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Schlamm, Schweiß und Tränen

Schlamm, Schweiß und Tränen

Titel: Schlamm, Schweiß und Tränen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bear Grylls
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stanken sie.
    Ich nahm ein Paket Spielkarten und eine Taschenlampe mit und
klemmte alle zehn Schritte eine Karte zwischen die Klinkersteine, um
so den Weg zu markieren. Irgendwann erspähte ich einen Kanaldeckel, der sich hochheben ließ und wir sahen, dass wir in der kleinen
Gasse vor dem Privathaus des Schulleiters gelandet waren.
    Das war meine Welt. Ich weiß noch, wie wir uns darüber lustig
gemacht haben: „Von hier also kommt die ganze Scheiße."
    Aber ich bemühte mich auch, ein paar legalere Kletteraktionen
anzustreben, und so trug ich gemeinsam mit Mick Crosthwaite - er
war mein Kletterpartner, mit dem ich einige Jahre später den Mount
Everest bestiegen habe - dazu bei, den Bergsteiger-Club der Schule
wieder zum Leben zu erwecken.
    Der große Vorteil am Eton College ist, dass die Schüler dazu ermuntert werden, ihren Interessen und Neigungen nachzugehen -
ganz egal, wie exzentrisch die auch sein mögen. Für alle möglichen
Faibles gibt es einen Club: Angefangen beim BriefmarkensammlerClub über den Käse- und Wein-Club bis hin zum Bergsteiger- und
Jongleur-Club. Wenn also jemand sich für etwas begeistern konnte,
wurde er von der Schule auch darin unterstützt.
    Es gab lediglich zwei Dinge in Eton, die nicht geduldet wurden:
Faulheit und mangelnde Begeisterungsfähigkeit. Solange man sich
„für irgendetwas begeisterte", waren die meisten anderen Fehlverhalten in aller Regel entschuldbar. Das gefiel mir gut. Denn die Schule
förderte nicht nur die kühlen Köpfe und Sportbegeisterten, sondern
ermutige auch den Einzelnen, seinen Neigungen nachzugehen, was ja
für das spätere Leben noch weitaus wichtiger ist.
    Folglich unterstützte man mich in Eton auch dabei, als ich mit
gerade mal 16 Jahren am Potential Royal Marines Officer Selection
Course teilnehmen wollte. Das ist ein Auswahlverfahren, das die Marineinfanterie des britischen Naval Service veranstaltet, um potentielle Nachwuchskandidaten zu rekrutieren. Es erstreckt sich über drei
Tage, in denen ein echt mörderisches Programm absolviert werden muss: Unzählige Langstreckendauerläufe und -märsche, Märsche in
voller Ausrüstung durch tiefen Morast, Sprints durch den Hindernisparcours, Sit-Ups, Liegestütze, Bewältigen eines Hochseilparcours in
schwindelerregender Höhe (das war kein Problem für mich!) und
Übernehmen von Führungsaufgaben im Team.

    Am Ende hatten von insgesamt 25 Teilnehmern nur drei die Prüfung bestanden - ich war einer davon, auch wenn ich es gerade so geschafft hatte. In meiner Beurteilung hieß es: „Zur Officer Selection
zugelassen: Grylls ist durchtrainiert und begeisterungsfähig, doch er
muss unbedingt darauf achten, dass er nicht allzu unbekümmert an
Aufgaben herangeht." (Zum Glück habe ich den letzten Teil dieses
Ratschlags in den Wind geschlagen, was mir in meinem späteren Leben zugutekam.)
    Denn die Tatsache, dass ich diese Prüfung bestanden hatte, gab mir
die große Zuversicht, dass ich nach meinem Schulabschluss immerhin
- sofern ich das wollte - in die Fußstapfen meines Vaters treten könnte.

    Außerdem hatte ich während meiner Zeit in Eton richtig großes
Glück, dass ich einen so fantastischen Housemaster hatte, denn viele
der Erfahrungen, die die Jungs während ihrer Schulzeit in Eton machen, begleiten sie ein Leben lang - ob sie eben einen Housemaster
hatten, der echt klasse war oder aber einen der echt ätzend war.
    Ich jedenfalls hatte Glück.
    Die Beziehung, die wir in Eton zu unserem Housemaster haben,
lässt sich ganz gut mit der Beziehung vergleichen, die Schüler einer
kleineren Schule zu ihrem Rektor haben. Denn er ist derjenige, der
ein waches Auge auf alles hat, was man tut - angefangen bei den
Sportkursen, die man belegt, bis hin zu den Fächern, die man für die
Abschlussprüfung wählt - und zweifellos ist er derjenige Lehrer, der
einen am allerbesten kennt, und zwar die guten Seiten genauso wie
die schlechten.
    Kurz, der Housemaster ist die Person, die den Laden schmeißt
und alles im Griff hat.

    Herr Quibell war noch ein Lehrer der alten Schule und ein echtes
Unikum - doch er hatte zwei Charaktereigenschaften, die ihn einzigartig machten: Er war fair und hatte immer ein offenes Ohr für seine
Schützlinge. Denn wenn man ein Teenager ist, tragen diese beiden
Eigenschaften entscheidend zur Entwicklung des eigenen Selbstwertgefühls bei.
    Aber, ach du meine Güte, was haben wir ihm manchmal übel mitgespielt.
    Es gab zwei Dinge, die Herr

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