Schlangenhaus - Thriller
Violet haben? Hatte jemand geglaubt, sie hätte einen nahen Angehörigen getötet? Und wie passte es mit all dem anderen zusammen, was passiert war? John Allington war im Wasser gefunden worden, halb in seinem Gartenteich. Er war von einer Schlange gebissen worden (oder auch nicht) und dann beinahe ertrunken. Aber …
Mir kam es vor, als säße ich sehr lange da und zermarterte mir den Kopf, doch eine Antwort entzog sich mir. Die Witcher-Spur mochte ins Nichts führen, poena cullei jedoch kam gar nicht erst aus den Startblöcken.
Zwei Tote, plus zwei Menschen, die eigentlich hätten sterben sollen. Die kleine Sophia musste ich fürs Erste einmal außen vor lassen; ich hatte keine Ahnung, wie sie in das Ganze hineinpasste. Doch ich konnte mich des Gefühls nicht erwehren, dass, ließ man den Fundort des Taipans mal beiseite, Ernest Amblin, das älteste Mitglied der Familie Poulson, in jener Nacht das wahre Ziel des Mörders gewesen war.
Ich erinnerte mich an Schreie, die durch die Stille gellten, an eine Familie, die aus ihrem Haus getaumelt kam, die Kinder in
Tränen, der Vater kaum fähig, sich auf den Beinen zu halten, der Großvater mit einem schweren Schock. Nur Stunden zuvor war Ernest Amblin in Clive Ventrys Haus gewesen, einer von fünf alten Leuten, die wachsam am anderen Ende des Raumes zusammengesessen hatten. Nein, nicht wachsam – furchtsam.
Waren alte Leute doch der Schlüssel zu dem Ganzen? Tasker und Knowles hatten überlegt, ob ich es auf Greise abgesehen hatte, mir ihre Zuneigung erschlich. Was war, wenn sie damit recht hätten, dass alte Menschen ins Visier genommen wurden, und sich nur hinsichtlich des Motivs irrten?
Es hatte vier Vorfälle mit Schlangen gegeben – John Allington, Violet und Ernest Amblin waren alle alt. Ich dachte an die Steinplatten in der Kirche, das Muster mit den vier Schwertern, die durch einen Kreis in der Mitte miteinander verbunden waren. Irgendetwas war in der Vergangenheit dieser Menschen geschehen, das sie miteinander verband.
Es hat keinen Sinn, mich nach diesem Abend zu fragen, Liebes. Ich weiß wirklich nicht, was passiert ist.
Irgendwas war merkwürdig an dem Brand.
Ich war wieder bei dem Feuer von 1958 angelangt, das auf direkte und indirekte Weise vier Menschen getötet und drei der Witcher-Brüder dazu veranlasst hatte, das Dorf zu verlassen. Was war in jener Nacht passiert, das fünfzig Jahre später immer noch nachwirkte? Ich suchte in meiner Handtasche herum und fand meinen Notizblock. Vor einigen Tagen, in der Bibliothek, als ich die Zeitungsberichte über den Brand und den Tod von Joel Morgan Fain und Larry Hodges las, hatte ich mir ein paar Notizen gemacht. Ich überprüfte das, was ich geschrieben hatte, dann ging ich nach unten, durch das Haus, das mir unendlich still vorkam, und klopfte an die Tür von Dads Arbeitszimmer, ehe ich sie aufdrückte. Er wandte sich halb zu mir um und versuchte, zu lächeln. Briefpapier lag vor ihm. Er schien nicht ein einziges Wort geschrieben zu haben.
»Hi.«
»Hallo, Liebling. Entschuldige, ich hätte dich nicht einfach allein lassen sollen, nicht heute Abend.«
Die Trauer meines Vaters drückte ihn nieder, ein gewaltiges Gewicht, das auf seinen Schultern lastete. Es erschien mir falsch, über irgendetwas anderes nachzudenken, über irgendetwas anderes zu reden als über Mum, doch was blieb mir anderes übrig? Auch auf mir lastete etwas.
»Kann ich dich etwas fragen?« Ich setzte mich neben ihn. »Es hat nichts mit… der Familie zu tun, aber es könnte wichtig sein.«
Er nickte, seine Miene schien sich sogar ein wenig aufzuhellen, als käme ihm die Ablenkung vielleicht gelegen. Ich erzählte von dem Brand und den Männern, die dabei umgekommen waren, und fragte meinen Vater dann, was genau ein amerikanischer Pfingstprediger wohl in den Fünfzigerjahren im ländlichen Dorset getrieben haben könnte.
»So um 1900 war in den Vereinigten Staaten eine ganze Menge im Gange«, meinte Dad. Er schaute mir nicht direkt in die Augen, und auf seinem Gesicht lag ein leichtes Stirnrunzeln, als fördere er eine längst begrabene Erinnerung zutage. »Neugruppierungen, Splittergruppen, Revival-Veranstaltungen. Viele von den charismatischen Kirchen sind damals zum ersten Mal auf den Plan getreten – ganz bestimmt stammt die Pfingstbewegung aus dieser Zeit.«
»Aber das hier war fünfzig Jahre später.«
Er hielt eine Hand hoch, seine altbewährte Methode, mich zum Schweigen zu bringen. »Nach einer Weile hat sich das
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