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Schlangenhaus - Thriller

Schlangenhaus - Thriller

Titel: Schlangenhaus - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag
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andere, darauf hinweisen würden, dass Ulfred etwas mit dem Ganzen zu tun hatte?
    Archie kam näher und kauerte sich hin, bis sein Gesicht beinahe auf derselben Höhe mit dem meinen war. Er trug ein schwarzes Hemd und eine schwarze Hose, doch ich konnte Dutzende rote, glänzende Flecken auf seiner Kleidung erkennen. Die Hand, die das Wasserglas hielt, hatte einen rötlichen Ton, wie die Hand eines Metzgers. Ich warf einen raschen Blick zu Ulfred hinüber. Seine Kleider waren verdreckt, wiesen jedoch keinerlei Blutspuren auf, soweit ich sehen konnte. Allmählich glaubte ich zu wissen, welcher von den beiden Männern Clive Ventrys Kopf zu Brei gedroschen hatte.
    Doch Ulfred würde die Schuld an allem zugeschoben werden. Ich konnte sogar eine Art verschrobenen Sinn in dem Ganzen erkennen. Wenn Ulfred für schuldig befunden wurde, würde er einfach dorthin zurückkehren, wo er fünfzig Jahre lang gelebt hatte. Aber warum in aller Welt hatte Archie außer seinem reichen Neffen auch noch drei andere Menschen getötet? Was konnte er durch den Tod von John Allington, Violet Buckler und Ernest Amblin gewinnen?
    Archie hielt mir das Glas an die Lippen, und ich trank. Das kalte Wasser half ein wenig.
    »Danke«, sagte ich zu dem Steinboden, als das Glas fortgenommen wurde. »D-darf ich Sie etwas fragen, Reverend Witcher? Bitte.«
    Ich hielt den Blick gesenkt und sprach mit gedämpfter Stimme. Er durfte mich nicht als Bedrohung ansehen.
    »Selbstverständlich, meine Teure.« Archies Atem roch scharf und sauer, wie bei jemandem, der seit einiger Zeit nichts mehr gegessen hat. Seine Stimme war ebenso leise wie meine. Wir flüsterten miteinander, in dieser längst vergessenen Kirche, während der Sturm um uns herum weiter wütete. Was konnte ich fragen, was nicht bedrohlich erscheinen würde? Dann hatte ich es. »Warum … warum hat Ulfred die Schlange in das
Babybettchen gelegt?«, erkundigte ich mich und riskierte es, einmal kurz aufzublicken.
    Archie schüttelte den Kopf, ein Abbild betrübter Anteilnahme. »Ich danke dem Herrn, dass Sie rechtzeitig da waren, Miss Clara«, sagte er. »Was wäre das für ein furchtbares Unglück gewesen. Das liebe, unschuldige Kind.«
    »Aber … Unglück … Wollte er ihr gar nichts tun?«
    »Natürlich nicht. Aber die Eltern des lieben Kindes züchten Geflügel. Sie hatten frisch geschlüpfte Küken. Die hat Ulfred gebraucht, um …« Er sah unsicher aus, als hielte das Zartgefühl ihn davon ab, deutlicher zu werden.
    »Seine Schlangen zu füttern«, riet ich und schlug abermals die Augen nieder.
    »Ja, in der Tat. Nach dem, was er mir erzählt hat, glaube ich, die Eltern der Kleinen sind aufgeweckt worden, als Ulfred in ihr Haus eingedrungen ist. Die Schlange, eine seiner Lieblinge, wurde bei seinem hastigen Aufbruch zurückgelassen. So, wie es auch bei dem Taipan in Dr. Amblins Haus der Fall war. Der liebe Ulfred ist vielseitig begabt, aber er ist nicht immer – wie sollen wir es ausdrücken – verlässlich.«
    Also waren die kleine Sophia und die Kinder der Poulsons gar nicht als Opfer vorgesehen gewesen. Sie waren nur zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen.
    »Wie kommt Ulfred in die Häuser hinein?«, stellte ich abermals die erste Frage, die mir in den Sinn kam. »Benutzt er Edelines alte Schlüssel?«
    Als ich aufschaute, sah ich Archie lächeln; milde schüttelte er den Kopf. »Der liebe Ulfred ist ja so findig«, meinte er. »Ich weiß gar nicht recht, wie er auch nur die Hälfte der Dinge bewerkstelligt, die er tut, Miss Clara. Edelines alte Schlüssel waren gewiss nützlich, aber Ulfred hat wirklich eine Gabe dafür, in andere Häuser einzudringen. Es gibt kaum ein Heim in der Gegend, das ihm nicht vertraut ist. Sie verstehen, er hat als Junge in diesem Dorf gelebt.«
    Aber Archie war doch auch in diesem Dorf geboren worden.
Und irgendetwas an seinem Akzent störte mich. Würde seine Stimme nach fünfzig Jahren so durch und durch amerikanisch klingen? Es war nicht nur seine Aussprache, er hatte den Sprachrhythmus und die Redewendungen einer anderen Nation vollständig übernommen.
    Wieder beugte er sich zu mir. »Übrigens, Miss Clara, was haben Sie mit dem anderen Taipan gemacht? Ulfred hängt sehr an seinen Schlangen, Sie verstehen. Ist er in diesem Haus auf dem Lyme Undercliff?«
    Einige Abende zuvor hatte Sean einen älteren amerikanischen Touristen auf dem Undercliff überrascht, der angeblich auf der Suche nach Knabenkraut war. Ein paar Tage später hatte jemand versucht,

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