Snowdon-Mission.
Da die Expedition im Winter stattfand, hatten Watty - einer meiner besten Kumpels aus der Schule - und ich zwei Monate Zeit, die
Vorfreude zu genießen und zu überlegen, was wir an Gepäck auf diese
Bergtour mitnehmen. Als es dann endlich losging, waren unsere
Rucksäcke so schwer, dass wir sie kaum hochheben konnten.
Lektion 1: Man sollte nur das Nötigste mitnehmen, es sei denn,
man hat vor, das schwere Gepäck Tag und Nacht durch die Berge zu
schleppen.
Als wir an jenem Freitagabend in Begleitung eines jungen Sportlehrers im Snowdonia National Park ankamen, war es bereits dunkel
und wir alle mussten uns im dichten Nebel den Berg hinaufquälen. Und wie es für Wales eben typisch ist, fing es kurz darauf auch noch
an zu regnen.
Als wir am Rand eines kleinen Bergsees ankamen, wo wir geplant
hatten, unser Lager aufzuschlagen - etwa auf halber Strecke zum
Gipfel - war es schon nach Mitternacht und es regnete in Strömen.
Wir waren alle erschöpft (weil wir uns mit unseren extrem schweren
Rucksäcken so fürchterlich abgeschleppt hatten) und haben daher so
schnell wie möglich unsere Zelte aufgeschlagen. Es waren solche einfachen altmodischen Firstzelte, die mithilfe von Heringen und Abspannschnüren aufgestellt werden und nicht gerade für ihre ausgesprochene Windstabilität bei einem walisischen Wintersturm bekannt
sind - und tatsächlich passierte gegen drei Uhr morgens das Unausweichliche.
Plopp.
Einer der Heringe, mit denen die Abspannschnüre der beiden Giebelstangen meines Zeltes im Boden verankert waren, war gebrochen
und dadurch sackte die eine Hälfte des Zeltes über uns zusammen.
Hmm, dachte ich.
Aber Watty und ich waren beide einfach viel zu müde, um herauszukrabbeln, den Hering auszutauschen und die Schnur neu zu spannen; stattdessen verließen wir uns blindlings darauf, dass sich das Problem schon irgendwie von allein lösen würde.
Lektion 2: Zelte reparieren sich nicht von allein, ganz egal, wie
müde man ist und ganz egal, wie sehr man sich wünscht, dass es so
wäre.
Und dann kam, was kommen musste: Der nächste Hering brach
und ehe wir uns versahen, lagen wir zitternd und frierend in einem
nassen Haufen aus Zeltplane - wir waren klitschnass bis auf die Haut
und fühlten uns so richtig elend.
Die letzte und wichtigste Lektion beim Campen, die wir in jener
Nacht lernten, hieß: Ein beherzter Griff zur rechten Zeit, erspart unnötig Müh und Leid. Und außerdem ist die Zeit, die man darauf verwendet, einen Lagerplatz gut vorzubereiten, niemals verlorene Zeit.
Am nächsten Tag kamen wir ziemlich nass und durchgefroren,
aber überglücklich auf dem Gipfel des Snowdon an. Das Schönste, woran ich mich noch erinnern kann, war, dass ich mir dort oben eine
Pfeife angezündet habe, die ich mir von meinem Großvater geborgt
hatte. Die habe ich dann zusammen mit Watty und dem Sportlehrer,
der sich auch noch zu uns gesellte, in luftiger Höhe hinter dem Gipfel-Steinhaufen geraucht.
Das ist einer der Gründe, warum ich schon als kleiner Junge die
Berge so geliebt habe: Dort oben sind alle Menschen gleich.
Die simple Tatsache, dass ich dort oben gemeinsam mit einem
Lehrer Pfeife rauchen konnte, war für mich absolut einzigartig und in
meinen Augen ein klares Zeichen dafür, dass die Berge und die Beziehungen, die man dort oben und in freier Natur zu seinen Mitmenschen aufbaut, wunderschöne Erinnerungen sind, die einen das ganze
Leben begleiten.
(Aber das Beste an der Sache war, dass der Tabak hausgemacht
war, denn Watty hatte ihn in Apfelsaft eingeweicht, damit er einen
besseren Geschmack bekommt. Und aus genau diesem Apfelsaft haben wir dann später einen Apfelwein gebraut, und der hat dafür gesorgt, dass Chipper - einer der Jungs aus unserem College-Haus - unmittelbar nach dem Genuss 24 Stunden lang nichts mehr gesehen
hat. Hoppla.)
Wenn mich die Leute heute fragen, was mir so sehr daran gefällt,
auf Berge zu klettern, kann ich nur sagen, dass es mir nicht um den
Adrenalinkick oder das Erfolgserlebnis geht. Denn beim Bergsteigen
geht es in erster Linie darum, dass die Menschen dabei eine so intensive
Bindung zueinander aufbauen und so eng zusammengeschweißt werden, wie dies im normalen Alltag kaum möglich ist. Es gefällt mir, dass
alle, die in den Bergen unterwegs sind, gleich aussehen - die Klamotten
dreckig, die Frisur zerzaust. Und es gefällt mir, dass die Berge
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