Schlangenhaus - Thriller
noch mindestens vierundzwanzig Stunden dauern, bis wir wussten, ob er überleben würde.
Wie ich diese Zeit überstehen sollte, wusste ich beim besten Willen nicht. Doch während der nächsten Stunde oder so konnte ich mich nützlich machen. Ich konnte mich um die Schlangen kümmern.
Sean und Craig hatten bereits etliche von den Ringelnattern in die gut belüfteten Tragekisten gesetzt, in denen wir Kleintiere transportieren. Craig stapelte drei übereinander und hob sie auf, unser hilfreicher Constable tat es ihm nach, und sie stiegen die Treppe wieder hinauf, um die Kisten in den wartenden Land Rover zu laden. Ich bückte mich, nahm noch eine Transportbox und hielt sie Sean hin. Mit einem Haken fischte er eine Kreuzotter, die ziemlich krank aussah, aus einem alten Pappkarton und ließ sie hineinplumpsen. Er sah mich an, dann schaute er wieder auf die Schlange hinab.
»Die Hälfte von denen werden wir nicht retten«, brummte er und beugte sich vor, um einen weiteren Behälter zu untersuchen. Dann richtete er sich wieder auf. »Wie hat er das gemacht?«, fragte er. »Dieser Fain. Wie hat er es geschafft, einen Mann zu beherrschen, den er früher mal gequält und den er umzubringen versucht hat?«
»Ich bin mir nicht sicher, ob er es am Schluss geschafft hat«, meinte ich. Während der letzten paar Stunden hatte ich über wenig anderes nachgedacht als über den seltsamen Einfluss, den Fain auf die Menschen in seinem Umfeld zu haben schien. »Am Anfang«, fuhr ich fort, »war es wahrscheinlich eine Kombination aus Angst und Abhängigkeit. Ich glaube, Ulfred hatte Angst vor Joel Fain. Ich glaube, er erinnert sich an die Macht, die Fain über alle Menschen um ihn herum gehabt hatte, als er jünger war. All die schrecklichen Sachen, die sie Ulfred angetan haben, weil Fain es gesagt hat. Woher sollen wir wissen, womit Fain ihm gedroht hat?«
»Und was Essen angeht, war er eindeutig von ihm abhängig«, meinte Sean und betrachtete die Konservenreste, die saure Milch, die am Glas der angeschlagenen Flaschen klebte.
»Und auch was Brennstoff angeht«, fügte ich hinzu und deutete
mit einem Kopfnicken auf die Gasflaschen. »Hier unten sollte man nicht allzu viel mit offenem Feuer herumhantieren. Und natürlich waren sie beide völlig besessen von Schlangen.«
Schritte verrieten uns, dass Craig und der Polizist zurückkamen. Schweigend fuhren wir fort, Schlangen umzusetzen, bis sämtliche Lebewesen in Tragekisten verstaut waren. Dann verschwanden Craig und der Constable von Neuem. Sean sah mich an.
»Wir sind fertig«, sagte er. »Ich muss mich in der Kirche umsehen, schauen, ob ich den großen Bruder von Clara der Krötigen finden kann. Ich bezweifle, dass der sich bei dem Regen gestern weit vom Acker gemacht hat. Du solltest ein bisschen schlafen.«
»Schön wär’s. DI Tasker will noch mal mit mir reden, und mein Dad und meine Schwester haben mir alle halbe Stunde auf die Mailbox gesprochen.«
»Nun, die können warten. Ich bringe dich nach Hause.«
Ich schüttelte den Kopf. »Ich fahre zurück ins Krankenhaus«, sagte ich. »Ich will nach ihm sehen.«
Sean hatte die Lippen zusammengepresst. »Die wissen frühestens heute Abend Bescheid«, wandte er ein. »Du wirst lange warten müssen.«
»Ich meine, ich will nach Ulfred sehen.«
Fain hatte Ulfred gestern Nacht fast erwürgt, aber Taskers Männer waren gerade noch rechtzeitig da gewesen. Ulfred war in aller Eile ins Krankenhaus gebracht worden und lag gegenwärtig in einem Zimmer, das gar nicht weit von der Intensivstation entfernt war, wo Matt behandelt wurde. Fain saß in einer Arrestzelle.
»Ulfred hat diese Macht, von der du mir erzählt hast«, sagte ich, als warme Hände meine Schultern berührten, »diese Macht über Schlangen. Er hat gestern Nacht irgendetwas mit dem Taipan gemacht, da bin ich mir sicher. Es hört sich lächerlich an, ich weiß, aber er ist der Grund, warum die Schlange mich nicht gebissen hat.«
»Ich hab schon Merkwürdigeres erlebt. Jetzt komm, ich glaube, wir haben genug von diesem Schuppen hier gesehen.«
Ich machte mich daran, die Treppe hinaufzusteigen. Oben angekommen ließ ich es zu, dass Sean mich durch den Korridor lotste, die Treppe hinunter und hinaus aus dem Schlangenhaus.
Schwanzende
Drei Wochen später
Der Sonnenschein der letzten paar Tage hatte die Dahlien aufblühen lassen. Ich hatte sieben Stück gepflückt und fügte sie zu den roten Rosen hinzu, die vor langer Zeit ein schwarzhaariges Mädchen in ihrem
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