Schlangenjagd
die Türöffnung mit einem Berg großer und kleiner Steintrümmer verschlossen war. Die Staubwolke, die alles einhüllte, verzog sich nur langsam.
Die Wächter konnten nicht mehr ins Gefängnis hinein. Es wurde Zeit, die Kavallerie zu rufen.
Unten auf dem Hof brüllte der kommandierende Offizier aus Leibeskräften, um seine Männer auf sich aufmerksam zu machen. Der Angriff hatte sie wie tollwütig reagieren lassen, und abgesehen von dem einen Unteroffizier, der erkannt hatte, dass der Angriff kein anderes Ziel hatte, als sie auf dem Paradeplatz zu isolieren, schienen sich die Männer nicht im Geringsten darüber im Klaren zu sein, dass sie sich auf einem potentiellen Schlachtplatz befanden. Jeden Moment rechnete er damit, dass Schützen vom Dach aus das Feuer eröffneten und seine Soldaten niederstreckten wie Lämmer auf der Schlachtbank.
Er suchte drei seiner kleinsten Leute aus, schlanke junge Männer, die durchaus eine Chance hatten, sich durch einen der zerstörten Eingänge zu schlängeln und Moses Ndebele zu töten, ehe ihn die Angreifer herausholen könnten. Er wies außerdem einige Männer an, das Haupttor des Gefängnisses zu öffnen, dabei aber vorsichtig zu Werke zu gehen: für den Fall, dass weitere feindliche Soldaten draußen warteten. Da mit so vielen Waffen geschossen wurde, war es unmöglich, irgendeinen Alarm zu hören, der anzeigte, dass jemand Unbefugtes in das Gefängnis eingedrungen war.
Er gab ein zufriedenes Knurren von sich, als er gewahrte, dass einer seiner Offiziere versuchte, eine lange Röhre gegen die Dachtraufen zu lehnen, damit Männer daran emporklettern und aufs Dach gelangen konnten. Sobald das obere Ende in einer Nische zwischen zwei Brustwehrhälften lag, huschte ein Soldat auf nackten Füßen und mit der Beweglichkeit einer Spinne, dazu ein AK-47 auf dem Rücken, das Rohr hinauf.
Eddie entdeckte den Soldaten, der an dem Rohr emporkletterte, zu spät. Er hatte nur wenige Sekunden, um zu zielen, ehe der Mann den oberen Mauerrand erreichte und verschwand. Da sein Blickfeld durch das Fahrgestell des Lastwagens aber stark eingeengt wurde, warf er sich auf den Rücken, um bessere Sicht zu haben, und hob den Lauf des AK-47 an, um einen halbwegs genauen Schuss abzufeuern. Er war kurz davor abzudrücken, als der Mann verschwand – und er seinen Zeigefinger wütend entspannte. Es hätte keinen Sinn, blindlings zu schießen und ihre Position zu verraten. Juan würde mit dieser neuen Bedrohung allein fertig werden müssen. Eddie schob sich tiefer in den Schatten des Lastwagens. Mike legte eine Hand auf seine Schulter. Es war eine freundschaftliche Geste, mit der er ihm sagen wollte, dass er nichts hätte tun können.
Das tröstete ihn jedoch nur wenig.
Cabrillo beugte sich über das Rohr des Granatwerfers und lud seine vorletzte RPG. Alles, was er jetzt noch tun musste, war das Haupttor aufzusprengen, sodass Mafana und seine Männer das Gefängnis stürmen und ihn befreien und er sich auf die Suche nach Ndebele und Geoffrey Merrick machen konnte. Er ließ die Granate einrasten und erhob sich.
Die Sonne stand immer noch dicht über dem Horizont, und die Schatten, die sie erzeugte, waren derart verlängert, dass unmöglich festzustellen war, zu was sie gehörten. Der Schatten allerdings, der plötzlich dicht neben ihm erschien, war vor einer Sekunde noch nicht dort gewesen. Juan drehte sich blitzartig und gerade noch rechtzeitig, um einen der Wächter zu entdecken, der mit dem Rücken zum Hof vor ihm stand, mit seinem AK auf ihn zielte und abdrückte. Die Gewehrmündung verschwand in einem grellen Blitz, der sich direkt in sein Gehirn zu brennen schien.
Juan tauchte jedoch nach links weg, prallte mit der Schulter auf das Holzdach, und ehe sich der Wächter auf die Tatsache einstellen konnte, dass sein Opfer der Attacke entgangen war, hatte er den Granatwerfer an der Hüfte angelegt. Er drückte ab und zielte eher nach Instinkt als nach Sicht.
Die Rakete sprang in einer heißen Gaswolke aus dem Lauf. Der Körper des Wächters bot nicht genug Widerstand, um den Sprengkopf auszulösen, als er sich in seine Brust bohrte, aber die kinetische Energie des fünf Pfund schweren Projektils, das mit tausend Fuß pro Sekunde unterwegs war, richtete mehr als genug Schaden an. Mit Rippen, die bis zur Wirbelsäule verschoben worden waren, wurde der Wächter wie eine Lumpenpuppe vom Dach herabgeschleudert. Er landete in einer Gruppe seiner Kameraden, zehn Meter von der Mauer entfernt, auf deren
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