Schlangenjagd
Fischermütze auf dem rasierten Schädel. Die Muskeln seiner Brust und seiner Arme schienen die weiße Uniformjacke fast zu sprengen. Ein anderer Mann hielt sich mit ihm auf der Flügelbrücke auf: ein wenig kleiner und nicht so muskulös, war er jedoch eine bei Weitem beeindruckendere Erscheinung als der Kapitän. Seine wachsamen Augen und die Lässigkeit seines Auftretens strahlten Autorität aus. Da die Flügelbrücke etwa drei Stockwerke über dem Kai schwebte, bestand keine Gefahr, dass ihr Gespräch belauscht wurde. Der Kapitän gab seinem Gefährten, der lieber die Soldaten betrachtet hatte, als auf das schwierige Manöver zu achten, einen Stups.
»Es scheint, als sei unser Rebellenführer aus dem Besetzungsbüro geradewegs hierhergeschickt worden, oder, großer Meister?«
»Bis hinunter zu seiner Reitgerte und der Sonnenbrille«, stimmte ihm der Angesprochene zu. »Natürlich sind wir uns aber auch nicht zu schade, den Leuten zu bieten, was sie sehen wollen,
Captain
Lincoln. Die Nummer mit dem Walkie-Talkie war allerdings auch nicht übel.«
Linc betrachtete das Walkie-Talkie in seinen großen Händen. Das kleine Gerät enthielt noch nicht einmal Batterien. Er kicherte verhalten. Als ältestes afroamerikanisches Mannschaftsmitglied war Lincoln vom eigentlichen Schiffskapitän, Juan Cabrillo, ausgewählt worden, um für die Dauer der aktuellen Operation seine Rolle zu spielen. Cabrillo wusste, dass sich der von Samuel Makambo, dem Führer der kongolesischen Revolutionsarmee, zu ihm gesandte Repräsentant um einiges wohler und sicherer fühlen würde, wenn er mit einem Mann zu tun hatte, der die gleiche Hautfarbe besaß wie er selbst.
Linc blickte wieder über das Geländer und nahm zufrieden zur Kenntnis, dass der große Frachter in Position blieb. »In Ordnung«, brüllte er in die Nacht. »Werft die Vorder- und Achterleinen!«
Matrosen am Bug und am Heck führten dicke Taue durch die Klüsen. Auf ein Kopfnicken ihres Kommandanten hin hängten sich zwei der Rebellen ihre Gewehre über die Schultern und schlangen die Taue um Poller, die mit einer dicken Rostschicht bedeckt waren. Winden spannten die Taue, und der große Frachter berührte sacht die alten Lastwagenreifen, die auf der gesamten Länge des Piers angebracht waren und als Fender fungierten. Wasser schäumte weiterhin am Heck des Schiffs auf, während ein rückwärts gerichteter Antrieb aufrechterhalten wurde, um der Strömung zu trotzen. Ohne diese Maßnahme hätte das Schiff sicherlich die Poller aus dem verfaulenden Holzpier herausgerissen und wäre stromabwärts davongetrieben.
Cabrillo nahm sich nur einen kurzen Augenblick Zeit, um die Stationen des Frachters zu überprüfen, und erfasste ihre Position, die Strömungsverhältnisse des Flusses, die Windverhältnisse, die Ruderstellung und die Leistung der Maschinen mit einem Blick. Mit dem jetzigen Zustand des Schiffs zufrieden, nickte er Linc zu. »Dann lass uns mal zum Geschäftlichen kommen.«
Die beiden begaben sich auf die Kommandobrücke. Der Raum wurde von zwei roten Nachtlichtern erhellt, die eine höllenhafte Atmosphäre in ihm schufen und seinen heruntergekommenen Zustand noch deutlicher hervortreten ließen. Die Fenster waren innen mit Staub bedeckt und draußen mit dicken Salzkrusten umrahmt. Die Fensterbänke dienten als Massengrab aller möglichen Insektenarten. Ein Zeiger des fleckigen Messingmaschinentelegraphen war abgebrochen, und am Ruderrad fehlten mehrere Speichen. Das Schiff verfügte nur über wenige moderne Navigationshilfen, und das Funkgerät in der winzigen Kabine hinter der Kommandobrücke hatte eine Reichweite von höchstens zwanzig Kilometern.
Cabrillo nickte dem Steuermann, einem konzentriert wirkenden Chinesen Anfang vierzig, zu, und dieser reagierte darauf mit einem knappen Lächeln. Cabrillo und Franklin Lincoln stiegen über eine Reihe von Treppengängen, die nur sehr sparsam von schwachen Glühbirnen, die durch Metallkörbe geschützt waren, erhellt wurden. Sie erreichten schnell das Hauptdeck, wo ein anderes Mannschaftsmitglied auf sie wartete.
»Bist du bereit, den Dschungeljuwelier zu spielen, Max?«, begrüßte ihn Juan.
Mit vierundsechzig Jahren war Max Hanley das Zweitälteste Mitglied der Truppe und zeigte erst jetzt Spuren seines Alters. Von seinem Haar war nur noch ein schütterer Kranz um seinen Schädel übrig, und um die Hüften war er ein wenig fülliger geworden. Aber er stand in jedem Kampf mehr als seinen Mann und blieb Juan Cabrillo
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