Schlangenjagd
Ende.«
»Danke gleichfalls, Death Valley Scotty, ebenfalls Ende.«
Obwohl er nicht damit rechnete, noch einmal von seinen Männern zu hören, ließ Juan sein Funkgerät für alle Fälle eingeschaltet.
Um die Zeit in der Luft auszudehnen und damit die über dem Boden zurückgelegte Distanz zu verlängern, musste Cabrillo den Gleitschirm derart extrem fliegen, dass er jeden Moment abzuschmieren drohte. Er musste die Leinen, die die aerodynamische Form des Schirms bestimmten, bis zu seiner Taille herunterziehen. Dies erforderte Kraft und Koordinationsvermögen, aber vorwiegend war ein eiserner Wille dazu nötig, die Kälte und die Schmerzen zu ignorieren, die sich in seinen Schultern zu melden begannen, sich über seinen Rücken ausbreiteten und schließlich sogar zu Krämpfen seiner Bauchmuskulatur führten.
Während er langsam abwärtsschwebte und der Willkür des Windes ausgeliefert war, schweifte Juans Blick über die kahle Wüste unter sich. Aus dieser Höhe konnte er unendlich weit blicken, aber wohin er auch schaute, die Einöde blieb dunkel. Er konnte keine erleuchteten Ortschaften, keine Lagerfeuer entdecken. Da war nichts als Dunkelheit, so grenzenlos wie der Ozean.
Als er die Zehntausendfußmarke erreichte, rutschte ihm die rechte Steuerleine aus der Hand. Der Fallschirm beschrieb augenblicklich eine scharfe Kurve, die ihn sofort schneller sinken ließ und seinen Körper in heftige Pendelbewegungen versetzte. Er ließ die rechte Leine nach, um die Kurve abzubrechen, und ergriff nun die linke Steuerleine wieder. In diesen aufregenden Sekunden glaubte er, weit zu seiner Linken etwas Ungewöhnliches bemerkt zu haben, doch als er erneut in diese Richtung schaute, vermochte er nichts dergleichen zu erkennen.
Wohl wissend, dass es ein Fehler sein konnte, ließ er die Steuerleinen los und griff nach seiner Brusttasche, in der sich ein Etui mit einer Nachtsichtbrille befand. Er riss sich die Schutzbrille und die Sauerstoffmaske vom Gesicht, die er nun nicht mehr brauchte, und setzte schnell die Nachtsichtbrille auf. Dann zog er die Steuerleinen wieder herunter, um seinen Sinkflug abzubremsen.
Die Wüste verwandelte sich mit Hilfe der Licht verstärkenden Brille aus einer matten Khakifarbe in ein irisierendes Grün, und das Objekt, das ihm aufgefallen war, entpuppte sich als kleiner Fahrzeugkonvoi, der die Wüste durchquerte. Sie entfernten sich von Cabrillo, und nur der erste Wagen hatte die Schweinwerfer eingeschaltet. Die schwachen Lichtstrahlen wurden gelegentlich von den Dünen reflektiert, während die anderen Fahrzeuge ihrem Führer unbeleuchtet folgten. Sie waren auch viel zu weit von ihm entfernt, als dass er sie bei seiner augenblicklichen Flughöhe irgendwie hätte erreichen können, aber er wusste, dass sie irgendwann anhalten würden.
Er korrigierte seinen Gleitweg, schwebte in einem weiten Bogen wie ein Raubvogel auf Beutesuche durch die Luft und folgte der Karawane, die sich stetig weiter von ihm entfernte. Nach nur zwei Minuten konnte er den Konvoi schon nicht mehr sehen, und der einzige Beweis, dass die Fahrzeuge tatsächlich existierten, waren die Reifenspuren, die sie hinterlassen hatten.
Cabrillo blieb so lange er konnte in der Luft – laut seiner Uhr immerhin zwanzig Minuten. Am Ende aber musste er doch landen. Das Gelände unter ihm bestand aus nichts anderem als endlosen Sandwellen, Dünen, deren Kämme und Täler sich mit der Regelmäßigkeit einer ozeanischen Dünung abwechselten. Er stellte den Fallschirm auf, kurz bevor er den Boden berührte, und bremste den Flug absichtlich ab, sodass seine Landegeschwindigkeit ein gemütliches Spaziertempo war und er es schaffte, auf den Beinen zu bleiben.
Indem er die Luft so schnell wie möglich aus der Schirmkappe drückte, raffte Juan den Nylonstoff zu einem dicken Bündel zusammen, damit der Wind ihn nicht vor sich her treiben konnte. Er hakte die Gurte los und ließ erleichtert den Fallschirmsack und die wenige Ausrüstung, die er bei sich hatte, fallen. Sein Oberkörper schien in hellen Flammen zu stehen, ein Schmerz, der sich erst nach Tagen legen würde, obwohl er schon jetzt eine Idee hatte, die weitere extreme Belastungen seiner gepeinigten Muskulatur zur Folge haben würde.
Er war nur wenige Schritte von den Reifenspuren der Wagenkarawane entfernt gelandet. Während er einen Schluck Wasser aus seiner Feldflasche trank, fiel ihm auf, dass die Spuren sehr weit auseinander verliefen und dass die Reifen, die sie hinterlassen hatten,
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