Schlangen im Paradies
«Sie arbeiten doch hoffentlich wieder bei uns? Natürlich nicht. Das wär auch zu schön gewesen.»
Die Massageräume waren offenbar gründlich renoviert worden. Hörte Min denn nie auf, Geld für dieses Unternehmen aus-zugeben? Immerhin waren die neuen Behandlungstische luxuri-
ös gepolstert, und sie spürte, wie sie sich unter Ginas geübten Händen zu entspannen begann.
Gina knetete ihre Schultermuskeln. «Sie sind durch und durch verkrampft.»
«Das kommt mir auch so vor.»
«Kein Wunder. Sie haben auch jede Menge Gründe.»
Elizabeth wußte, daß dies Ginas Art war, ihr Mitgefühl aus-zudrücken. Und sie wußte ferner, wenn sie kein Gespräch anfing, würde Gina stumm bleiben. Dabei kam ihr eine von Mins strikten Verhaltensregeln zu Hilfe, wonach Unterhaltungen mit Gästen nur gestattet waren, wenn diese es wünschten. «Aber quasselt ja nicht über eure eigenen Probleme», pflegte Min ihnen bei den allwöchentlichen Personalversammlungen einzuschärfen. «Davon will kein Mensch etwas hören.»
Es wäre hilfreich, Gina auszuhorchen, wie sie die Lage beur-teilte. «Scheint nicht viel los zu sein heute», begann sie. «Sind alle auf dem Golfplatz?»
«Ich wünschte, es wär’ so. Wissen Sie, hier ist seit fast zwei Jahren kein richtiger Betrieb mehr. Entspannen, Elizabeth, Ihr Arm fühlt sich hart wie’n Brett an.»
«Seit zwei Jahren? Was ist denn passiert?»
«Was soll ich dazu sagen? Angefangen hat’s mit dem dämlichen Mausoleum. Die Leute zahlen doch nicht solche Preise, um Schuttberge zu sehen oder Preßlufthämmer zu hören. Und das Ding ist immer noch nicht fertig. Können Sie mir vielleicht sagen, wozu sie hier ’n römisches Bad brauchen?»
Elizabeth dachte an Leilas Bemerkungen darüber. «Genau das hat Leila auch immer gesagt.»
«Sie hatte recht. Ich muß Sie jetzt umdrehen.» Geschickt glättete sie das Laken. «Und wenn Sie schon den Namen erwähnen, muß ich Sie was fragen. Ist Ihnen eigentlich klar, was dieses Unternehmen Leila alles verdankt? Ihretwegen sind die Leute gekommen, weil sie hofften, ihr zu begegnen. Sie war die leben-dige Reklame für Cypress Point, sie ganz allein. Und sie hat immer erzählt, daß sie und Ted Winters sich hier kennengelernt haben. Und jetzt – ich weiß nicht. Irgendwas ist anders geworden. Der Baron wirft das Geld wie verrückt zum Fenster raus –
Sie haben doch die neuen Quecksilberdampflampen gesehen.
Die Innenarbeiten am römischen Bad gehen endlos weiter. Und Min versucht, an allen Ecken und Enden zu knapsen. Ein Witz.
Er klotzt ein römisches Bad hin, und sie predigt uns, sparsam mit den Handtüchern umzugehen!»
Die Kosmetikerin, eine Japanerin, war neu. Die Verspannung, die sich durch die Massage zu lösen begonnen hatte, wurde restlos beseitigt durch die warme Gesichtsmaske, die sie nach der Reinigung und dem Dampfbad auftrug. Elizabeth dämmerte ein.
Die leise Stimme der Japanerin weckte sie: «Haben Sie gut geschlafen? Sie sahen so friedlich aus, und da hab ich vierzig Minuten länger gewartet, Zeit genug hatte ich ja.»
6
Während das Zimmermädchen ihre Koffer auspackte, inspizierte Alvirah Meehan ihre neue Unterkunft. Sie wanderte von Raum zu Raum, beäugte alles mit scharfem Blick, dem nichts entging.
In Gedanken bastelte sie an dem Text, den sie in den brandneu-en Recorder diktieren wollte.
«Haben Sie noch irgendwelche Wünsche, Madame?»
Das Zimmermädchen stand in der Tür zum Wohnzimmer.
«Nein, vielen Dank.» Alvirah bemühte sich, den Tonfall von Mrs. Stevens zu kopieren, bei der sie dienstags putzte. Ein biß-
chen von oben herab, aber trotzdem freundlich.
Sobald sich die Tür hinter dem Zimmermädchen schloß, holte sie in Windeseile den Recorder aus dem eleganten Behälter. Der Reporter vom New York Globe hatte ihr gezeigt, wie das Ding funktionierte. Sie machte es sich auf der Couch im Wohnzimmer bequem und begann.
«Also, da wär’ ich nun in Cypress Point Spa, und ich kann Ihnen versichern, es ist einfach Spitze. Ich spreche zum erstenmal auf Band und möchte mich vor allem bei Mr. Evans für sein Vertrauen bedanken. Als er mich und Willy nach dem Lotteriegewinn interviewt hat und ich ihm erzählte, wie ich mein Leben lang darauf versessen war, einmal nach Cypress Point Spa zu kommen, da sagte er, ich hätte ’nen Sinn fürs Dramatische und die Leser vom Globe würden sich brennend für alles interessieren, was ich von meinem Standpunkt aus über den Betrieb in so
’nem Luxusschuppen zu berichten
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