Schlangenküsse
unterhalten.« Finley räusperte sich. »Es spricht nichts dagegen, dass Sie einige Worte mit ihm wechseln. Aber ich möchte gern dabei sein und verspreche Ihnen, dass ich mich im Hintergrund halten werde.«
Er war der Chef. Da konnten wir schlecht meckern. Deshalb nickte ich und ließ den Professor vorgehen. Unser Ziel war das Zimmer, das er verlassen hatte.
Es war ein Raum, in dem nur ein Bett stand. Abgedunkelte Scheiben sorgten dafür, dass niemand hineinschauen konnte. Ich wunderte mich darüber, dass Mason Carter an kein Gerät angeschlossen war, obwohl welche bereitstanden.
Der Veränderte lag auf dem Rücken. Er drehte aber den Kopf, als wir das Zimmer betraten. In seinem Gesicht zeichnete sich nichts von den Gefühlen ab, die ihn bedrückten. Nahezu apathisch sah er uns entgegen.
Von seinem veränderten Unterkörper sahen wir nichts, weil er unter einer Decke verborgen war. Die Arme und die Hände lagen auf der Decke. Man hatte ihm ein Krankenhaus-Nachthemd übergestreift.
Der Professor blieb an der Tür stehen. Er wollte uns nicht stören, wenn wir mit Mason Carter sprachen.
Er schaute zu uns hoch. »Sinclair«, flüsterte er, »John Sinclair. So kommen wir auch mal zusammen.«
»Klar, wir waren ja mal Kollegen.«
»Gut recherchiert. Aber das ist keine Überraschung für mich. Ich kenne Männer wie Sie.«
»Warum haben Sie den Dienst quittiert?«
»Nicht, weil mir der Job nicht gefallen hätte. Da gab es andere Dinge, die für mich wichtiger waren.«
»Welche?«
»Geld.«
»So einfach war das?«
»Ja, so simpel.« Er verzog die Lippen, die feucht schimmerten, und blickte auf das Fenster. »Ich weiß nicht, wie es kam, aber warum entschließt sich ein Mensch, seinen Beruf an den Nagel zu hängen und in ein Kloster zu gehen?«
»Er wird eine Eingebung bekommen haben.«
»Exakt. So ähnlich war es bei mir auch. Nur zielte diese Eingebung bei mir in eine andere Richtung. Ich hatte es plötzlich satt, den normalen Dienst zu tun. Ich wollte frei sein, verstehen Sie? Nicht mehr eingezwängt in irgendwelche Arbeitszeiten, und deshalb habe ich mich selbstständig gemacht.«
»Als was?«
»Ermittler!«
»Detektiv?«, fragte Suko.
»Ja, so ähnlich. Ich habe mehr für Firmen gearbeitet, denen es um Spionage ging. Keine Scheidungsgeschichten oder so einen Kram. Nein, es ging bei mir um diese harten Sachen. Um die Industriespionage, um es auf den Punkt zu bringen. Und in diesem Job bin ich recht erfolgreich gewesen.«
»Bis zu Ihrer Veränderung.«
Ich hatte den Kern getroffen, und er blieb zunächst mal still. Er presste die Lippen aufeinander und schaute dabei auf das Laken, unter dem der Unterkörper verborgen war.
»Sie kam«, flüsterte er.
»Warum?«
»Bei meinen Ermittlungen«, sagte er nach einer längeren Pause, »bin ich einer Sekte auf die Spur gekommen. Sie nennt sich Schlangen-Sekte, verehrt die Schlangen, aber sie hat nichts mit der biblischen Schlange im Sinn, die hin und wieder auch als der Teufel angesehen wird. Das hier kam aus einer ganz anderen Richtung.«
»Welche?«
»Da spielte eine Frau eine Hauptrolle.«
»Kennen Sie den Namen?«
»Man nennt sie einfach nur Snake. Sie wird behandelt wie eine Göttin, und sie sammelt Getreue um sich, damit sie irgendwann einen großen Kampf durchführen kann.«
»Gegen wen denn?«
»Wenn ich das wüsste, würde ich es Ihnen sofort sagen, darauf können Sie sich verlassen. Es kann auch sein, dass dieser Kampf nicht in der normalen Welt stattfindet. Alles ist möglich, Mr. Sinclair. Es ist wirklich nicht leicht, sich durch diesen Dschungel zu wühlen.«
»Aber Sie haben es doch geschafft – oder?«
»Nein, das habe ich nicht.«
»Bitte, Mr. Carter«, sagte Suko. »Sonst wären Sie nicht so verändert.«
»Ja, das mag schon sein. Aber geschafft habe ich es nicht. Ich bin nur einen weiten Schritt gegangen, weil ich eine Person verfolgte, die in Verdacht stand, aus einem medizinischen Labor etwas gestohlen zu haben. Es ist eine Frau gewesen. Sie heißt Carol Morgan. Ich habe mich auf ihre Fährte gesetzt. Ich kam in ihre Nähe. Ich konnte auch mit ihr reden, aber ich habe es nicht geschafft, den Panzer zu knacken, der sie umgab.«
»Wie meinen Sie das?«
»Sie hat natürlich nichts zugegeben. Also war ich gezwungen, nach weiteren Beweisen zu forschen. Und da habe ich mich an meine Arbeit gemacht. Ich konnte ihr auf den Fersen bleiben. Heute weiß ich, dass sie mich bewusst hat auflaufen lassen. Ich bin wie ein Anfänger in eine
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