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Schlangenkopf

Schlangenkopf

Titel: Schlangenkopf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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herum und richtet die Waffe vage gegen die Tür und drückt ab, aber diesmal rührt sich nichts mehr: Das Magazin ist leer geschossen.
    Mühsam rappelt Berndorf sich vom Boden auf. Plötzlich scheint Ruhe eingekehrt zu sein. Ruhe? Nein, nebenan bellt der kleine weiße Spitz, er ist nicht mehr zu bremsen, vermutlich ist bereits die halbe Straße auf den Beinen … Irgendwo müsste auf dem Boden noch eine andere Pistole herumliegen, denkt er und sieht sich um. Dann hat er sie gefunden, sie liegt fast an der Tür, es müsste Frankensteins Beretta sein, Zlatan braucht sie nur aufzuheben.
    »Es ist gut«, sagt er zu Elfie und nimmt ihr behutsam die kleine Pistole ab. »Gehen Sie jetzt einfach ins Wohnzimmer, machen Sie das Radio an und entspannen Sie sich.«
    Elfie schaut zu ihm hoch, als wäre er nun ganz und gar verrückt geworden. Aber er kümmert sich nicht darum, er legt die Pistole in die Ablage unter dem Narrenspiegel, von dem nun auch nichts mehr übrig ist als ein paar gezackte Scherben, die noch im Rahmen stecken geblieben sind. »Außerdem hat Ihnen da jemand was hinter den Spiegel gesteckt«, fügt er noch hinzu und deutet auf einen großen weißen Umschlag, der links oben im Spiegelrahmen steckt, hinter einer der Scherben, die noch nicht heruntergefallen sind.
    Er bleibt bei Zlatan stehen. »Hier«, sagt er dann, »da liegt noch eine von den Pistolen … falls Sie damit umgehen können, nehmen Sie sie. Dieser Typ, den Olga angerufen hat, könnte noch ums Haus herumschleichen …«
    »Tut er nicht«, antwortet Zlatan. Trotzdem bückt er sich, betrachtet kurz die Beretta und steckt sie sich in den Hosenbund. Dann öffnet er die Tür und zieht sie vollends auf. Wie ein gestrandeter Käfer liegt vor ihnen ein mittelgroßer, etwas dicklicher Mann auf dem Rücken, als sei er zuerst zusammengesunken und dann nach hinten gefallen. Sein Gesicht sieht ratlos aus und erstaunt, und seine drei Augen starren blicklos zum Himmel.
    Das dritte Auge ist ein kreisrundes, nicht allzu großes Loch mitten in der Stirn.
    »Was ist da?«, will Elfie wissen und drängt sich zwischen die beiden Männer. »Was liegt da?«
    »Ein Mann«, antwortet Zlatan gleichmütig.
    »Ist der wegen der kaputten Gasleitung gekommen?« Elfie bückt sich. »Ihh!«, entfährt es ihr. »Ist er tot?«
    »Sieht so aus«, meint Berndorf.
    »Und wer hat das getan?«
    »Wer wohl?«, fragt Zlatan zurück.
    »Aber wer repariert jetzt die Gasleitung?«
    Berndorf sieht sich um. Der Spitz im Nachbarhaus hat sich beruhigt, aber überall in den Häusern der Trajanstraße brennt Licht, es kommt ihm vor, als stünden die Leute an ihren Fenstern oder an den spaltweit geöffneten Haustüren und spähten hinaus. Vor dem Haus steht mit eingeschalteten Lichtern und eingeschaltetem Motor ein goldfarbener Benz aus dem oberen Preissegment.
    »Ich wette, dass die Polizei das für die Arbeit eines Kunstschützen hält«, meint Berndorf. »Übrigens wird die bald hier sein.«
    »Ich will mit denen nicht reden«, sagt Zlatan.
    »Dann haben wir keine Wahl«, gibt Berndorf zurück und geht durch den Vorgarten zu dem Benz.
    O lga, in nachtschwarze bodenlose Tiefe gestürzt, hat sich am Handlauf des Treppengeländers abgefangen und hält sich daran fest, schwer atmend. Über ihr ein Rechteck von Lichtstreifen, das ist die Kellertür. Noch immer wird da oben geschossen. Sie will die Kellertreppe weiter hinab, doch die Füße bleiben an etwas hängen. Es fühlt sich an wie ein Körper, ein jammernder Wehlaut, sie fällt nach vorne, unter ihr liegt wirklich ein Mensch, aber schon ist sie darüber hinweg und hat sich abgerollt und steht wie eine Katze wieder auf ihren Füßen. Sie ahnt eine Mauerkante, die Hand ertastet einen Schalter, Helligkeit flammt auf, ihr Blick fällt auf Beine, darüber ein Rumpf und über dem Rumpf ein blutverschmierter Kopf, kaum erkennt sie die weiße Strähne im schwarzen Haar.
    »Das Bein«, sagt Mattia, »dieser Pazzo hat …«
    Olga blickt sich um, noch immer hat sie ihre Pistole in der Hand, nur ist ihr diese Walther aus dem Bund gefallen, aber darauf kommt es nicht mehr an. Im Kellerflur liegt Luca und versucht sich aufzurichten, die Beine wollen ihm nicht gehorchen, so hilft sie ihm mit der linken Hand auf und schleppt ihn zur Kellertür, »Komm!« flüstert sie, und: »Weiter!« Aber Luca knickt in den Beinen ein und beugt sich zur Kellerwand, Olga lässt ihn los und macht einen Schritt zur Seite, gerade noch rechtzeitig, denn da muss er sich auch schon

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