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Schlangenhaus - Thriller

Schlangenhaus - Thriller

Titel: Schlangenhaus - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag
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Fenster des Behandlungsraumes erschien und wild gestikulierte. Genauso, wie es so typisch für Harriet ist, wenn sie der Meinung ist, dass ich wirklich ans Telefon kommen muss, unbedingt und ohne Widerrede.
    Ich schüttelte den Kopf, zeigte auf den Patienten vor mir auf dem Operationstisch und sah verdutzt, wie sie vom Fenster verschwand, nur um gleich wieder in der Tür aufzutauchen, zu dem Whiteboard am anderen Ende des Raumes zu gehen, nach einem Stift zu greifen und – ohne das Telefon wegzulegen – in Großbuchstaben SEAN NORTH darauf zu schreiben, gefolgt von mehreren Ausrufungszeichen. Harriet kennt sich mit technischen Dingen nicht gut aus und hat das Stummschalten des Telefons nie gemeistert. Jeder von uns könnte ihr im Handumdrehen zeigen, wie es geht, doch wir finden ihr
Gefuchtel ziemlich unterhaltsam. Normalerweise nehme ich es als Vorwand dafür, mit niemandem zu sprechen, wenn ich im OP bin, an diesem Tag jedoch ertappte ich mich dabei, wie ich nach dem Telefon griff.
    »Störe ich gerade lebensrettende Sofortmaßnahmen bei einem Igel?«, erkundigte sich North gedehnt mit seinem deutlichen Akzent, nicht-ganz-britisch, aber auch nicht-ganz-vonanderswo.
    »Bei einem vier Wochen alten Junghasen«, gab ich bissig zurück. »Was kann ich für Sie tun?« Aus den Augenwinkeln konnte ich sehen, wie Harriet ganz in der Nähe lauerte.
    »Ich dachte, Sie hätten gern ein Update. Ich habe mit den Reptilienkuratoren von so ziemlich sämtlichen großen Zoos gesprochen. Außerdem habe ich E-Mails an alle wesentlichen Lieferanten und Sammler geschickt. Keiner hat zugegeben, dass ihm ein Taipan stiften gegangen ist.«
    »Wieso überrascht mich das nicht?«
    »Stimmt. Jedenfalls muss die Polizei die Fähren überprüfen, die die Nordostküste anlaufen. Vielleicht auch Privatjachten. Die Flughäfen sind alle ziemlich gut dafür ausgerüstet, illegale Importe ausfindig zu machen, deshalb würde es mich wundern, wenn die Schlange mit dem Flugzeug angekommen wäre. Ich tippe drauf, dass sie über Asien und Russland nach Großbritannien eingeführt wurde. Vielleicht sogar über Skandinavien.«
    »Haben Sie das der Polizei gesagt?«
    »Die sind nicht besonders gut auf mich zu sprechen. Jedes Mal, wenn in Westdorset eine Schlange frei herumkriecht, ist es meine Schuld. Ich dachte, das überlasse ich Ihnen.«
    »Vielen Dank«, antwortete ich und fragte mich, warum ich so mürrisch war. Er versuchte doch nur, zu helfen. Nur, hätte er nicht jemand anderes finden können, dem er das alles erzählen konnte?
    »Der Taipan ist übrigens ein Weibchen. Und so mies drauf wie nur was.«

    Harriet stand noch immer ganz in der Nähe. »Ich übergebe Sie jetzt mal wieder an Harriet«, sagte ich. »Ich glaube, sie hätte gern ein Autogramm von Ihnen.« Damit reichte ich das Telefon hinüber und machte mich wieder an die Arbeit.

17
    Den Rest des Montags über regnete es, und am Abend war die Luft mit Erdgerüchen gesättigt. Schwalben schossen um das Auto herum, als ich in die Bourne Lane einbog. Die Kurve dort ist ziemlich scharf, und ich nehme an der Stelle immer Gas weg – was sich diesmal als Glücksfall erwies, denn eine Frau kniete mitten auf der Straße.
    Die Frau musste meinen Wagen gehört haben, doch sie blickte nicht auf. Sie war alt und starrte wie gebannt auf etwas vor ihr auf der Fahrbahn. Ich fuhr an den Straßenrand und schaltete den Motor aus. Die Frau sprach leise auf einen kleinen Hund ein, der keuchend auf der Straße lag und mit dem ganz offensichtlich irgendetwas nicht in Ordnung war.
    Ich sprang aus dem Wagen. Sie sah mich kommen und streckte mir die Hand entgegen.
    »Oh, schauen Sie sich meinen Hund an«, bat sie mit angestrengter, heiser Greisinnenstimme. »Schauen Sie sich doch bloß meinen armen kleinen Bennie an. Er kann nicht aufstehen.«
    Ich kauerte mich neben ihr nieder. Der arme kleine Bennie war ebenfalls hochbetagt, ein rauhaariger Border Terrier. Er sah aus, als wäre er schwer krank: Seine Augen waren trübe und starrten blicklos, seine Haut war wächsern und er atmete viel zu flach.
    »Ist er verletzt?«, wollte ich wissen. »Ist er angefahren worden?«
    »Nein«, beteuerte die Frau. »Er ist einfach zusammengebrochen. Er ist stehen geblieben und umgefallen. Ich kann ihn nicht hochheben.«
    Border Terrier sind winzige Hunde, doch die Frau sah sehr gebrechlich aus.

    »Bringen wir ihn nach Hause«, sagte ich und erhob mich. »Da kann ich ihn mir genauer ansehen. Können Sie aufstehen?« Beim Sprechen

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