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Schlamm, Schweiß und Tränen

Schlamm, Schweiß und Tränen

Titel: Schlamm, Schweiß und Tränen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bear Grylls
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Trainingssitzung zuzuschauen.
    Es war sehr beeindruckend, das Training zu beobachten. Schnelle Bewegungen und mitunter brutale Schläge, doch Poesie in jeder
Bewegung.
    In mir brannte das Feuer der Begeisterung lichterloh, stärker als je
zuvor.
    Eines Tages würde ich genauso gut sein - das gelobte ich.

    Ich werde niemals den Tag vergessen, an dem ich endlich meinen
schwarzen Gürtel (meinen 1. Dan) verliehen bekam und wie stolz ich
darauf war.
    Es dauerte drei Jahre, bis ich diesen Leistungsgrad erreicht hatte,
und während dieser drei Jahre hatte ich absolut alles gegeben: Ich hatte
sehr gewissenhaft mindestens vier- bis fünfmal pro Woche trainiert.
    Dann war der Tag der Schwarzgurt-Prüfung zum Karate-Meister
da und meine Mutter war angereist, um mir dabei zuzuschauen. Sie
hasste es, mich kämpfen zu sehen. (Ganz anders als meine Schulfreunde, denen das Zuschauen irre viel Spaß machte - und je besser
ich wurde, desto mehr Spaß hatten sie.)
    Doch meine Mutter hatte eine schlechte Angewohnheit.
    Die Prüfungen der Leistungsgrade und die Kämpfe fanden in der
Sporthalle statt. Doch anstatt sich einen Stehplatz auf der Tribüne zu
suchen, von wo aus sie die ganze Sporthalle hätte überblicken können,
legte sie sich lieber gestreckter Länge auf den Boden - zwischen all die
anderen Zuschauer, die miteinander um eine beste Sicht wetteiferten.
    Wenn Sie mich fragen, ich habe keine Ahnung, warum sie das gemacht hat. Sie gab als Begründung immer an, dass sie nicht hätte mit
ansehen können, wenn ich verwundet worden wäre. Allerdings habe
ich bis heute noch nicht kapiert, warum sie dann nicht einfach draußen gewartet hat, wenn das ihre Begründung war.
    Ich habe schließlich gelernt, dass meine wunderbare Mutter nie
mit einer wirklich einleuchtenden Erklärung für ihr Handeln aufwarten konnte, dass aber im Grunde die Motivation ihres Handelns stets
von inniger Liebe und Fürsorge geprägt war; das konnte ich immer
ganz deutlich spüren.
    Wie dem auch sei, es war mein großer Tag. Ich hatte schon den
Teil Kihon (die Basistechniken) und den Teil Kata (eine exakt festgelegte Abfolge von Techniken zur Abwehr imaginärer Gegner) hinter
mich gebracht und kam jetzt zum Teil Kumite, jenem Teil der DanPrüfung, in dem man Angriffs- und Verteidigungstechniken im
Kampf mit einem Gegner anwendet.
    Großmeister Sensei Enoeda - der Vorsitzende der Europäischen
Karate Union und Cheftrainer des KUGB - war angereist, um als Kampfrichter zu fungieren. Ich war - wieder einmal - total begeistert, hatte gleichzeitig aber auch entsetzliche Angst.

    Der Kampf begann.
    Mein Gegner (ein super Rugby-Spieler von einem benachbarten
College) und ich tauschten Schläge, Blocks und Tritte aus, doch keiner von uns konnte einen echten Durchbruch erzielen.
    Plötzlich merkte ich, dass ich an den Rand der Kampffläche gedrängt wurde und aus einem Instinkt heraus (oder aus purer Verzweiflung), duckte ich mich nach unten ab, machte eine schnelle Drehung und traf meinen Gegner mit einem gedrehten Faustrückenschlag direkt am Kopf.
    Er ging zu Boden.
    Doch das war für mich kein Grund zur Freude.
    Denn es war nicht nur ein Regelverstoß, sondern auch ein Zeichen
mangelnder Selbstbeherrschung.
    Außerdem war es einfach nicht erlaubt, dass man seinen Trainingspartner niederschlug. Denn die Zielsetzung bestand darin, den
Kampf zu gewinnen, indem man Schläge im Leichtkontakt sehr
schnell und mithilfe von Techniken ausführt, die den Gegner zwar
treffen, ihn aber keineswegs verletzen.
    Ich wich also zurück, entschuldigte mich und half dem Jungen
auf.
    Dann sah ich zu Sensei Enoeda hinüber in der Erwartung, dass er
mir einen missbilligenden Blick zuwerfen würde, doch stattdessen
konnte ich in seinem Blick einen Anflug von Freude erkennen. Er
schaute mich so ähnlich an wie ein Kind, wenn es ganz unerwartet
ein Geschenk bekommt.
    Ich nehme mal an, dem Kämpfer in ihm hatte das gefallen und in
diesem Sinne bestand ich dann auch die Prüfung und bekam meinen
schwarzen Gürtel überreicht.
    Ich habe mich nie so stolz gefühlt wie in jenem Augenblick, als ich
endlich diesen Meister-Gürtel tragen durfte, nachdem ich mich als
Karateschüler so mühsam die einzelnen Gürtel-Grade nach oben gearbeitet hatte: Von Gelb über Orange, Grün und Blau bis Braun -
was auch immer -, eben Gürtel in allen Farben.

    Das war ganz allein mein Verdienst und dafür hatte ich auch verdammt viel einstecken müssen, denn schließlich kann

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