Schlangenkopf
Bahamas. Ihre Anteile abgegeben haben demnach sowohl die Rheinische Consult als auch Matthaus – so steht es jedenfalls in einer schriftlichen Auskunft, die an Fausser gerichtet ist. Er hat also einen Grund gehabt, das wissen zu wollen. Welchen?
Die nächsten Einträge – zumeist Zeitungsberichte oder Kurzfassungen davon – beziehen sich auf internationale Politik, der Bilch kann nichts damit anfangen, was gehen ihn Israel an und Saudi-Arabien und Taiwan! Oder gar Georgien … Aber dann findet er plötzlich wieder etwas über Jörg Matthaus, es ist offenbar eine aus dem Internet heruntergeladene Notiz eines Wirtschaftsblattes, unter der Überschrift. »Rettung für Thüringer Waffenschmiede« steht da:
Eine Investorengruppe um den Berliner Finanzier Jörg Matthaus hat jetzt die Mehrheit an der Thüringer Steuerungs- und Präzisionstechnik in Suhl übernommen. Das Unternehmen, das ein wichtiger Zulieferer für ferngelenkte Waffensysteme ist, war nach der Wende zunächst von der ehemaligen Eigentümerfamilie erworben worden, hat aber in den letzten beiden Jahren hohe Verluste eingefahren …
Der Bilch schüttelt den Kopf. Wie geht das zu? Da taucht einer auf, kein Mensch hat je von ihm gehört, ist plötzlich Teilhaber an einem Schweizer Unternehmen, das im ehemaligen Jugoslawien merkwürdige Dinge treibt, dann zieht er sich zurück – und hat dabei offenbar so viel Kasse gemacht, dass einen die Zeitungen plötzlich einen Finanzier nennen. Der Bilch liest weiter, jetzt geht es um Kroatien und Ferienparks und die kroatischen Inseln, ein österreichisches Magazin berichtet über einen U-Boot-Stollen, der auf oder vielmehr: unter einer Adria-Insel tief ins Inselgestein hineingetrieben wurde, samt dazugehörigen Bunkern, auf dass die ruhmreiche jugoslawische Volksarmee auch im Falle eines nuklearen Weltkrieges hätte … ja, hätte weiß der Teufel was tun können. Der U-Boot-Stollen war einem Emir von der Golfküste angeboten worden, es war aber offenbar irgendein Haken dabei, so genau will der Bilch das gar nicht wissen, denn ihn interessiert eigentlich nur eine kurze Passage:
Zu der Erklärung der Zagreber Behörden, der U-Boot-Stollen sei selbstverständlich kroatischer Staatsbesitz und stehe nicht zum Verkauf, wollte die angebliche Eigentümerin, die in Kroatien stark engagierte deutsche Privatbank Oheymer & Jaumann, keine Stellungnahme abgeben. Sowohl die Niederlassung in Zagreb als auch die Bankzentrale in München verweigerten unter Verweis auf laufende Verhandlungen jede Stellungnahme …
Der Bilch blickt auf. So also sieht das mit der ertragsstarken und erfolgsorientierten Privatbank aus! Und wer sitzt, wie im Märchen vom Hasen und dem Igel, schon wieder und ganz zufällig deren Aufsichtsrat vor?
D ie Ampel blinkt gelb, der goldfarbene Benz mit den Weißwandreifen biegt ab auf die Stadtautobahn, fädelt sich ein, beschleunigt kurz und rollt dann mit der erlaubten Höchstgeschwindigkeit Richtung Stadtmitte. Der Wagen hat ein Automatic-Getriebe, der Tempopilot ist eingeschaltet, Berndorf lenkt mit der Linken und hat die rechte Hand auf die heruntergeklappte Armstütze gelegt, ein auf den Handteller gepresstes Papiertaschentuch soll die Blutung vollends stillen.
»Sie wollen zurück in die Stadt?«, fragt Zlatan vorsichtig.
»Nein.«
»Aber es ist die Richtung.«
»Ja doch. Aber dieser Wagen ist zu auffällig, wir müssen ihn so schnell wie möglich loswerden«, erklärt Berndorf. »Außerdem wird die Polizei annehmen, dass wir versuchen werden, uns über die Autobahn abzusetzen. Eben deshalb …«
»Ich möchte aber nicht in Frankfurt bleiben«, wendet Zlatan ein. »Lieber nicht …«
»Das wäre auch nicht klug. Zwei der Männer waren heute Abend im Dalmacija Grill«, antwortet Berndorf. »Wir werden deshalb dieses verdammte Auto in einer Tiefgarage abstellen, die U-Bahn zum Hauptbahnhof nehmen und dort den nächsten Zug nach … ach, nach irgendwohin.«
Mit Blaulicht schießt auf der Gegenfahrbahn ein Polizeiwagen an ihnen vorbei, das Martinshorn jault hinterher. »Da haben sich die Kollegen aber Zeit gelassen«, bemerkt Berndorf. Dann wieder Blaulicht – ein erster Notarztwagen, dann zwei Krankenwagen, dicht hintereinander.
Die beiden Männer in der stadteinwärts fahrenden Limousine schweigen. Berndorf überlegt. Eigentlich will er den Wagen in eines der Parkhäuser am Messegelände bringen. Aber die liegen auffällig nahe beim Hauptbahnhof. Und schon wieder kommt ihnen ein Wagen mit
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