Schlangenhaus - Thriller
Pflege mitgenommen. So langsam werde ich ein richtiger Reptilienfachmann.«
Plötzlich verspürte ich einen Stich. Ich wusste nicht, warum, aber ich war enttäuscht. Dass er sich Bücher auslieh, hatte nichts mit mir zu tun; er versuchte lediglich, das Schlangenproblem des Dorfes in den Griff zu bekommen. Während ich dasaß, auf die Tischplatte starrte und mir blöd vorkam, erhob er sich.
»Ich gehe dann wohl lieber«, meinte er und strebte auf die
Tür zu. »Wen wollen Sie wegen der Schlangenhaut befragen, die wir heute Abend gefunden haben?«
»Ach, einen Mann namens Sean North. Er wohnt ganz in der Nähe. Er ist –«
»Ich weiß, wer er ist.«
Ich wartete. Irgendetwas in Matts Gesicht war starr geworden. »Hat er den Taipan?«, wollte er wissen.
»Ja«, antwortete ich und verspürte ein nervöses Kribbeln, so wie in der Schule, wenn man zum Direktor gerufen wird. »Ist das ein Problem?«
Er schien darüber nachzudenken. »Wahrscheinlich nicht«, sagte er nach einem Moment des Zögerns. »Kennen Sie ihn schon lange?«, fragte er dann und sah mich eingehender an, als geboten schien. Ich schüttelte den Kopf.
»Ich habe ihn Samstag zum ersten Mal gesehen«, erwiderte ich. »Aber ich wüsste wirklich niemanden, der sich besser mit Schlangen auskennt.« Matt stand in der Tür, eine Hand auf der Klinke. Es war lächerlich, ich war nicht ganz bei Trost, aber ich stellte fest, dass ich nicht wollte, dass er ging.
»Danke für Ihre Gesellschaft in dem gruseligen Haus«, sagte er. »Sie sagen mir doch so schnell wie möglich Bescheid wegen der Schlangenhaut, nicht wahr?« Und dann war er fort.
24
Der Wecker klingelte zur üblichen Zeit und zerrte mich aus traumlosem Schlaf in einen Nebel beispielloser Traurigkeit. Ich lag im Bett, etwas, das ich normalerweise niemals tue, wenn ich einmal wach bin, lauschte halb den Vögeln draußen und empfand ein vollkommen unerklärliches Gefühl des Verlustes. Es ging weit über die Trauer um meine Mutter hinaus. Fünfzehn, vielleicht zwanzig Minuten verharrte ich so und fragte mich, ob ich an diesem Tag überhaupt würde aufstehen können. Oder überhaupt jemals wieder.
Doch ich stand auf – alte Gewohnheiten und all das – und ging nach unten. Mir war klar, dass irgendetwas anders war, irgendetwas stimmte nicht, doch ich konnte nicht genau sagen, was. Dann wusste ich es. Im Haus war es viel zu still.
Der Käfig der Schleiereulenküken stand wie gewöhnlich auf dem Küchentisch. Der Deckel lag daneben, nicht obendrauf, wie es eigentlich hätte sein sollen. Kein Laut war aus dem Käfig zu hören. Während der letzten zehn Tage hatte ich beim Aufwachen stets das Gezeter der Jungvögel vernommen, die nach ihrem Frühstück schrien. Heute Morgen waren sie still. Ich warf einen Blick zur Hintertür. Die Riegel, die ich angebracht hatte, waren alle vorgeschoben. Dann ging ich zur Haustür. Abgeschlossen und verriegelt. Ich kehrte in die Küche zurück, und obgleich ich eigentlich gar nicht sehen wollte, was sich in dem Käfig befand, ging ich näher heran, bis ich über den Rand spähen konnte.
Es war fast eine Erleichterung, dass er leer war. Ich trat zurück und schaute mich genauer in der Küche um; als hätten die Küken vor der Zeit Fliegen gelernt, doch sie waren nicht
da. Rasch ging ich durchs ganze Haus. Die Türen und Fenster waren alle geschlossen und verriegelt.
Wer in aller Welt stiehlt Eulenküken? Und wie hatte er das gemacht? Als ich zu Bett gegangen war, hatten die Küken in ihrem Käfig gehockt, und auch um drei Uhr früh, als ich aufgestanden war, um sie zu füttern. Alle Türen und Fenster meines Hauses waren verschlossen gewesen. Und doch war jemand hineingelangt – schon wieder. Ich glaubte wirklich nicht an Gespenster, absolut nicht. Aber irgendwann im Laufe der Nacht waren meine Eulenküken verschwunden.
Natürlich meldete ich ihr Verschwinden der Polizei. Der Beamte, der meinen Anruf entgegennahm, war zwar höflich, maß dem Vorfall jedoch offenkundig keine besondere Bedeutung bei. Auf jeden Fall wurde keine große Bereitschaft an den Tag gelegt, einem zweiten Einbruch nachzugehen, der niemals stattgefunden hatte.
Matt hatte ich nicht angerufen. Ich brauchte keine Expertin für Humanpsychologie zu sein, um zu wissen, dass die depressive Stimmung, mit der ich aufgewacht war, irgendwie mit ihm zusammenhing. Matt Hoare tat mir einfach nicht gut.
Ein Ansturm von Neuzugängen in der Klinik hatte mich bis nach sieben Uhr abends in Atem gehalten. Als
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