Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schlangen im Paradies

Schlangen im Paradies

Titel: Schlangen im Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
Vom Netzwerk:
war er Craig zu seiner Überraschung im Wasch-raum der Chefetage von Winters Enterprise in die Arme gelaufen. «Warum hast du dich nicht an mich gewandt, wenn du hier
    ’nen Job wolltest?» Ihm war nicht recht klar, ob er sich über die Begegnung freute.
    «Wenn ich was tauge, schaff ich’s auch aus eigener Kraft.»
    Dagegen ließ sich nichts sagen. Und er hatte es geschafft, bis zum geschäftsführenden Vizepräsidenten. Wenn ich ins Gefängnis gehe, dachte Ted, wird er den Laden leiten. Ich wüßte gern, wie oft er mit diesem Gedanken spielt. Er schüttelte sich, ange-widert von seinen eigenen Gedankengängen. Ich leide ja unter Verfolgungswahn wie einer, der auf verlorenem Posten steht.
    Ich stehe auf verlorenem Posten!
    Sie fuhren an Pebble Beach Lodge vorbei, am Golfplatz, an Crocker Woodland, und das Areal von Cypress Point Spa kam in Sicht. «Bald werden Sie verstehen, warum wir hierherwoll-ten», wandte sich Craig an Henry. Er sah Ted ins Gesicht. «Wir werden ein hieb- und stichfestes Konzept für die Verteidigung erarbeiten. Du weißt doch, Cypress Point hat dir immer Glück gebracht.» Dann, nach einem Blick aus dem Seitenfenster, erstarrte er. «Ach du lieber Himmel, ich glaub’s einfach nicht!
    Das Kabrio – Cheryl und Syd sind hier!»
    Erbittert drehte er sich zu Henry Bartlett um. «Mir beginnt zu dämmern, daß Sie recht haben. Wir hätten nach Connecticut fahren sollen.»

    5
    Min hatte Elizabeth den Bungalow zugewiesen, der früher immer für Leila reserviert war. Er gehörte zur teuersten Kategorie, doch Elizabeth war nicht sicher, ob sie sich dadurch geschmeichelt fühlte. Alles in diesen Räumen rief ihr Leilas Namen entgegen, die Schonbezüge in dem bestimmten Smaragdgrün, das Leila liebte, der tiefe Lehnsessel mit dem dazugehörigen niedrigen Sofa, auf dem sich Leila nach einer anstrengenden Gymnastikstunde auszustrecken pflegte – «Lieber Himmel, Spatz, wenn ich so weitermache, können sie nach meinen Maßen eine Kollektion für Magersüchtige entwerfen!» Der Kommentar zu dem Schreibtisch mit den erlesenen Intarsien: «Erinnerst du dich noch an die Einrichtung von unserer armen Mama? Stilechter früher Sperrmüll.»
    In der kurzen Zeit, die Elizabeth oben bei Min und Helmut gewesen war, hatte ein Zimmermädchen ihre Koffer ausgepackt.
    Auf dem Bett lagen ein blauer Badeanzug und ein Bademantel aus elfenbeinfarbenem Velours, an dem ihr Terminplan für den Nachmittag festgeheftet war: Massage 16 Uhr, Gesichtsbehandlung 17 Uhr.
    Das Gebäude, in dem die Behandlungsräume für Frauen untergebracht waren, befand sich am Ende des 50-Meter-Schwimmbeckens – ein weiträumiger, abgeschlossener einstök-kiger Bau, der an ein spanisches Adobe erinnerte. So friedlich er von außen wirkte, so betriebsam ging es zumeist drinnen zu, wo Frauen jeden Alters und jeder Gewichtsklasse in Bademänteln aus elfenbeinfarbenem Velours über die gekachelten Gänge hasteten und der nächsten Behandlung zustrebten.
    Elizabeth machte sich darauf gefaßt, bekannten Gesichtern zu begegnen – einigen der Stammgäste, die ungefähr alle drei Monate herkamen und die sie bei ihrer sommerlichen Unterrichtstä-
    tigkeit gut kennengelernt hatte. Sie wappnete sich gegen die unvermeidlichen Beileidskundgebungen, gegen die kopfschüt-telnden Bemerkungen: «Also das hätte ich Ted Winters niemals zugetraut …»
    Doch sie konnte kein bekanntes Gesicht entdecken unter den Frauen, die scharenweise vom Fitneßtraining zur kosmetischen Behandlung eilten. Überdies schien insgesamt weniger Betrieb zu herrschen als sonst. Im Frauentrakt lag die Spitzenkapazität bei etwa 60 Personen, in der Männerabteilung galt das gleiche.
    Von einer solchen Größenordnung konnte jetzt nicht die Rede sein.
    Sie rief sich den Farbkode der verschiedenen Türen ins Ge-dächtnis: rosa für Gesichtsbehandlung; gelb für Massagen; blau-rot für Kräuterpackungen; weiß für Dampf strahl; blau für Blitzguß. Die Trainingsräume lagen jenseits des Innenschwimmbek-kens, offenbar in erweiterter Anzahl. Im zentral gelegenen Sola-rium gab es mehr einzelne Quecksilberdampflampen als früher.
    Ein bißchen enttäuscht wurde sich Elizabeth bewußt, daß es zu spät war, sich diesen Genuß auch nur ein paar Minuten zu gönnen.
    Sie nahm sich vor, abends ausgiebig schwimmen zu gehen.
    Die ihr zugeteilte Masseuse gehörte zum alten Stammpersonal. Gina, eine kleine, zierliche Person mit kräftigen Armen und Händen, freute sich sichtlich über das Wiedersehen.

Weitere Kostenlose Bücher