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Schlangenkopf

Schlangenkopf

Titel: Schlangenkopf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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Erst die eine, dann die andere. Dann stellt auch er sich an die Wand. Neben Elfie. Irgendetwas vibriert. Es ist Elfie, die vibriert. Oder zittert. Angst? Wut? Egal. Noch immer spürt er, dass ihm das Blut den rechten Unterarm hinunterläuft. Mit der linken Hand packt er das Handgelenk der rechten und versucht, die Ader abzudrücken.
    Die Frau mit den hohen Wangenknochen schiebt die beiden Pistolen mit dem Fuß zur Seite. Mit Berndorf ist sie nicht zufrieden.
    »Weiter rechts. Die Hände auseinander.«
    Weiter rechts ist ein Spiegel. Er stellt sich vor den Spiegel und stützt sich mit erhobenen, ausgebreiteten Händen ab, die nun links und rechts des Spiegels an den Wänden aufliegen. »Ihre Freunde sind beide schwer verletzt«, sagt er dann. »Sie sollten einen Krankenwagen rufen.«
    »Seien Sie still.«
    Keine Deutsche, denkt Berndorf. Sie hat nach Luca und Mattia gerufen. Also eine Italienerin? Kaum. Osteuropa. Vielleicht eine Russin?
    Wieder ruft sie nach den beiden Männern. Aber es kommt keine Antwort. Keine, die man verstehen kann. »Was haben Sie mit ihnen gemacht?« Die Frage gilt offenbar ihm.
    »Rufen Sie einen Krankenwagen. Ich bin kein Arzt.«
    Ein rascher Schritt, eine kalte Pistolenmündung presst sich ihm an die Wange, er riecht ein herbes Parfüm. Juchten? Er betrachtet sich im Spiegel. Eine in die Breite gezogene Fratze grinst ihm entgegen. Der Spiegel ist konvex, fast so wie Elfies Brillengläser. Karnevalistenhumor!
    »Schnauze. Was haben Sie gemacht?«
    »Beide sind schwer verletzt«, antwortet Berndorf so ruhig und bedächtig, wie es eben geht, wenn man ein Schießeisen am Kiefer hat. »Es ist jetzt ganz egal, was Sie tun. Die Polizei haben Sie so oder so am Hals. Ihre Aktion ist aufgeflogen.«
    »Sie vergessen etwas«, sagt die Stimme in seinem Rücken. »Etwas, das Ihnen nicht egal sein wird. Ich kann Sie liquidieren. Sofort.«
    »Dann sind Sie keinen Schritt weiter, haben aber doppelt Ärger. Der dicke Mann wird nicht zufrieden sein.«
    Noch immer spürt er die Pistolenmündung an seiner Wange. Aber die Frau hinter ihm scheint mit etwas anderem beschäftigt. Offenbar bedient sie mit der freien Hand ein Mobiltelefon und ruft eine Kurzwahl auf. Berndorf schaut verstohlen zur Seite und fängt einen Blick von Zlatan auf. Zlatan ist näher am Lichtschalter, also wirft Berndorf einen Blick zur Decke und schließt kurz die Augen.
    Das Gespräch kommt zustande, die Frau meldet sich. »Olga hier. Alles unter Kontrolle. Luca und Mattia sind verletzt.«
    Der Gesprächspartner versteht nicht.
    »Ich weiß nicht, wie es passiert ist … Gut, ich warte.« Sie beendet das Gespräch und schaltet das Handy aus.
    Von der Kellertreppe hört man ein Stöhnen, dann eine schwerfällige und schleppende Bewegung, die wieder abbricht.
    »Luca?«, fragt Olga, fast besorgt. Das kalte Eisen löst sich von Berndorfs Wange. Fast im gleichen Augenblick geht das Licht aus, Berndorf stößt sich von der Wand ab und erwischt mit der linken Schulter einen Körper und rempelt ihn, wieder hat er das herbe Parfüm in der Nase, seine Wucht ist so groß, dass es den anderen, viel leichteren Körper auf die Kellertreppe schleudert, mit ohrenbetäubendem Knall löst sich ein Schuss, ein Schrei gellt durch das Haus …
    Berndorf fängt sich gerade noch am Türpfosten ab, erwischt die Kellertür und schlägt sie zu, wieder fällt ein Schuss, als wäre es ein Echo auf das Zuknallen der Tür.
    »Das ist mein Haus!«, schreit eine Frauenstimme, »mein Haus ist das! Alle raus jetzt.«
    Berndorf tastet nach dem Schlüssel der Kellertür und dreht ihn um, lässt sich auf den Boden fallen und hält sich, während er über den Fußboden Richtung Wohnzimmer robbt, mit beiden Händen die Ohren zu, denn der Wahnsinnige, der im Dunkeln eine der Pistolen auf dem Fußboden erwischt haben muss, feuert weiter um sich, klirrend splittert Glas, dann geht die dickwandige Scheibe in der Haustür zu Bruch …
    »Hör auf, Elfie«, ruft eine andere Stimme, »bitte …!«
    Licht flammt auf. Berndorf, noch immer auf dem Boden, dreht sich um, ein paar Schritte von ihm entfernt sieht er Elfie, die mit beiden Händen eine kleine schimmernde Pistole umklammert hält und aus ihren Brillengläsern äugt, auf wen sie wohl jetzt die Waffe richten soll. Am Lichtschalter neben der Haustür steht Zlatan, totenblass, mit eingezogenem Kopf, als würde er so schwerer zu treffen sein. Elfie hört ein Geräusch aus dem Keller, fast klingt es wie ein Hilferuf, sie wirbelt

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