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Schlangen im Paradies

Schlangen im Paradies

Titel: Schlangen im Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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den Kopf. «Die Erinnerung an das vorige Mal reicht mir. Da habe ich auch fix runtergekippt. Hast du ein kühles Bier da?»
    «Teddy, ich möchte Sie bitten, nicht mehr von diesem Abend zu erzählen, als könnten Sie sich nicht mehr recht daran erinnern.»
    Ted drehte sich zu Henry Bartlett um, musterte ihn eingehend, registrierte den Gesamteindruck: silbergraues Haar, weltläufiges Auftreten, leichter britischer Akzent. «Lassen Sie uns eins klarstellen», sagte er. «Nennen Sie mich ja nicht noch einmal Teddy. Mein Name ist Andrew Edward Winters, wie Sie wohl aus der stattlichen Vorschußzahlung ersehen haben dürften. Ich wurde von jeher Ted gerufen. Sollten Sie sich das zu schwer merken können, dürfen Sie mich Andrew nennen. Das hat meine Großmutter auch immer getan. Wenn Sie das begriffen haben, nicken Sie.»
    «Immer mit der Ruhe», mahnte Craig leise.
    «Mir wird sehr viel ruhiger zumute sein, wenn Henry und ich ein paar grundsätzliche Dinge geklärt haben.»
    Er spürte, wie seine Hand das Glas umklammerte. Er geriet immer mehr durcheinander, das merkte er genau. In all den Monaten seit dem Anklagebeschluß hatte er sich sein seelisches Gleichgewicht bewahrt, indem er in seinem Haus in Maui Ana-lysen über die Expansion der Städte und die Entwicklung der Einwohnerzahlen ausarbeitete, Hotels, Sportplätze und Ein-kaufszentren entwarf, die er bauen wollte, wenn das Ganze vor-
    über war. Irgendwie hatte er sich eingeredet, daß etwas geschehen, daß Elizabeth ihre irrige Aussage über den Zeitpunkt des Telefonanrufs erkennen und widerrufen, daß die sogenannte Augenzeugin wegen ihres labilen Geisteszustands abgelehnt würde …

    Elizabeth blieb unerschütterlich bei ihrer Darstellung, die Augenzeugin rückte keinen Zentimeter von ihrer Aussage ab, und der Prozeß nahte drohend. Die Erkenntnis, daß sein erster Anwalt im Grunde genommen mit seiner Verurteilung rechnete, hatte Ted einen Schock versetzt und ihn veranlaßt, Henry Bartlett zu engagieren.
    «Na schön, vergessen wir das vorläufig», sagte Henry Bartlett steif. Und zu Craig gewandt: «Wenn Ted keinen Drink will, ich hätte gern einen.»
    Ted nahm das Bier, das Craig ihm hinhielt, und starrte aus dem Fenster. Hatte Bartlett recht? War es Unsinn, hierherzukommen, anstatt die Arbeit von Connecticut oder von New York aus zu erledigen? Doch der Aufenthalt in Cypress Point gab ihm jedesmal irgendwie das Gefühl von Ruhe, von Wohlbefinden.
    Das lag an den vielen Sommern, die er als Kind auf der Monterey-Halbinsel verbracht hatte.
    Der Wagen hielt an der Schranke vor Pebble Beach, und der Chauffeur bezahlte die Straßengebühr. Die Prachtvillen mit Aussicht auf den Ozean kamen ins Blickfeld. Früher hatte er einmal geplant, sich hier ein Haus zu kaufen. Er und Kathy fanden die Gegend ideal für Teddy, der hier seine Ferien verbringen sollte. Und dann waren Teddy und Kathy tot.
    Auf der linken Seite schimmerte der Pazifik wunderbar klar in der strahlenden Nachmittagssonne. Hier zu schwimmen war bei der starken Strömung riskant, aber es müßte köstlich sein, hineinzutauchen und sich vom Salzwasser umspülen zu lassen! Ob er sich wohl jemals wieder sauber fühlen, ob er jemals diese Bilder von Leilas zerschmetterter Leiche vergessen würde? In seinen Gedanken waren sie ständig da, gigantisch vergrößert, wie Plakatwände am Highway. Und in diesen letzten paar Monaten hatten die Zweifel begonnen.
    «Egal, was du eben gedacht hast, hör auf damit, Ted», sagte Craig behutsam.

    «Und du hör auf damit, in meinen Gedanken lesen zu wollen», herrschte Ted ihn an. Dann brachte er ein schwaches Lä-
    cheln zustande. «Entschuldige.»
    «Schon vergessen.» Es klang aufrichtig und herzlich.
    Craig hat sich von jeher darauf verstanden, eine Situation zu entschärfen, dachte Ted. Sie hatten sich im ersten Semester in Dartmouth kennengelernt. Craig war damals ein stämmiger Bursche gewesen. Mit siebzehn sah er aus wie ein blonder schwedi-scher Hüne. Mit vierunddreißig war er tipptopp durchtrainiert, straff, muskulös, keine Spur mehr von vierschrötig. Die kräftigen, groben Züge standen einem reifen Mann besser zu Gesicht als einem Halbwüchsigen. Auf dem College hatte Craig ein Teilstipendium gehabt, sich aber auf jeden Job gestürzt, den er ergattern konnte – als Tellerwäscher in der Küche, als Zimmer-kellner in der Hanover Inn, als Krankenpfleger im Hospital auf dem Campus.
    Und dabei war er stets für mich da, erinnerte sich Ted. Nach dem College

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