Schlangenjagd
Sobald er eine der Türen, die ins Gefängnis führten, in diesem doch recht ungenauen Visier des Raketenwerfers hatte, betätigte er den Abzug und war in diesem Augenblick auch schon wieder in Bewegung, als die Rakete das Abschussrohr verließ. Der Raketenantrieb zündete und versengte seinen Handrücken, während Juan dorthin rannte, wo er das nächste Projektil bereit gelegt hatte.
Eine weiße Dampfspur hinter sich her ziehend, raste der fünf Pfund schwere Gefechtskopf durch den Innenhof und explodierte dicht über der Tür, die zu den ehemaligen Baracken des Gefängnisses führte. Die Explosion des Geschosses sprengte den Türsturz und bewirkte, dass die Mauer darüber teilweise einstürzte. Lose Steine ergossen sich in die Öffnung, bis sie vollständig blockiert war.
Als Eddie das Fauchen des zündenden Raketenmotors hörte, drehte er sich herum und trat dem Wächter, der ihn fesseln wollte, seitlich hart genug gegen den Kopf, um ihn gut zwei Meter zurückzuschleudern. Dann ging er zu dem Soldaten, der das Taschenmesser gefunden hatte. Eddie setzte einen Fuß hinter die Beine des Mannes und bewegte sich weiter vorwärts. Obgleich der Wächter einige Zentimeter größer war als er, lag das Überraschungsmoment auf Eddies Seite, und er hatte keine Mühe, ihn zu Fall zu bringen.
Sie stürzten in dem Moment zu Boden, als die Rakete vor der Gefängniswand explodierte. Da seine Hände auf dem Rücken gefesselt waren, nutzte Eddie die Sturzbewegung aus, um sein Kinn hart genug gegen den Hals des Soldaten zu rammen, um ihm den Kehlkopf zu zerquetschen. Da seine Atemwege schlagartig versperrt waren, würgte der Soldat und warf sich hin und her. Dabei griff er sich an die Kehle, als könnte er sie von außen wieder öffnen.
Eddie rollte sich von ihm herunter und streckte die Hände nach seiner Hosentasche aus, konnte jedoch wegen der spastischen Verrenkungen des Soldaten nicht hineingreifen. Er ertastete die Konturen von Cabrillos kleinem Taschenmesser durch den Tarnstoff und riss in einem letzten verzweifelten Versuch das Messer einfach an sich. Zusammen mit einem Fetzen Stoff hielt er es schließlich in der Hand.
Eine zweite RPG zischte durch das offene Stück Himmel über dem Innenhof. Eddie achtete zwar nicht darauf, wo sie einschlug, doch er vermutete, dass Juan systematisch alle Eingänge des Gefängnisses verschloss. Er hebelte die Messerklinge heraus. Ski begriff offensichtlich, was gerade geschah, denn er saß bereits keinen halben Meter von Eddie entfernt auf dem Boden und wandte ihm den Rücken zu. Seng rollte sich so zu ihm hinüber, dass sie Rücken an Rücken saßen, und zerschnitt die Plastikfessel auf dem Rücken des athletischen Polen.
Ski nahm das Messer und durchtrennte Eddies Plastikhandschellen. Um keine Sekunde Zeit zu vergeuden, rollte sich Seng von Ski weg, wobei er wusste, dass der Exledernacken Mike Trono sofort befreien würde. Endlich in der Lage, wieder seine Hände einsetzen zu können, verschaffte sich Eddie ein AK-47 von einem der verwirrten Wächter – mit einem Schlag auf seinen Hinterkopf. Anders als bei Susan Donleavy bremste er den Schlag diesmal nicht ab. Der Soldat war schon tot, ehe sein Körper in den Staub sank.
Eddie kreiselte herum und sah, wie ein Wächter mit seinem Gewehr dorthin zielte, wo Ski soeben damit beschäftigt war, Mikes Fesseln zu durchschneiden. Eddie streckte ihn mit zwei Kugeln nieder, die ihn rücklings gegen mehrere seiner Kameraden warfen. Die Schüsse waren von den Maschinengewehrsalven überlagert worden, die jetzt auf die Schutzwälle des Gefängnisses abgefeuert wurden. Zwanzig oder mehr Gewehre feuerten auf die Brustwehren und hüllten die niedrigen Mauern in eine einzige Wolke aus Steinsplittern und Staub. Eddie rannte auf seine Kameraden zu und gab ihnen mit seinem Gewehr Feuerschutz, bis sie unter einem der Lastwagen, die auf dem Innenhof parkten, Deckung fanden.
Während Soldaten die Ost- und Westmauern unter Beschuss nahmen, blieb Cabrillo in Deckung und umrundete das Gefängnis. Während er noch rannte, lud er schon eine weitere RPG. Er erreichte den Schutzwall gegenüber der letzten Tür, die ins Gefängnis führte. Bisher hatte keiner der Wächter seine Strategie, sie auf dem Paradeplatz einzuschließen, durchschaut, aber nur ein einziger scharfsinniger Offizier war nötig, um zu begreifen, was da geschah, und Männer ins Gefängnis zurückzuschicken. Er wusste, dass ihr erster Job darin bestünde, Moses Ndebele zu erschießen. Der
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