Schlangenjagd
Israel in die Luft zu sprengen, Cabrillo hatte das alles schon erledigt.
Wenn also jemand fähig war, sie aus diesem Höllenloch herauszuholen, auch wenn ihm lediglich zwei Stunden Zeit bis zum Sonnenaufgang blieben und er nur über begrenzte Ressourcen verfügte, dann war Juan derjenige. Dessen war sich Eddie ganz sicher.
Der Lichtstrahl einer Taschenlampe stach aus dem Dunkel und blendete Cabrillo. Hinter dem grellen Schein hörte er ganz deutlich das Geräusch von Gewehrschlössern, die gespannt wurden. Er lag äußerst still da. In den nächsten Sekunden würde sich entscheiden, ob er am Leben blieb oder starb. Einer der Männer kam näher und hielt Juan mit einem großen Revolver in Schach. Wenn er sich nicht gewaltig irrte, dann war es ein alter Webley. Der Mann, der ihn in der Hand hielt, war älter als Juan, sicherlich schon beinahe fünfzig, mit weißen Strähnen zwischen den krausen Locken auf seinem Kopf und einer zerfurchten Stirn.
»Wer sind Sie?«, fragte er misstrauisch.
»Mein Name ist Juan Rodriguez Cabrillo.« Dem Alter des Mannes nach zu urteilen und auf Grund der Tatsache, dass sie alle bewaffnet und in Richtung der
Oase
unterwegs waren, riskierte Juan sein Leben, indem er fortfuhr: »Ich will Ihnen helfen, Moses Ndebele zu befreien.«
Die Faust des Mannes spannte sich um die antike Pistole. Dabei war der Ausdruck seiner Augen in dem wechselnden Licht nicht zu deuten.
Juan fuhr fort und betete im Stillen, dass er sich hinsichtlich der Identität der Gruppe nicht täuschte. »Drei meiner Männer sind zur Zeit im Gefängnis. Sie versuchten, einen amerikanischen Geschäftsmann zu befreien, als sie von den Soldaten, die Moses Ndebele bewachen, überrumpelt und gefangen genommen wurden. Einer meiner Männer konnte fliehen und wartet mit einem Flugzeug etwa siebzig Kilometer vom Gefängnis entfernt. Wenn ich meine Leute retten kann, bin ich auch bereit, Ihnen dabei zu helfen, Ihren Führer zu befreien.«
Die Pistole blieb auf ihn gerichtet und schwankte keinen Millimeter. »Wie haben Sie uns gefunden?«
»Mein Hauptfallschirm hat versagt, und als ich am Reservefallschirm herunterkam, sah ich Ihre Scheinwerfer. Ich habe mir einen Para-Ski gebastelt und bin Ihnen gefolgt.«
»Ihre Geschichte ist wirklich seltsam genug, um wahr zu sein.« Der Mann ließ die Pistole sinken und sagte etwas in seiner Muttersprache. Ein anderer Afrikaner trat vor und holte ein Messer aus der Tasche.
»Nur damit Sie Bescheid wissen, ich habe eine Glock Automatik in einem Halfter und eine MP-5-Maschinenpistole mit einem Gurt auf dem Rücken.«
Der Mann mit dem Messer blickte zum Anführer der Gruppe hinüber. Dieser nickte, und der zweite Afrikaner machte einen Schnitt durch das Nylongewirr, sodass Juan seinen ersten freien Atemzug tun konnte, seit er den Steilhang der Düne hinabgestürzt war. Er stand langsam auf und achtete darauf, dass seine Hand der Glock in ihrem Halfter nicht zu nahe kam.
»Danke«, sagte er und streckte eine Hand aus. »Nennen Sie mich Juan.«
»Mafana«, sagte der Häuptling des Ganzen und umklammerte zu Begrüßung Cabrillos Daumen in einer traditionellen Begrüßungsgeste. »Was wissen Sie von unserem
baba,
unserem Vater, Moses Ndebele?«
»Ich weiß, dass er schon sehr bald vor Gericht gestellt und anschließend hingerichtet werden soll, und wenn das geschieht, dann ist jede Chance, die Regierung zu stürzen, für Sie verloren.«
»Er ist der erste Führer, der die beiden größten Stämme, die Matabele und die Mashona, zusammengebracht hat«, sagte Mafana. »Während unseres Unabhängigkeitskriegs bekleidete er den Rang eines Generals, noch ehe er dreißig Jahre alt wurde. Aber nach dem Krieg betrachtete die herrschende Elite seine Popularität als Bedrohung für ihre Macht. Er wurde eingesperrt und oft gefoltert. Diesmal haben sie ihn seit zwei Jahren in Gewahrsam und werden ihn töten, wenn wir ihn nicht befreien.«
»Wie viele Männer haben Sie?«
»Dreißig. Alle von uns haben unter Moses gedient.«
Juan blickte in die Gesichter der Männer. Keiner von ihnen war unter vierzig, doch in ihren Augen flackerte ein stiller Hunger, gepaart mit dem Selbstvertrauen von Männern, die zusammen in einem Krieg gekämpft hatten und bereit waren, ihr Leben noch einmal für die gleiche Sache zu riskieren.
»Können Sie Ihr Auto reparieren?«, fragte er und machte einen Schritt vorwärts, wobei er jedoch vergaß, dass er noch immer mit der Plastikplatte aus dem Tragesack des Hauptfallschirms
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