Schlangenjagd
sich der Stausee, eine stille, fast spiegelglatte Fläche, die durch einen weißen Streifen reflektierten Mondlichts halbiert wurde. Zu ihrer Rechten gähnte ein dreißig Meter tiefer Abgrund, der in einem Gewirr von Felsklötzen am Fuß des Damms endete.
Als sie das Blockhaus, ein einstöckiges kastenförmiges Betongebäude mit einer einzigen Tür und zwei Fenstern, erreicht hatten, konnten sie dahinter die Schleusentore und das Schützenwehr erkennen, das das Wasser in die Turbinen der Anlage leitete, die sich in einem langgestreckten Gebäude am Fuß des Damms befanden. Im Augenblick strömte gerade genug Wasser durch den Kanal, um die Stadt Mabati mit elektrischem Strom zu versorgen.
Während sich Linc auf der anderen Seite aufbaute, streckte Eddie die Hand aus und versuchte, die Tür des Blockhauses zu öffnen. Sie war fest verschlossen. Eddie deutete auf das Schlüsselloch, als ob er einen Schlüssel dafür besaß, und sah Linc stirnrunzelnd an. Franklin Lincoln war der Experte der Corporation, wenn es darum ging, Schlösser zu knacken, und es gab Gerüchte, dass er einmal sogar auf Grund einer Wette mit Linda Ross in Juan Cabrillos Waffenschrank eingebrochen war. Aber in diesem Augenblick konnte er seinem Partner nur mit einem bedauernden Achselzucken dienen und mit einer Geste andeuten, dass er nichts bei sich hatte, was ihnen hätte weiterhelfen können. Er hatte ganz einfach vergessen, seine Dietriche mitzunehmen.
Eddie verdrehte die Augen und griff in eine der Taschen, die an seinem Gürtel befestigt waren. Er holte eine kleine Menge Semtex Plastiksprengstoff heraus und packte ihn um den Türknauf und drückte einen elektronischen Zünder hinein. Danach zogen er und Linc sich in eine sichere Distanz zurück.
Kurz bevor er die Sprengkapsel zündete, tauchte ein Wächter um die Ecke des Blockhauses auf. Er trug eine dunkle Uniform und hatte eine Taschenlampe und eine Pistole bei sich. Linc zielte automatisch und wollte schon feuern, korrigierte die Einrichtung seines Visiers aber noch. Er schoss dem Wächter die Pistole aus der Hand. Der Mann ging zu Boden. Dabei stieß er Schmerzensschreie aus und drückte den Arm an seine Brust. Linc rannte zu ihm hin, hakte ein Paar Plastikhandschellen von seinem Kampfgeschirr los. Er untersuchte die Wunde schnell, stellte zu seiner Erleichterung fest, dass sie völlig harmlos war, und fesselte dem Wächter Hände und Füße.
»Tut mir leid, Kumpel«, sagte er und kehrte zu Eddie zurück.
Eddie zündete die Ladung. Die Explosion zerriss den Knauf, und Linc stieß die Tür auf, während sich Eddie mit seinem M-4 bereit hielt, um ihm notfalls Feuerschutz zu geben.
Der Kontrollraum, eine Ansammlung von reihenweise angeordneten Anzeigeinstrumenten und Hebeln und Schaltern an den Wänden und Tischen, auf denen veraltete Computer standen, war hell erleuchtet. Die drei Männer der Nachtbereitschaft reckten sofort die Hände in die Luft, als Linc und Eddie in den Raum stürmten und verlangten, jeder solle sich auf den Fußboden setzen. Sie machten entsprechende unmissverständliche Gesten mit ihren Gewehren, und die Männer ließen sich auf den Betonboden sinken, die Augen voll von namensloser Angst.
»Tut, was wir verlangen, und niemand trägt irgendeinen Schaden davon«, sagte Eddie und wusste gleichzeitig, wie abgedroschen dies für die verängstigten Arbeiter klingen musste.
Linc schaute sich schnell im Gebäude um. Dabei fand er einen leeren Konferenzraum hinter dem Kontrollraum und eine wandschrankgroße Toilette, die bis auf eine Kakerlake, so groß wie sein Mittelfinger, ebenfalls leer war.
»Spricht einer von euch Englisch?«, fragte Eddie, während er die drei Afrikaner fesselte.
»Ich«, meldete sich einer. Das Schild an seinem blauen Overall wies ihn als Kofi Baako aus.
»Okay, Kofi, wie ich schon sagte, wir werden euch nichts tun, aber ihr sollt mir erklären, wie man die Notfallfluttore öffnet.«
»Dann läuft der Stausee aus!«
Eddie deutete auf die Telefonanlage. Vier der fünf Kontrolllampen für die Amtsleitungen brannten schon. »Ihr habt eure Vorgesetzten bereits alarmiert, und ich bin sicher, dass sie weitere Leute herschicken. Die Tore werden für nicht mehr als eine Stunde geöffnet. Und jetzt zeig mir, wie sie bedient werden.«
Kofi Baako zögerte eine weitere Sekunde, daher holte Eddie seine Pistole aus dem Halfter und achtete automatisch darauf, dass sie auf keinen der drei Männer gerichtet war. Seine Stimme verwandelte sich von
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