Schlangenjagd
Information weitergab. »Mir kommt es so vor, als geriete alles nach und nach außer Kontrolle. Ich weiß nicht, was ich tun soll.«
»Zuerst einmal beruhige dich, Nina.« Singer machte einen tiefen Atemzug, um seine eigenen Nerven zu beruhigen und sich zu überlegen, wie er die Situation bewältigen sollte. Dampf stieg von den Mangrovensümpfen draußen vor dem Schuppen auf, in dem er schlief, und der auf einer Seite offen war. In der Nähe seufzte einer der afrikanischen Söldner im Schlaf, während in der Ferne Abfackelkamine der zahlreichen Ölfirmen so viele Flammen in den Himmel schleuderten, dass es aussah, als ob die ganze Welt brannte. Der Anblick von so viel Umweltschädigung machte ihn ganz krank.
»Was soll ich tun?«, fragte Nina.
Singer betrachtete das Leuchtzifferblatt seiner Uhr, bis er erkannte, dass es vier Uhr dreißig morgens war. Ehe er eingeschlafen war, hatte er sich die jüngsten Wettervorhersagen angesehen. Sie zeigten, dass der Sturm, der sich über dem mittleren Atlantik zusammenbraute, wahrscheinlich in diesem Jahr der zehnte wäre, der mit einem Namen versehen würde, und alles deutete darauf hin, dass er sich zu einem furchtbaren Hurrikan steigerte.
Die
Oase des Teufels
zu benutzen, um seinen ehemaligen Partner einzusperren und seinen Geist ein wenig durcheinanderzubringen, war erst Phase eins gewesen. Sie vertrieben sich nur die Zeit, bis ein heftiger Sturm aufzog und Singer den zweiten Teil seiner Operation in Angriff nahm. Da sich die Natur selbst so kooperativ zeigte und sich auch die Heizaggregate, die er im Jahr 2004 vor der Küste Namibias zum Einsatz gebracht hatte, als hilfreich erwiesen, könnte er Merrick schon gleich morgen früh nach Cabinda ausfliegen lassen.
»Ich schicke morgen ein Flugzeug, um dich zu holen«, sagte er.
»Hm«, begann Nina und verstummte dann.
»Was ist?«
»Dan, sie wollen die drei Mitglieder des Befreiungstrupps bei Tagesanbruch erschießen. Wir alle haben darüber diskutiert, und keiner von uns will auch nur in der Nähe sein, wenn das geschieht. Die Stimmung ist im Augenblick sehr schlecht. Der Chef der Wachen glaubt immer noch, dass eine Gruppe hierher unterwegs ist, um Ndebele zu befreien, und keine der Frauen, ich eingeschlossen, fühlt sich in der Nähe dieser Männer besonders wohl, wenn du weißt, was ich meine.«
Singer dachte kurz nach. »Okay, es gibt einen Ort etwa achtzig Kilometer östlich von euch entfernt. Der Pilot, der mich das erste Mal zur
Oase
brachte, hat mir davon erzählt. Der Name fällt mir nicht mehr ein, aber man kann ihn auf der Landkarte sehen. Es ist jetzt eine Geisterstadt, aber dort gibt es einen Flugplatz. Ich rufe den Piloten in Kinshasa an und weise ihn an, dass er im ersten Morgengrauen starten soll. Nehmt einen der Lastwagen, und wartet dort auf ihn. Er müsste irgendwann kurz vor Mittag eintreffen.«
»Danke, Danny. Das ist absolut perfekt.«
Singer unterbrach die Verbindung. Er hatte Besseres zu tun, als jetzt wieder einzuschlafen. Jahre sorgfältiger Planung lagen hinter ihm. Um wie viel einfacher wäre es gewesen, wenn er von seinem Vermögen nicht so viel weggegeben hätte, nachdem er Merrick gezwungen hatte, ihn auszubezahlen. Er hätte ganz einfach zahlen können, was er brauchte, und die Notwendigkeit so vieler schwieriger Schritte ignorieren können.
Aber während er sich an einen Pfosten lehnte und das höllische Leuchten des Ölfeldes betrachtete, wusste er, dass das Schwierige an dieser Operation ihren Erfolg um so süßer schmecken ließ. Es gab keinen Ersatz für harte Arbeit. Und vielleicht war dies auch der Grund, weshalb er die meisten seiner Milliarden verschenkt hatte. Sie waren ihm zu einfach zugefallen. Er und Merrick waren gerade Anfang zwanzig gewesen, als sie sich ihre Steinkohle-Skrubber hatten patentieren lassen. Sicher, sie hatten viele Stunden gebraucht, um das System zu perfektionieren, aber das war nichts im Vergleich mit der Lebenszeit, die man brauchte, um so viel Reichtum und Erfolg zu verstehen und zu würdigen.
Weil er so hart gearbeitet hatte, um diese Operation auf die Beine zu stellen, konnte er den Erfolg auch umso intensiver auskosten. Die Opfer, die Mühen und Entbehrungen machten seinen endgültigen Sieg für ihn wertvoller als alles Geld, das er in seinem vorangegangenen Leben aufgehäuft hatte. Und dass dies alles nur zum Segen der Menschheit geschah, machte es noch besser.
Er fragte sich – und das nicht zum ersten Mal – wie viele Leben er wohl rettete,
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