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Schlangenkopf

Schlangenkopf

Titel: Schlangenkopf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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wird das für uns in Ordnung bringen. Aber sonst? Ich werde den Teufel tun und diesem Stapel von Briefen näher treten, die da alle für die Elke eingegangen sind und die samt und sonders ziemlich unangenehm aussehen. Trotzdem, du solltest sie mal durchsehen. Zum Beispiel die Stromrechnung – das wäre vielleicht nicht schlecht, wenn wir die bezahlen würden. Nur …« – mit seinen Händen macht der Bilch eine gegenläufige Bewegung, als wringe er ein imaginäres Handtuch aus – »… dem lieben Herrn Kroppenschmitt sollten wir keine weiteren Bearbeitungsgebühren oder ähnliches mehr auferlegen, das wäre nicht klug. Kennst du eigentlich die Geschichte vom Fenek?«
    André schüttelt den Kopf.
    »Der Fenek ist der Wüstenfuchs, und der lebt von Schnecken, und die gibt es nur an Tamarisken: Das sind so Büsche, und weil wir ja in der Wüste sind, gibt es die nur ganz selten und vereinzelt. Und an jedem Busch findest du vielleicht zehn oder zwanzig oder dreißig von diesen Schnecken. Und weißt du, was der Fenek tut, wenn er einen solchen Busch findet? Er frisst eine Schnecke, nur eine einzige, soviel Kohldampf er auch schiebt, und dann trollt er sich und sucht den nächsten Busch … Und warum tut er das?«
    »Wenn er den Busch leer frisst, gibt es überhaupt keine mehr«, antwortet André, dem nun doch eingefallen ist, dass er diese Geschichte kennt.
    »Richtig«, sagt der Bilch, »und weißt du, was daraus folgt? Dass wir beide bisher keine besonders schlauen Feneks gewesen sind, du nicht und ich auch nicht. Wir haben nämlich unsere Tamarisken leer gefressen, und jetzt müssen wir uns was Neues suchen.«
    »Und was soll das sein?«
    Der Bilch trinkt sein Glas aus und blickt André prüfend an. »Bei dir auf dem Schreibtisch steht so ein Notebook … wo hast du das denn her? Auch von deiner Großmutter?«
    André will antworten, dass er das Ding schon seit Monaten hat. Dass es ihm noch die Elke gekauft hat. Aber wozu soll er dem Bilch etwas vormachen? »Das war auch heute Mittag. Aus einem Einzelzimmer.« Plötzlich sieht er das Krankenbett wieder vor sich, das Bett mit dem Mann darin, und er muss sich kurz auf die Zähne beißen.
    »Ist was?«, fragt der Bilch. »Hat jemand Ärger gemacht?«
    »Kein Ärger. Aber der Mann hat mich angeschaut«, sagt André. »Einen Augenblick war mir fast übel. Dabei hat er gar nichts gesagt. Kein Wort. So, als ob ich mir ruhig das Zeug nehmen soll.«
    »War der schon hinüber?«
    »Nein, ich glaub nicht. Der hat ja geguckt.«
    »Na gut«, meint der Bilch. »Und hast du das Notebook starten können?«
    »Bis jetzt nicht. Aber ich hab eine Idee.« Und er erklärt die Sache mit dem Terminkalender und dem Adressenverzeichnis.
    Zu seiner Enttäuschung zieht der Bilch eine Schnute. »Leute, die ein Notebook haben, die haben ihre Adressen dort gespeichert. Und außerdem haben solche Leute mindestens ein Handy, und da ist ganz selbstverständlich ein Telefonbuch integriert. Und ein sechsstelliges Passwort sollte man sich eigentlich merken können …«
    »Die Elke hat Angst gehabt, dass sie eine Zahl mit vier Stellen durcheinander bringt.«
    »Die Elke! Ja dann …«, meint der Bilch und stemmt sich vom Küchentisch hoch. »Lass mich mal gucken.«
    Sie gehen hinüber in Andrés Zimmer, und der Bilch begutachtet das Notebook, »ein neues, teures Stück«, lobt er und beugt sich zu der Seitenleiste mit den Büchsen, »hat auch schon den genormten einheitlichen Akku, wenn er leer ist, können wir ihn mit dem Kabel von meinem Gerät aufladen, das ist doch schon was.« Er schaltet das Gerät ein, der Bildschirm leuchtet auf und verlangt das Passwort, das ganz richtig sechs Stellen hat. Der Bilch hebt die Schultern und lässt sie wieder sinken, dann wirft er einen Blick auf den Schreibtischstuhl und zieht es vor, sich einfach auf den Boden zu setzen, mit dem Rücken zu Andrés Bett, und beginnt im Schein der Nachttischlampe den schwarzen, in Leder gebundenen Terminkalender durchzublättern.
    »Tut mir leid«, sagt er plötzlich, »ich finde einfach keine Telefonnummer mit genau sechs Stellen. Aber schau dir doch das da an!« Er zeigt André einen Eintrag:
    JM 07747 – 6387
    »Das sind aber auch keine sechs Stellen«, meint André, der sich neben ihn gehockt hat.
    »Natürlich nicht. Aber du kannst als Geheimzahl auch eine Kombination von Zahlen und Buchstaben nehmen – versuch das doch mal: J M sechs drei acht sieben.«
    »Lieber nicht. Was ist, wenn der Typ die Buchstaben in die Mitte

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