Schlangenjagd
paar leicht ersetzbare Fensterscheiben zu zerstören.
Von achtern fügten die näher kommenden Patrouillenboote den hämmernden Rhythmus ihrer Kaliber-.50-Geschütze dem allgemeinen Lärm hinzu. Um zum vereinbarten Treffpunkt zu gelangen, lag die
Oregon
hoch im Wasser, da die seitlich gelegenen Ballasttanks, die eine schwere Fracht vorgaukeln sollten, leer gepumpt worden waren. Dies gestattete den Kanonieren, die den Fluss herunterkamen, einen ungehinderten Blick auf ihr Steuerruder. Sie konzentrierten ihr Feuer auf die Ruderachse – nämlich in der Hoffnung, sie vom Steuergestänge zu trennen und das große Schiff hilflos der Strömung auszusetzen. Bei einem gewöhnlichem Schiff wäre diese Strategie vernünftig gewesen. Wenn nötig – zum Beispiel unter den wachsamen Blicken misstrauischer Hafenbediensteter – konnte das Ruder der
Oregon
das Schiff alle Manöver durchführen lassen, allerdings erhielt sie ihre Manövrierfähigkeit von den entsprechend ausgerichteten Impulsdüsen, die sich bestens geschützt unterhalb der Wasserlinie befanden.
Eric Stone ignorierte die Attacke von achtern und beobachtete stattdessen mittels der schiffseigenen Fernsehüberwachung die eisernen Poller auf dem Kai. Die Taue spannten sich, während sich das Schiff weiter vom Kai entfernte. Zwei besonders eifrige Terroristen rannten zur Heckleine und begannen wie Ratten daran hochzuklettern, die Gewehre über die Schultern geschlungen. Stone steigerte den Druck der Heckdüsen. Unter dem Geräusch berstenden verfaulten Holzes wurde der pilzförmige Poller wie ein entzündeter Zahn aus dem Kai herausgerissen. Sein enormes Gewicht ließ ihn wie ein Pendel mit dem Dröhnen einer großen Glocke gegen den Rumpf der
Oregon
schlagen.
Ein Rebell stürzte sofort ab und wurde in die rotierenden Schaufeln des Korrekturtriebwerks am Heck gesogen, als Eric auf Schubumkehr schaltete, um den Kurs des Schiffs zu korrigieren. Alles, was dann auf der anderen Seite auftauchte, war ein dunkler Fleck, der das Wasser rot färbte, ehe er sich in der Flussströmung auflöste. Der andere Soldat schaffte es, sich an dem Tau festzuhalten, während die automatische Winde es aufrollte. Als er die Klüse erreichte, versuchte er an Bord des Schiffs zu klettern, wo er von Eddie Seng und Franklin Lincoln aber schon erwartet wurde, die seinen Enterversuch auf kleinen Sichtschirmen an ihren Kampfjacken beobachtet hatten.
Eddie war nach seiner vorzeitigen Pensionierung von der CIA zur Corporation gestoßen. Er hatte zwar nicht die gleiche Kampferfahrung wie Linc nach seiner SEAL-Karriere, jedoch machte er dieses Manko mit zielstrebiger Entschlossenheit mehr als wett. Deshalb hatte ihm Juan die Leitung für landgestützte Operationen übertragen und ihn zum Chef der Jagdhunde gemacht, wie Max ihr Kontingent an ehemaligen Mitgliedern der SEALs, Force Recon und Special Forces nannte.
Die Augen des Rebellen weiteten sich, als er versuchte, sich an Deck zu schwingen. Linc betrachtete ihn durch das Visier einer Franchi SPAS-12 Nahkampfschrotflinte, während Eddie die Mündung einer Glock gegen die Schläfe des Soldaten drückte.
»Du hast die Wahl, mein Freund«, sagte Eddie beinahe freundlich.
Der Terrorist ließ die Finger schlaff werden und stürzte in die schäumenden Fluten.
Unten im Operationszentrum beobachtete Eric den zweiten Poller. Trotz des tonnenschweren Zugs weigerte er sich noch, sich aus dem Kai zu lösen. Stattdessen erschienen große Risse im Holz, als die darunterliegenden Planken aus ihrer Verankerung gewuchtet wurden. Ein fünf Meter langer Abschnitt des Kais wurde weggerissen, schleuderte drei weitere Soldaten ins Wasser und bewirkte, dass ein noch größerer Abschnitt des Kais bedenklich ins Schwanken geriet.
»Wir sind frei«, verkündete er.
»Sehr gut«, erwiderte Juan und warf einen Blick auf sein taktisches Display. Die Helikopter waren noch zwei Minuten entfernt und näherten sich mit einer Geschwindigkeit von gut hundertfünfzig Stundenkilometern. Er vermutete, dass die gestohlenen Hubschrauber der Ölbohrfirma sehr groß und von modernster Bauart waren. Bei dem Waffenarsenal, das überall auf dem Schiff versteckt war, wusste Cabrillo, dass sie jeden Soldaten auf dem Kai ausschalten, beide Helis vom Himmel holen und die verfolgenden Patrouillenboote in wertloses Treibgut verwandeln konnten – aber das war nicht der Sinn der Mission, für die sie angeheuert worden waren. »Bring uns auf zwanzig Knoten.«
»Zwanzig Knoten, in
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