Schlangenhaus - Thriller
die Oberfläche und schwamm gemächlich auf mich zu. Und nichts wird euch schaden.
Ich taumelte zurück. Und erblickte Ulfred, der sich mit einer Hand an die Orgelpfeifen klammerte und mit der anderen auf die Tasten des Instruments eindrosch, während Fains kräftige Finger sich um seine Kehle schlossen.
Ich brauchte nicht um Hilfe zu rufen. Das taten die lauten, unharmonischen Töne des Kircheninstruments für mich. Und wissen Sie was? Ich glaube, meine Mutter hatte bei dem Krach auch die Hand im Spiel. Der Taipan glitt aus dem Becken, und seine Augen, wie flüssiges Bernstein, schienen ausschließlich mich anzusehen. Aber keine Schlange kann einen Menschen einholen.
Ich machte kehrt und floh, vorbei an dem dunklen Wasser, wo Ulfred und ich beide beinahe ums Leben gekommen waren, den langen Mittelgang hinunter, wo das Feuer ausgebrochen
war, das Larry Hodges und den echten Archie getötet hatte, in den Vorraum, wo Ruby gebissen worden war. Weiter rannte ich, hinaus in die Nacht, die alte Lindenallee entlang und durch das Tor.
Und Detective Inspector Robert Tasker geradewegs in die Arme.
52
Das alte Holz brach auseinander wie sprödes Glas. Drei Axthiebe, und das Schloss zersprang; die Tür schwang lose in ihren Angeln. Ein Constable in Uniform trat hinein, drückte die Tür auf und keilte sie fest.
Einer nach dem anderen folgten die Leute von der Spurensicherung und schwärmten in dem alten Haus aus, maßen, notierten, fotografierten. Wir waren die Letzten, die Unwichtigsten, waren nur da, um uns der Lebenden anzunehmen.
Über die Schwelle zu treten, war einfach. Doch dort zu bleiben, abermals die widerliche Luft zu atmen, war wahrscheinlich das Schwerste, was ich jemals getan habe.
»Zum ersten Mal durch den Vordereingang«, brachte ich mit einer Stimme hervor, die gar nicht wie meine klang.
»Warte doch im Auto«, sagte Sean. »Craig und ich schaffen das schon.«
»Dein Auto ist ein Gesundheitsrisiko«, gab ich schroff zurück. Ich machte einen Schritt vorwärts, und der Geruch schien sich um mich herum zu verdichten.
»Wohingegen dieser Schuppen eine Zukunft als Kurheim hat«, brummte Craig, der die Nachhut bildete.
»Wohin jetzt, Miss?«, erkundigte sich der Polizist, der als unsere Eskorte fungierte.
Ich ging voran durch die unteren Räume, wobei ich einen Bogen um die Polizeiteams machte, dann Treppen hinauf, Korridore entlang, die nicht länger dunkel waren – überall waren Scheinwerfer aufgestellt worden – und die Stiege hinunter in Ulfreds Wohnhöhle. Auf allen Seiten umgaben uns Geräusche und künstliches Licht. Gegen den Geruch konnten die Leute von der Polizei natürlich nichts unternehmen.
»Heilige Scheiße!«, ließ sich Seans Stimme hinter mir vernehmen, als wir in den verborgenen Raum traten. »’tschuldigung, Clara.«
»Meine Fresse!«, brummte Craig, als er den ersten Blick in die Kammer warf. »’tschuldigung, Boss.«
Ich öffnete den Mund, um zuzugeben, dass ich gestern Abend ziemlich genau dasselbe gesagt hatte, und stellte fest, dass ich kein Wort hervorbrachte. Eine junge Frau in einem Schutzanzug nahm mit einem Wattestäbchen Proben von einem Fleck am Boden. Matts Blut.
Ich wandte mich ab und sah zu, wie Sean langsam eine Runde durch den Raum machte, in Behälter und Kästen schaute, genau wie ich es Stunden zuvor getan hatte. Schreck und Mitleid zeichneten sich auf seinem Gesicht ab. Ich sah, wie er ein Gähnen unterdrückte, und gleich darauf folgte ich seinem Beispiel. Er war fast die ganze Nacht über wach gewesen. Ich hatte überhaupt nicht geschlafen.
Nachdem ich aus der Kirche geflüchtet war, und sobald ich wieder sprechen konnte, hatte ich DI Tasker gesagt, wo sein Boss zu finden sei. Ein Dutzend Streifenpolizisten waren losgeschickt worden, und binnen einer Stunde war Matt ins Dorset County Hospital eingeliefert worden. Gerade noch rechtzeitig. Zehn Minuten später hatte seine Atmung versagt. Er würde an ein Beatmungsgerät angeschlossen bleiben, bis die Lähmung verging – wenn sie es denn wirklich tat. Auf mein Beharren hin war Sean um zwei Uhr morgens aus dem Bett geholt worden, um die Behandlung zu beaufsichtigen, während die Ärzte den Rest des Taipan-Gegengifts verabreichten.
Sean hatte eine Standleitung zwischen dem Krankenhaus und einem Institut in Sydney eingerichtet, das auf solcherlei Giftfälle spezialisiert war. Australische Ärzte leiteten das Team in Dorset an, das Matt behandelte. Alles, was möglich war, wurde getan, doch es würde
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