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Schlangenhaus - Thriller

Schlangenhaus - Thriller

Titel: Schlangenhaus - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag
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Spekulationen, ob den Klapperschlangen wohl die Giftdrüsen entfernt worden sind, ob man ihnen kurz vor dem Gottesdienst das Gift abmelkt, ob sie unter Drogen gesetzt werden. Haben Sie das in Betracht gezogen, als Sie das gefilmt haben?«
    »Natürlich. In einer Kirche haben sie uns die Schlangen vor dem Gottesdienst gezeigt. Zehn ausgewachsene Klapperschlangen, alles dran, war nichts dran rumgepfuscht worden. Alle durchaus tödlich. Wir haben zugesehen, wie die Leute die Schlangen hochgehalten haben, sie sich um den Hals gelegt und von Hand zu Hand gereicht haben. Ich bin mir sicher, dass ein paar Kirchen bei ihren Vorführungen tricksen, aber nicht alle. Diese hat es nicht getan.«
    »Wie? Wie haben die das gemacht?«
    Sean lächelte. »Na ja, ich habe da eine Theorie. Wollen Sie sie hören?«
    Fast hätte ich zurückgelächelt, ehe ich es mir verbot. »Ja, bitte.«
    »Schon mal von den Ophiten gehört?«
    »Von den was?«
    »Von den Ophiten. Auch bekannt als das Schlangenvolk. Das war eine Gnostikersekte in Nordafrika, so um 1000 vor Christi.«
    »Gnostiker … so wie die frühen Ketzer, die größeres spirituelles Wissen gefordert haben, als nach Meinung der etablierten Kirche gut für sie war?«
    »Pfarrerstochter, wie? Na ja, um diese Zeit gab’s zigtausend solche Sekten, aber was sie alle gemeinsam hatten, war die Bedeutung,
die sie der Schlange in der Geschichte von Adam und Eva zugemessen haben. Für sie hat der biblische Baum der Erkenntnis im Garten Eden unmittelbar Gnosis symbolisiert, das Wissen. Und die Schlange war die Hüterin des Baumes, die Wächterin des Wissens, wenn man so will. Für sie stand die Schlange für Verstehen und Erleuchtung.«
    »Okay, ich glaube, ich kann Ihnen folgen. Das steht in völligem Gegensatz zur biblischen Version, nach der die Schlange den Teufel repräsentiert.«
    »Stimmt. Die Ophiten haben die Schlange als die Heldin der Geschichte angesehen, und die Figur Gottes als den Schurken, der versucht, Adam und Eva den Zugang zum Wissen zu verwehren.« Er lehnte sich nach hinten, balancierte seinen Stuhl auf zwei Beinen. »An und für sich«, fuhr er fort, »kann man ihren Standpunkt nachvollziehen. Bei dem einen wird einem Verstehen angeboten, Weisheit. Beim anderen wird man in Unwissenheit gehalten wie ein Kind. Welches von den beiden hört sich für Sie böse an?«
    »Dieses Gespräch müssen Sie mit meinem Vater führen.«
    »Mit Vergnügen. Auf jeden Fall haben diese Sekten die Schlange verehrt, sie sogar angebetet. Was sie angeht, hat die Schlange Adam und Eva im Garten Eden die Wahrheit gelehrt. Und nach einer ganzen Anzahl Berichte war es ein wichtiger Bestandteil ihrer Rituale, Schlangen anzufassen – Schlangen wurden um das Brot des Abendmahls gewickelt, all so was.«
    Ich öffnete den Mund, um seinen Redefluss zu unterbrechen. Es war interessant, doch ich konnte nicht erkennen, worauf Sean hinauswollte.
    »Noch ein Grund, warum die Ophiten bei den Orthodoxen nicht sehr beliebt waren«, ließ Sean mir keine Chance, etwas zu sagen, »war ihr ziemlich freizügiges Benehmen. Es ist nicht schwer, in derlei Aktivitäten die symbolische Bedeutung der Schlange zu erkennen. Wollen wir reingehen – es ist doch wirklich ziemlich kalt?«

    Wieder versuchte Sean, aufzustehen, doch ich hob die Hand, um ihn zurückzuhalten.
    »Inwiefern ist das relevant? Moderne Schlangensekten verehren die Schlange nicht. Für sie ist sie ein Symbol des Teufels, das sie besiegen können, wenn ihr Glaube stark genug ist.«
    »Ja, und genau das ist der Punkt, wo sie auf fundamentale Art und Weise fehlgeleitet sind. Aber auch wenn ihre Motive ein ziemliches Durcheinander sind – wenn sie Schlangen in die Hand nehmen, machen sie sich etwas Primitives zunutze.«
    »Bitte?«
    »Die Tradition des snake handling in einem religiösen Kontext reicht Tausende von Jahren zurück. Lange bevor George Hensley jemals eine Schlange in die Hand genommen hat, hat das Volk der Hopi in Nordamerika alljährlich Rituale mit Schlangen durchgeführt, um für eine reiche Ernte zu sorgen. Hinweise auf das Anfassen von Schlangen findet man in vielen Teilen von Afrika und Asien. Und Olympia, die Mutter von Alexander dem Großen, hat angeblich auch mit Schlangen herumhantiert.«
    Ich überlegte kurz.
    »Okay, das verstehe ich. Aber meine Frage ist, wie? Wie macht man das, ohne dass einem etwas passiert?«
    »Damit sind wir wieder bei den Gnostikern. Moderne gnostische Kirchen – die spirituellen Nachfahren der Ophiten,

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