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Schlangenlinien

Titel: Schlangenlinien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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Zweifel zog und sagte, dass meiner Erfahrung zufolge nie mehr als sieben Katzen im Haus gewesen waren, erklärte er, sie basiere auf Informationen, die er von Nachbarn erhalten hatte.
    Ich mache mir heute Vorwürfe, dass ich nicht nachgefragt habe, wieso die Nachbarn so präzise Angaben machen konnten, aber in der Rückschau ist man ja immer klüger. Damals waren mein Kollege und ich so entsetzt über das, was wir vorfanden, dass wir uns einzig darauf konzentrierten, die Tiere soweit möglich zu retten. Wäre Miss Butts noch am Leben gewesen, so hätten wir versucht, sie wegen Tierquälerei zu belangen; so aber überließen wir Sergeant Drury die Pflicht, Fragen zu stellen. Ich weiß, dass Dr. Arnold hinsichtlich seiner Arbeit in diesem Fall schwerste Bedenken hatte – und Ihrem Schreiben nach zu urteilen, trifft das auch auf Sie zu –, aber der Gerechtigkeit halber muss ich sagen, dass er über die Zustände im Haus so entsetzt war wie wir und mehrmals sagte: »Ich hätte ihnen glauben sollen.« Ich vermute, damit bezog er sich auf ihre Nachbarn, die er stets als »Gesindel« zu bezeichnen pflegte. Ich erwähne das nur, um Ihnen ins Gedächtnis zu rufen, dass er sich, genau wie wir, vor eine Situation gestellt sah, die zwar
unerwartet
war, aber tatsächlich alles bestätigte, was über Annie gesagt worden war.
    Nun zu den einzelnen Fragen in Ihrem Schreiben: Miss Butts sagte, ihre rote Katze sei an »Herzversagen« gestorben. Sie war sehr verstört über den Tod des Tieres und fragte mich mehrmals, ob ich glaube, dass Katzen den Schmerz genauso spüren wie wir Menschen. Ich sagte, dass ich das nicht wisse.
    Die meisten noch lebenden Katzen waren unterernährt – bis auf die sechs, die ich als die ihren erkennen konnte. Mehrere der Straßenkatzen hatten kahle Stellen rund um die Mäuler, aber beinahe in jedem Fall begann das Fell nachzuwachsen. Es gab leider keinerlei Hinweise darauf, dass »man sich bemüht hatte, ihnen zu helfen«. Eher war das Gegenteil der Fall; die einzige vernünftige Hilfsmaßnahme wäre ein Besuch beim Tierarzt gewesen. Wenn allerdings Ihre Vermutung zutrifft, dass nicht Miss Butts, sondern andere Leute den Katzen die Mäuler verklebt hatten, dann wären die Entfernung der Klebestreifen sowie die Einkäufe von Hühnerfleisch, Milch usw. eindeutig ein Hinweis darauf, dass versucht wurde, ihnen zu helfen. Miss Butts' eigene Katzen waren in deutlich besserem gesundheitlichen Zustand als die restlichen Tiere.
    Es ist leider unmöglich zu sagen, wie lange die Mäuler der Kater verklebt gewesen waren, schon allein deshalb, weil sie in so entsetzlicher Verfassung waren, als wir sie fanden. Ich stimme jedoch Ihrer Ansicht zu, dass Miss Butts sie wohl kaum wehrlos gemacht hätte, nur um sie dann wieder zu befreien.
    Wenn Ihre Vermutung stimmt, dass nicht Miss Butts die Tiere so grausam misshandelt hatte, dann wurden die kranken Katzen wohl bewusst ins hintere Schlafzimmer eingesperrt, um die schwachen Tiere vor den anderen zu schützen. Beweisen lässt sich das jedoch leider nicht, da es keine Möglichkeit gab festzustellen, ob die Katzen eingesperrt wurden, nachdem sie gebissen und gekratzt worden waren oder vorher.
    Angenommen, das oben Ausgeführte trifft zu, dann ist sicher nicht auszuschließen, dass die gesunden Katzen die kranken töteten und dass die, welche mit gebrochenem Genick gefunden wurden, aus Barmherzigkeit getötet worden waren. Aber wenn Miss Butts die kranken Kater eingesperrt hat, um sie vor den anderen Tieren zu schützen, so kann gut sein, dass die eingesperrten Katzen sich gegenseitig angegriffen haben. Ich halte es, wie Sie, durchaus für möglich, dass Miss Butts die Katzen im Haus eingesperrt hat – und in Kauf genommen hat, dass sie die Böden verunreinigten –, um sie
vor einer größeren Gefahr, die ihnen im Freien drohte, zu schützen.
    Nochmals: Der Gedanke, dass Miss Butts versuchte, die Katzen zu retten, und nicht etwa eine Tierquälerin war, erleichtert mich sehr, wenn ich auch fürchte, Sie werden Schwierigkeiten haben, Ihre Theorie zu beweisen.
    Mit den besten Wünschen für erfolgreiche Bemühungen,
    John Howlett

24
    Ich fragte Michael, wann er Alan das letzte Mal gesehen habe.
    »Nach der Geschichte mit Rosie ist der Kontakt zwischen uns abgerissen.« Er strich sich sinnend das Kinn. »Wenn ich mich recht erinnere, habe ich ihn ungefähr von 1980 an nicht mehr zu Gesicht bekommen – aber ich war selbst die meiste Zeit im Knast, das ist wahrscheinlich die

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