Schlangenjagd
säumten.
Die Sonne brannte auf den Pausenhof, heizte dabei Boden und Mauern auf und wurde so reflektiert, dass die Luft so schwer erschien wie flüssiges Blei.
»Wie geht es unseren Gästen heute?«, fragte Singer, während Nina vor dem Eingang zur Verwaltungszentrale bremste.
»Die Männer aus Simbabwe sind mit ihrem Gefangenen gestern eingetroffen«, antwortete Nina und wandte sich zu ihrem Mentor um. »Ich verstehe noch immer nicht, weshalb sie überhaupt hier sind.«
»Das ist eine taktische Notwendigkeit, fürchte ich. Ein Teil der Abmachung, die es mir gestattet, ohne Visum und all den anderen Müll in Afrika einzureisen, bestand darin, ihnen die Benutzung des Gefängnisses für einen gewissen Zeitraum zu gestatten. Ihr Gefangener ist Chef der wichtigsten Oppositionspartei und wird schon in Kürze wegen Landesverrats vor Gericht gestellt. Die Regierung vermutet zu Recht, dass seine Anhänger ihn befreien und in ein anderes Land schmuggeln wollen. Sie brauchen nur einen Ort, wo sie ihn unterbringen können, bis der Prozess beginnt, und dann wird er nach Harare zurückgebracht.«
»Werden die Leute ihren Befreiungsversuch nicht starten, wenn er zurückkehrt?«
»Der Prozess dauert nicht länger als eine Stunde, und das Urteil wird sofort vollstreckt.«
»Das gefällt mir nicht, Danny. Die Regierung von Simbabwe ist eine der korruptesten in ganz Afrika. Ich denke, jeder, der gegen sie kämpft, steht wahrscheinlich auf der richtigen Seite.«
»Ich stimme dir zu, aber das ist nun mal die Abmachung, mit der ich mich abfinden muss.« Sein Tonfall machte unmissverständlich klar, dass er über dieses Thema kein Wort mehr verlieren wollte. »Was ist mit meinem erlauchten ehemaligen Geschäftspartner? Was treibt er so?«
Nina lächelte spöttisch. »Ich glaube, er fängt allmählich an zu begreifen, welche Auswirkungen seine Erfolge hatten.«
»Gut. Ich kann es kaum erwarten, den Ausdruck im Gesicht dieses selbstgerechten Bastards zu sehen, wenn wir unseren Plan in die Tat umgesetzt haben und er endlich begreift, dass alles seine Schuld war.«
Sie betraten das Gefängnis, und Singer begrüßte seine Leute mit Namen. Während er Merricks Charisma zwar niemals entwickeln würde, war er bei den Aktivisten, die er um sich gesammelt hatte, jedoch als Held angesehen. Er verteilte die drei Flaschen Rotwein, die er mitgebracht hatte, und sie leerten sie während der nächsten halben Stunde. Einer Frau wurde besondere Aufmerksamkeit zuteil, und als er ihr zu Ehren anstoßen ließ, applaudierten die anderen.
Danach begab er sich in das Büro, das früher einmal vom Gefängnisdirektor benutzt worden war, und befahl, Merrick solle aus seiner Zelle heruntergeholt werden. Er verbrachte mehrere Minuten damit, sich zu überlegen, welche Pose er einnehmen sollte, wenn Merrick hereinkam. Er versuchte es damit, sich hinter den Schreibtisch zu setzen, war jedoch mit dem Größenunterschied, der sich daraus ergab, unzufrieden. Daher stellte er sich mit leicht gesenktem Kopf ans Fenster, als trüge er auf seinen Schultern die Last der gesamten Welt.
Einen Moment später führten zwei von Singers Männern Merrick mit auf dem Rücken gefesselten Händen ins Büro. Die beiden hatten sich seit ihrer Trennung nicht mehr von Angesicht zu Angesicht gesehen, aber Merrick war so oft im Fernsehen interviewt worden, dass Singer erkennen konnte, welchen physischen Tribut die letzten Tage Gefangenschaft von seinem ehemaligen Partner gefordert hatten. Vor allem sah er mit Befriedigung, wie die einst so hell leuchtenden Augen nun tief eingesunken waren und ihn mit einem gehetzten Ausdruck ansahen. Aber er konnte kaum glauben, was er jetzt sah: Sie begannen sich aufzuhellen, und erneut spürte er diese hypnotische Ausstrahlung, die Merrick schon immer besessen, und die Singer insgeheim bewundert hatte. Singer musste gegen den Impuls ankämpfen, sich hinzusetzen.
»Danny«, begann Merrick mit ernster Stimme, »ich kann mir keinen anderen Grund denken, dass du all das getan hast, als den, dich bei mir in irgendeiner Weise revanchieren zu wollen. Dazu kann ich dir nur sagen: Du hast gewonnen. Was immer du von mir willst, du sollst es haben, wenn du nur sofort aufhörst. Wenn du die Firma haben willst, so überschreibe ich sie dir auf der Stelle. Wenn du mein Geld willst, dann nenn mir eine Kontonummer, damit ich es dorthin überweisen kann. Ich werde jede Erklärung veröffentlichen, die du von mir verlangst – und werde die Verantwortung für
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